Vertrauensschwund hemmt Banken

Starke Kundenbindung gerät auch durch Fintechs in Gefahr - FIS-Studie beklagt Defizite bei Transparenz

Vertrauensschwund hemmt Banken

Die deutschen Banken drohen einer Studie zufolge ihren größten Trumpf, eine hohe Kundenbindung, zu verspielen, wenn es ihnen nicht gelingt, mehr Vertrauen und Transparenz zu schaffen.fir Frankfurt – Deutsche Banken verfügen im internationalen Vergleich zwar über die engsten Kundenkontakte, sind aber nicht in der Lage, diesen Vorteil hinreichend zu nutzen. Denn in Kundenbewertungen schneiden sie in puncto Fairness und Vertrauenswürdigkeit eher schwach ab, wie aus dem “Consumer Banking Pace Index 2016” des auf Finanzinstitute spezialisierten US-Technologiedienstleisters FIS hervorgeht. Er vergleicht die Erwartungen von Kunden mit der Leistung der Banken und zeigt so auf, wo sich Lücken, aber auch Chancen auftun.10 000 Verbraucher aus zehn Ländern, darunter etwa 1 000 aus Deutschland, bewerteten dabei die Relevanz von 18 Aspekten, so etwa Sicherheit, Fairness, Transparenz und Benutzerfreundlichkeit. Deutsche Institute stehen im Gesamtranking an erster Stelle. Mit 87 von 100 erreichbaren Punkten liegen sie 8 Punkte über dem globalen Durchschnittswert und 1 Punkt vor dem Zweitplatzierten, den USA. Lebensbegleitung erwünschtGlänzen können sie vor allem mit Sicherheit, stehen die deutschen Institute doch im Ruf, das Geld der Kunden, aber auch deren Daten zu schützen. Vor allem gereicht ihnen aber zum Vorteil, dass sich zwei Drittel der Verbraucher in Deutschland in bedeutenden Finanzangelegenheiten wie Hauskauf oder Altersvorsorge von sich aus an ihre Hausbanken wenden. “Kunden wünschen sich von ihren Banken eine Form von Lebensbegleitung”, sagt Christian Haas, Geschäftsführer von FIS Deutschland & Austria, der Börsen-Zeitung und sieht darin einen “entscheidenden Vorteil”, die Nummer 1 für Kunden zu bleiben oder zu werden. Die Gefahr bestehe jedoch, diesen Vorsprung zum einen an Fintechs zu verlieren, die viel stärker als klassische Banken mit personalisierten Angeboten aufwarten. Zum anderen können sie die Kundenkontakte nicht genügend zu ihren Gunsten nutzen, weil das Ansehen der Banken insbesondere durch die Finanzkrise stark gelitten hat. “Deutsche Kunden haben viel Vertrauen verloren. Vertrauen wiederzugewinnen, ist eine große Aufgabe”, ist Haas überzeugt.Versteckte Gebühren und Kosten tun ihr Übriges, um das Image der Finanzinstitute zu belasten: Denn bei der Fairness, gleich nach der Sicherheit jener Aspekt höchster Bedeutung für deutsche Kunden, erreichen sie nur rund 60 von 100 möglichen Punkten. Um gegenzusteuern, empfiehlt Haas vor allem eines: “Die Banken müssen durch Transparenz Hemmschwellen abbauen, gerade auch bei den Älteren.”Da der Studie zufolge 91 % der deutschen Kunden angegeben haben, keinen Finanzberater zu haben, wähnt FSI hier einen riesigen Markt mit entsprechendem Geschäftspotenzial. Im globalen Schnitt sind es lediglich 74 %. Und auch der Umstand, dass 86 % der Deutschen noch keine Apps für ihre Bankgeschäfte nutzen, gelte als Ansatzpunkt für die klassischen Banken, ihre engere Kundenbindung zu nutzen, um sich gegenüber der Konkurrenz, insbesondere Fintechs, mit digitalen Angeboten Vorteile zu verschaffen. Obwohl die überwiegende Mehrheit für ihre Finanzangelegenheiten nicht auf Apps zurückgreift, sind viele Verbraucher neuen Dienstleistungen nicht abgeneigt. So kann sich etwa fast jeder Fünfte der bis zu 50-Jährigen vorstellen, Robo Advisor, also Anbieter von Online-Plattformen zur Beratung und Geldanlage, zu konsultieren (siehe Grafik).FIS rät deshalb, den Ansprüchen der 18- bis 35-Jährigen, die mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets zugetan sind, besondere Aufmerksamkeit zu schenken, ohne die älteren Konsumenten aus den Augen zu verlieren. So ist die Zahl der mobilen Zahlungen bei den Jüngeren beispielsweise doppelt so hoch wie im Durchschnitt. Das Kalkül der Banken sollte angesichts dessen sein, so FIS, junge Kunden mit Online-Beratungsangeboten und verstärkter Präsenz in sozialen Medien zu erreichen und zu halten, bis sie sich aus Bankensicht zu einer profitableren Klientel entwickelt haben, die zum Beispiel für die persönliche Beratung gewonnen werden kann.Der Geschäftsführer von FIS Germany & Austria sieht aber noch eine andere Möglichkeit, gegenüber Wettbewerbern Boden gutzumachen: “Erstaunt hat mich, dass Bankkunden die Erwartungshaltung haben, Belohnungen zu erhalten. So etwas wird durch Online-Banken mit einem Bonussystem angeboten. Gerade in der Nullzinsphase kann das interessant sein.”