BANKENREGULIERUNG IM FOKUS

Viel Kritik an neuem EDIS-Vorstoß aus Brüssel

EU-Kommission beharrt auf vollständiger Vergemeinschaftung - Kreditbranche sieht kaum Fortschritte - Skepsis auch im Parlament

Viel Kritik an neuem EDIS-Vorstoß aus Brüssel

Die EU-Kommission hat mit ihrem neuen Vorstoß für eine schrittweise Einführung einer europäischen Einlagensicherung überwiegend Kritik geerntet. Die Behörde fordert eine Vollendung der Bankenunion bis 2018. An dem Ziel einer vollständigen Vergemeinschaftung des Sparerschutzes in Europa will sie keine Abstriche machen.ahe Brüssel – Die deutsche Kreditwirtschaft erkennt in dem Kompromissangebot der EU-Kommission für ein European Deposit Insurance Scheme (EDIS) nur einen “marginalen Fortschritt” gegenüber den bisherigen Vorschlägen von 2015, bei denen der Gesetzgebungsprozess seit Monaten nicht vorangeht. Nach wie vor bestehe die Gefahr, dass in Europa kein Anreiz entstehe, die nationalen Einlagensicherungssysteme eigenverantwortlich auszugestalten, klagte die deutsche Finanzbranche in einer gemeinsamen Stellungnahme. De facto werde ein neuer Transfermechanismus zwischen den nationalen Sicherungssystemen der Eurozone geschaffen, bei dem die Haftung jedes Kreditinstituts in der gesamten Eurozone grundsätzlich unbegrenzt wäre.EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis rief gestern bei der Vorstellung der bereits vorab bekannt gewordenen Vorschläge (vgl. BZ vom 5. Oktober) dazu auf, die Bankenunion in Europa bis 2018 zu vollenden – wozu auch die EDIS-Einführung gehöre. Der EU-Kommissar unterstrich, die EU-Kommission wolle einen Kompromiss erleichtern, werde den ursprünglichen Gesetzesvorschlag aber nicht zurückziehen. Damit bleibe es auch beim Ziel einer vollständigen Vergemeinschaftung des Sparerschutzes in Europa. Bock zum Gärtner machenDombrovskis betonte, die EU-Kommission habe das Moral-Hazard-Problem erkannt und wolle daher unter anderem zunächst eine Rückversicherungsstufe einführen, bei der EDIS ausschließlich Liquiditätshilfen geben soll, falls ein nationales Einlagensicherungssystem durch die Pleite einer Bank an seine Grenzen gerate. Diese Hilfen sollen aber nur in Form von Krediten gewährt werden. Vor dem Übergang in die Mitversicherungsphase müssten Bedingungen erfüllt sein, die in den anstehenden Verhandlungen mit dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten noch konkret benannt würden.Wenn die EU-Kommission selbst – wie nun vorgeschlagen – über die Erfüllung dieser Bedingungen entscheiden darf, wird nach Ansicht des Grünen-Europaabgeordneten Sven Giegold “der Bock zum Gärtner gemacht”. So habe die Brüsseler Behörde bei ihren Entscheidungen über Staatshilfe für italienische Banken zuletzt mehrfach die bestehenden Haftungsregeln mit Füßen getreten und zugelassen, dass gutes Steuergeld schlechtem Geld hinterhergeworfen werde, so Giegold.Das Centrum für Europäische Politik (Cep) verweist noch auf einen anderen Punkt: Zwar sollten in der ersten Stufe nur gegenseitig Kredite gewährt und auf eine Verlustteilung verzichtet werden. Die EU-Kommission wolle aber Kredite bis zu 90 % des Liquiditätsbedarfs vorschreiben. In ihrem ursprünglichen Vorschlag sei nur von 20 % die Rede gewesen. Gleichzeitig bleibe unklar, wie viele Mittel die nationalen Sicherungssysteme überhaupt vorhalten müssten. “In der Kombination beider Faktoren kann diese massive Erhöhung der Liquiditätshilfe einer Verlustdeckung gleichkommen”, warnte Cep-Experte Bert Van Roosebeke.Kritik an den Kommissionsvorschlägen kommt auch vom Österreichischen Sparkassenverband, der vor einer EDIS-Einführung zunächst einen systematischen Abbau hoher Risiken in den Bilanzen zahlreicher Finanzinstitute fordert, sowie vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der vor einer stärkeren Belastung gerade der kleineren regionalen Banken warnt. “Es ist zu befürchten, dass sich dadurch die Finanzierungskonditionen gerade für mittelständische Unternehmen verschlechtern und Kredite teurer werden.”Der Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Burkhard Balz (CDU), kündigte an, das Parlament werde die neuen Vorschläge sehr genau prüfen. Eine Rück- und Co-Versicherungsphase, die zu einem schnelleren Abzug von Liquidität und zu einer Verlustteilung auf EU-Ebene nach drei Jahren führen könne, sei aber “sicherlich keine Grundlage für einen erfolgreichen Abschluss des EDIS-Dossiers”. Die Fehlanreize blieben bestehen, solange Risikoreduktion und nationale Eigenverantwortung nicht priorisiert würden, betonte Balz.