IM GESPRÄCH: MIRKO SIEPMANN, BANKHAUS AUGUST LENZ

"Viel Überzeugungsarbeit"

Der Vorstandssprecher will Zweifel an seinem Finanzvertrieb zerstreuen

"Viel Überzeugungsarbeit"

Das Bankhaus August Lenz muss bei der Finanzaufsicht und in der Öffentlichkeit viel Überzeugungsarbeit leisten. Denn Finanzvertriebe haben eher einen zweifelhaften Ruf.Von Joachim Herr, MünchenFinanzvertrieb wird oft mit dem wenig schmeichelhaften Begriff Drückerkolonne gleichgesetzt. Auch das Bankhaus August Lenz in München muss sich immer wieder diesem Vorwurf stellen – besonders, wenn es um Rechtsvorgaben geht. “Die Finanzaufsicht schaut sich unser Geschäftsmodell ganz genau an”, sagt Vorstandssprecher Mirko Siepmann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe offenbar die Vorstellung, wer auf Provisionsbasis tätig sei, arbeite nicht im Interesse des Kunden. “Wir müssen viel Überzeugungsarbeit leisten.”Für die 1880 gegründete Bank, die seit 2001 zur italienischen Banca Mediolanum gehört, sind 65 sogenannte Family Banker tätig. Siepmann erklärt, warum dieser Begriff gewählt wurde: “Wir wollen Teil der Familie unserer Kunden sein.” Die selbständigen Berater betreuen in Deutschland rund 5 000 Privatkunden mit Bank- und Versicherungsangeboten. Filialen gibt es nicht.Im Gegensatz zu anderen Geschäftsmodellen komme es für die Berater nicht so sehr darauf an, möglichst viele neue Kunden zu gewinnen. “Die Vergütung unserer Berater beruht weniger auf Abschluss-, sondern mehr auf Bestandsprovisionen”, berichtet Siepmann. Wenn der Berater in den Ruhestand gehe, erhalte er zudem seinen Unternehmenswert vergütet – die Summe des verwalteten Vermögens seiner Kunden. “Es geht also nicht darum, kurzfristig das Einkommen zu maximieren”, fügt Siepmann hinzu. “Unsere Berater bauen über Jahre ein Vertrauensverhältnis zu ihren Kunden auf.” Kontakt gebe es mit jedem Kunden mindestens einmal im Quartal, mit manchen mindestens einmal im Monat. “Nur ein Fall vor Gericht”Der Finanzvertrieb habe vor allem in Deutschland einen zweifelhaften Ruf. “Es ist ein Problem, weil dieser hier lange nicht reguliert war”, sagt Siepmann. In Italien gebe es schon lange strenge Regeln. Dort hätten Finanzberater ein höheres Ansehen. Juristische Konflikte halten sich für das Bankhaus Lenz aber offenbar in Grenzen: “In den vergangenen 14 Jahren kam nur eine Beschwerde eines Kunden vor Gericht”, berichtet Siepmann. “Es ging um den Vorwurf einer falschen Beratung und endete mit einem Vergleich.”Mediolanum hat in Italien etwa eine Million Kunden, in Spanien 100 000. In Irland und Luxemburg haben die Fondsgesellschaften der Gruppe ihren Sitz. Mediolanum verwaltet ein Vermögen von mehr als 74 Mrd. Euro und hat eine Bilanzsumme von gut 43 Mrd. Euro. Für das Bankhaus Lenz, für das am Sitz in München 100 Mitarbeiter tätig sind, nennt Siepmann ein verwaltetes Vermögen von knapp 300 Mill. Euro, eine Bilanzsumme von rund 180 Mill. Euro und ein Eigenkapital von 30 Mill. Euro. Haupteinnahmequelle sind die Bestandsvergütungen von Fondsgesellschaften. Der typische Kunde des Bankhauses Lenz sei selbständig, älter als 50 Jahre, und seine Anlagesumme liege über 150 000 Euro. Geworben werde lokal, zum Beispiel mit Anzeigen in Regionalzeitungen und mit Veranstaltungen für Kunden. Entscheidend sei aber die Weiterempfehlung.Zweites Standbein des Geschäfts des Bankhauses sind Geldautomaten: “Knapp 2 000 Stück betreiben wir in Deutschland als Zahlungsverkehrsdienstleister mit Partnern”, sagt Siepmann. Auch dieser Teil werde ausgebaut. Im Hauptgeschäft soll die Zahl der Finanzberater 2017 von 65 auf 80 bis 100 steigen, kündigt der Vorstandssprecher an. Regionaler Schwerpunkt sei bisher Süddeutschland. Übergang zur Digitalisierung”Wir profitieren davon, dass Wettbewerber Kapazitäten abbauen.” Siepmann weist auf Sparkassen und Volksbanken hin, die Filialen schließen. “Außerdem ist ein großer Teil der Konkurrenz im Gegensatz zu uns nicht beim Kunden, sondern mit internen Dingen befasst”, zum Beispiel mit der Digitalisierung.