US-BANKEN

Volatil ist das neue Stabil

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass die Coronakrise nach einem anderen Muster verläuft als die Finanzkrise von 2008, dann wäre dieser durch die Quartalszahlen der US-Großbanken J.P. Morgan Chase und Citigroup erbracht. Vor allem im...

Volatil ist das neue Stabil

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass die Coronakrise nach einem anderen Muster verläuft als die Finanzkrise von 2008, dann wäre dieser durch die Quartalszahlen der US-Großbanken J.P. Morgan Chase und Citigroup erbracht. Vor allem im hierzulande geradezu verteufelten Investment Banking, im Kapitalmarktgeschäft und im Wertpapierhandel scheffeln die US-Banken im Jahr der globalen Pandemie gutes Geld.Der Beratungsbedarf ist gestiegen, seit der Lockdown im Frühjahr nahezu alle wirtschaftlichen Prognosen mit einem Fragezeichen versehen hat. Wandten sich die Unternehmen zunächst an die Investmentbanken, um sich am Anleihemarkt gegen Liquiditätsengpässe zu wappnen, floriert nun auch noch das Geschäft mit Aktienemissionen. Zugleich lässt die gestiegene Volatilität an den Börsen im Handel die Kassen klingeln.Das gilt vor allem für den Platzhirsch J.P. Morgan Chase, der den Markt auch dank eines unerwarteten Rückgangs der Risikovorsorge mit einem Gewinnplus überraschte. Aber auch die Citigroup, der eine Millionenstrafe, Rückgänge im Kreditkartengeschäft und höhere Rückstellungen für faule Kredite einen Gewinneinbruch bescherten, stünde ohne das Investment Banking weit schlechter da. Anders als in der Finanzkrise, als die Banken rund um den Globus versuchten, das vermeintlich stabilere Geschäft mit Privat- und Firmenkunden auszubauen, hat diesmal derjenige den Schwarzen Peter, der wenig oder gar kein Geschäft mit Kapitalmarktbezug betreibt. Die aktuelle Krise ist eben keine Banken- oder Finanzmarktkrise, sondern eine originäre Krise der Realwirtschaft.Vor diesem Hintergrund werden die hiesigen Banken nicht müde zu beteuern, dass sie diesmal nicht die Ursache, sondern ein Teil der Lösung des Problems seien. Das mag schön klingen in den Ohren des Bankers, der unter dem massiven Imageverlust seines Berufsstandes leidet. Auf Dauer als richtig erweisen muss sich die Aussage deshalb noch lange nicht.Tatsächlich könnte sich der Rückzug vieler europäischer Adressen aus den einst verpönten volatilen Geschäftsfeldern noch als großes Problem erweisen. Zwar dürften sich die wenigsten den Boom des Kreditersatzgeschäftes zurückwünschen, der die Banken damals ins Wanken brachte. Doch die überproportionale Abhängigkeit weiter Teile der Wirtschaft vom klassischen Bankkredit birgt den Nachteil, dass sich die aus einer Krise der Realwirtschaft resultierenden Ausfallrisiken auf nur wenige Schultern verteilen.