Voller Optimismus und Tatendrang

Wirtschaftliche Lage der baden-württembergischen Unternehmen ist hervorragend - Auch das digitale Zeitalter kann zu einer Erfolgsgeschichte werden

Voller Optimismus und Tatendrang

Die baden-württembergische Wirtschaft ist in blendender Verfassung. Die Unternehmen schätzen laut Umfrageergebnissen ihre derzeitige Lage und die Aussichten in naher Zukunft äußerst positiv ein. Im Jahr 2017 rechnen wir in Baden-Württemberg mit einem wirtschaftlichen Wachstum von mindestens 2 %. Damit hält die Wachstumsphase in unserem Bundesland und in Deutschland insgesamt seit fast zehn Jahren ununterbrochen an.Auf diesen Erfolgen dürfen sich unsere Unternehmen aber – trotz aktuell voller Auftragsbücher – nicht ausruhen, denn unsere Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Die zentralen Stichworte heißen “Digitalisierung” und “Wandel der Automobilindustrie”. Mit Blick auf die Zukunft sind wieder Mut und Pioniergeist gefragt, um die hervorragende Wettbewerbsposition Baden-Württembergs in einer Zeit weitreichender, disruptiver Transformationsprozesse behaupten zu können.Dabei ist die Ausgangslage für die Bewältigung dieser Veränderungen ausgesprochen gut. Die Mittel für Investitionen, die Entwicklung technischer Innovationen und neuer digitaler Geschäftsmodelle sind nach mehreren Aufschwungsjahren mit hohen Erträgen in den Unternehmen vorhanden – auch bei kleinen und mittleren Betrieben.Wirtschaftlich-technologisch führt der Weg in ein neues digitales Zeitalter. Daten und Informationen sind der Rohstoff der Zukunft, der für neue Geschäftsmodelle eine zentrale Rolle spielen wird. Lernende Maschinen und Systeme – Stichwort “künstliche Intelligenz” – werden bahnbrechende Veränderungen einleiten, nicht zuletzt für unsere Arbeitswelt. Das sind ungeheure Chancen für ein wissensintensives Land wie Baden-Württemberg, das über Generationen gelernt hat, mit komplexen Fragestellungen umzugehen.Wer sich mit entsprechenden Strategien und Veränderungen naturgemäß schwerer tut, sind kleine und mittlere Betriebe. Zu diesem Ergebnis kommt auch ein von meinem Ministerium in Auftrag gegebenes Gutachten. Bei der Untersuchung hat sich gezeigt, dass zwischen 2005 und 2015 der Anteil der innovierenden kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) deutlich gesunken ist: in Deutschland von 50 % auf 40 %, in Baden-Württemberg von 54 % auf 48 %. Besonders zwischen 2010 und 2013 war ein merklicher Rückgang zu verzeichnen.Die KMU, so ein weiteres Ergebnis, suchen sich auch vergleichsweise selten Hilfe von außen. Die Forschungs- und Entwicklungskooperationen zwischen Unternehmen erscheinen im Vergleich zu anderen Ländern unterentwickelt. Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe des Wirtschaftsministeriums, die kleinen und mittleren Unternehmen auf dem Weg ins digitale Zeitalter zu unterstützen und Wege aufzuzeigen, wie auch sie von der neuen Entwicklung profitieren können.Zu diesem Zweck habe ich vor einigen Monaten bei uns im Land die branchenübergreifende Initiative Wirtschaft 4.0 gestartet. Sie bündelt alle Digitalisierungsaktivitäten meines Ministeriums und ist zugleich eine Plattform der Zusammenarbeit für Unternehmen, Kammern und Verbände, Gewerkschaften, Wissenschaft und Politik. InnovationsbeschleunigerEine erste Maßnahme ist die Einrichtung von regionalen Digitalisierungszentren, sogenannten “Digital Hubs”. Diese Zentren sollen anregen, beraten und somit als Innovationsbeschleuniger in der Fläche wirken. Des Weiteren werden wir mit einer Digitalisierungsprämie kleine Unternehmen erstmals auch bei konkreten Projekten finanziell unterstützen, und zwar sowohl bei der Einführung digitaler Lösungen im Betrieb als auch bei damit verbundenen Investitionen in die Köpfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Überhaupt wird Qualifikation in den kommenden Jahren zu einer Schlüsselfrage werden. Eines der zentralen Innovationshemmnisse bei Unternehmen sind heute schon fehlende Fachkräfte – ein Befund, der mangelnde Finanzierungsmöglichkeiten inzwischen als Haupthindernis abgelöst hat. Wir werden in den kommenden Jahren bei Bildung, Aus- und Weiterbildung erhebliche Anstrengungen unternehmen. Insgesamt investiert die baden-württembergische Landesregierung in dieser Legislaturperiode 1 Mrd. Euro im Rahmen einer ressortübergreifenden Digitalisierungsstrategie. Das Thema hat für uns höchste Priorität.Es ist ein viel zitiertes Bonmot unseres Ministerpräsidenten, dass erfolgreiche Start-ups aus Baden-Württemberg schon über 100 Jahre alt sind. Mit SAP in Walldorf oder Würth in Künzelsau – um nur zwei Beispiele zu nennen – haben wir durchaus weltweit erfolgreiche Unternehmen, die jedoch noch lange keine 100 Jahre alt sind. Selbst zu den sogenannten “Unicorns”, also den relativ jungen Unternehmen, die es auf einen Unternehmenswert von über 1 Mrd. US-Dollar gebracht haben, zählen mittlerweile zwei aus Baden-Württemberg. Und doch haben wir unser Potenzial als Gründerland noch lange nicht ausgeschöpft. Baden-Württemberg ist noch kein Start-up-Standort mit internationaler Ausstrahlung. Aber wir können es werden. Und ich finde, wir sollten uns dieses ambitionierte Ziel auch setzen!Dafür brauchen wir nicht das Silicon Valley zu kopieren, denn wir in Baden-Württemberg haben andere Stärken, die vor allem im Business-to-Business-Geschäft liegen. Mit unserer Kampagne Start-up BW wollen wir die Rahmenbedingungen für Gründer im Land deutlich verbessern. Ein neuer Wagniskapitalfonds mit einem Zielvolumen von 50 Mill. Euro und die Förderung von Start-up-Acceleratoren sind erste wichtige Akzente. Und wir werden im Bereich Wagniskapital noch nachlegen, um beispielsweise auch Unternehmen in der sogenannten “Seed-Phase”, also dem ersten Abschnitt im Lebenszyklus ihres Unternehmens, besser zu unterstützen. Kernindustrien im BlickEntscheidend für die Erhaltung unserer wirtschaftlichen Stärke wird die Frage sein, ob unsere Leitbranchen in Baden-Württemberg ihre Transformationsprozesse erfolgreich bewältigen. Immerhin sind mit rund 580 000 Menschen etwa 14,6 % unserer Erwerbstätigen in der Automobilindustrie oder im Maschinenbau beschäftigt. Diese beiden Leitbranchen stehen vor großen Umbrüchen. Welche Technologien sich dabei am Ende durchsetzen werden, ist noch offen und nur sehr bedingt durch die Politik beeinflussbar.Im Automobilbau geht der Trend in Richtung alternativer Antriebe. Dabei gibt es eine ganze Reihe alternativer Konzepte, angefangen vom ausschließlichen Batterieantrieb und Hybridmotoren über Brennstoffzelle und Erdgas bis hin zu synthetischen Kraftstoffen. Welche dieser Antriebsformen den Realitätstest bestehen und sich letztlich am Markt bewähren und durchsetzen können, muss sich erst zeigen. Wir sind also zunächst einmal gut beraten, wenn wir auf Technologieoffenheit setzen, auf einen Wettbewerb der verschiedenen Technologien und auf wissenschaftlichen Fortschritt. Und wenn wir genau dafür die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.Es spricht gleichwohl einiges dafür, dass der Elektromobilität eine bedeutende Rolle zukommen wird. Das bereits erwähnte Standortgutachten meines Ministeriums kommt für den Fall einer forcierten Elektromobilisierung zu dem Ergebnis, dass Baden-Württemberg im Vergleich zu Gesamtdeutschland einen großen Anpassungsbedarf aufweist, zugleich aber auch über bessere Anpassungsmöglichkeiten verfügt. Diesen Anpassungsbedarf gehen wir bei uns im Land gezielt an – in einem engen Schulterschluss von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft. Dafür hat mein Haus einen Transformationsrat Automobilwirtschaft eingerichtet.Eine weitere Maßnahme bildet die neue Landesinitiative “Marktwachstum Elektromobilität”. Diese sieht unter anderem eine Mittelstandsinitiative Mobilität vor, die kleine und mittlere Unternehmen stärker in die Entwicklung und Produktion neuer Mobilitätslösungen einbezieht. Am Ende geht es nicht nur um Fragen des Antriebsstrangs. Auch mit den Themen Vernetzung, autonomes Fahren und Sharing Economy wird das Auto praktisch zum zweiten Mal erfunden. Klar, dass wir im Geburtsland des Automobils da vorne mit dabei sein wollen.Wenn ich auf unsere Unternehmen in Baden-Württemberg schaue, dann bin ich zugleich voller Optimismus und Tatendrang. Wenn wir auf allen Ebenen die richtigen Netzwerke knüpfen, die richtigen Kooperationen anstoßen und die richtigen Rahmenbedingungen setzen, dann kann auch das digitale Zeitalter zu einer baden-württembergischen Erfolgsgeschichte werden.—Nicole Hoffmeister-Kraut, MdL, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg