KommentarDeutsche Banken

Vollgepumpt mit Zins-Adrenalin

Steigende Zinsen sind für die Bilanzen pures Adrenalin. Banken sollten die temporäre Super-Power nutzen, um auch unbequeme Entscheidungen zu treffen.

Vollgepumpt mit Zins-Adrenalin

Deutsche Banken

Vollgepumpt mit Adrenalin

Von Philipp Habdank

Vollgepumpt mit Adrenalin ist der Mensch zu außergewöhnlichen Leistungen imstande. In dem Film „Der unglaubliche Hulk“ verwandelt das Wunderhormon den schmächtigen Wissenschaftler Bruce Banner in einen nur so vor Kraft strotzenden Riesen. Dessen Superkraft geht allerdings schnell wieder verloren, sobald der Körper das Stresshormon abbaut. Ob Andreas Thomae von Deka Investment bei seiner Rede auf der virtuellen Hauptversammlung der Deutschen Bank in dieser Woche an den grünen Riesen gedacht hat? „Die steigenden Zinsen sind pures Adrenalin für die Bankbilanz“, sagte der Deka-Mann und hinterfragte, wie nachhaltig dieser Effekt sei.

Wie recht er damit hat. Dass sich die deutschen Banker – egal ob von Deutsche Bank, Commerzbank oder Landesbank – für außerordentlich gute Quartalszahlen wieder auf die Brust trommeln, ihren Anteilseignern milliardenschwere Dividendenausschüttungen oder Aktienrückkäufe in Aussicht stellen und sich für ihre gestiegene Profitabilität feiern lassen können, bedeutet nicht, dass sie im Konsens schlagartig die Lösung für alle strukturellen Probleme des deutschen Bankensektors gefunden haben. Es bedeutet, dass die Banken für ihre Einlagen bei der Europäischen Zentralbank keine Strafe mehr bezahlen müssen, sondern Zinsen erhalten – die höher sind als die Zinsen, die sie ihren Kunden auf deren Einlagen bezahlen. Und auch die Zinseinnahmen im Kreditgeschäft steigen nach Jahren der Niedrigzinsflaute wieder an. Dem aktuellen Wirtschaftsbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) zufolge erhöhten sich die Zinsen für Bankkredite an Unternehmen im Februar (Stichtag 3. Mai) weiter auf 3,85%. Die Bankzinsen für Wohnungsbaukredite an private Haushalte zogen auf 3,24 Prozent an. Noch vor einem Jahr lagen die Vergleichswerte bei 1,55% bzw. 1,78%. Verglichen mit früheren Zinserhöhungsphasen vollzogen sich die Zinssteigerungen damit deutlich schneller, so die EZB. Das ist den Banken durchaus als Erfolg anzurechnen, und es ist eine gute Nachricht, dass Geld wieder etwas kostet. Doch was passiert nach dem Zins-Adrenalinrausch? Die Moody’s-Analysten gehen zwar davon aus, dass deutsche Banken auch in diesem Jahr mit Blick auf ihre Profitabilität noch von steigenden Zinsen profitieren werden. Die Analysten merken aber auch an, dass die Zinsanstiege bereits in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreichen könnten. Das Zins-Adrenalin wird bereits abgebaut. Bevor die Banken also wieder Bruce Banner werden, sollten sie die verbliebene Zeit als Hulk nutzen, um die schweren Brocken auf dem Weg zur nachhaltigen Profitabilität aus dem Weg zu räumen.

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