Von der Lachnummer zum magischen Ort
Von Carsten Steevens, HamburgDie Vorfreude auf die Eröffnung der Elbphilharmonie mit einem Festakt und zwei feierlichen Konzerten am morgigen Mittwoch und am Donnerstag ist groß. Seit dem Jahreswechsel werden die Tage an der westlichen Gebäudefassade bis zur Premiere des NDR Elbphilharmonie Orchesters im großen Konzertsaal in bunten Ziffern heruntergezählt. Dirigent Thomas Hengelbrock äußert sich begeistert ob der Akustik in dem “fabelhaften Gebäude”, der neuen künstlerischen Heimat im Hamburger Hafen. Fast alle Konzerte der ersten Spielzeit bis Ende Juni sind ausverkauft. Mit Kosenamen (“Elphi”) wird das neue kulturelle Wahrzeichen bedacht, das Hamburgs Konzertleben auf Weltniveau bringen soll, ohne elitär zu sein. Die Erinnerung an jene Jahre, in denen auch die Elbphilharmonie als ein Beispiel für politisches Missmanagement von Großprojekten in Deutschland galt, scheint rasant zu verblassen. “Dunkelstes Kapitel”Noch im April 2014, als ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in Hamburg nach drei Jahren Aufklärungsarbeit seinen 726 Seiten starken Abschlussbericht vorlegte, war von einer Lachnummer die Rede, mit der sich der selbstverliebte Stadtstaat weltweit bekannt gemacht und blamiert habe. Von einer “Skandalchronik” über “Hamburgs dunkelstes Kapitel der Baugeschichte” schrieb das “Hamburger Abendblatt” angesichts dilettantischer Planung, Bauverzögerungen und explodierter Kosten. “Schöner scheitern”, “Zeugnis des Schreckens”, “Debakel an der Elbe”: So klangen Schlagzeilen anderer Gazetten zu dem Bauwerk, das inzwischen zum “magischen Ort” mit Sponsoren wie BMW, Montblanc und SAP geworden ist.Auf Grundlage einer Machbarkeitsstudie im Juli 2005, auf der sich der Hamburger Senat für die Realisierung aussprach, hätte das Bauwerk die öffentliche Hand 77 Mill. Euro kosten sollen. Ende 2014 meldete der Immobiliendatendienst Emporis, in der Liste der zehn teuersten Wolkenkratzer der Welt liege das Bauwerk, das an der höchsten Stelle 110 Meter emporragt, mit 865 Mill. Euro auf Rang acht. Nach der entscheidenden Neuordnung des Projekts im Jahr 2013, mit der alle strittigen Fragen zwischen den Vertragspartnern ausgeräumt wurden, bezifferte der Senat die Kosten für die Stadt auf 789 Mill. Euro – eine Verzehnfachung gemessen an den ursprünglichen Plänen, die zudem eine Eröffnung des Konzerthauses im Herbst 2010 vorsahen.Mit der Neuordnung übernahm der Baukonzern Hochtief, der Ende 2006 nach einem Rückzug des Konkurrenten Strabag den Bauauftrag erhielt, die Gesamtverantwortung. Das vertragliche Dreiecksverhältnis zwischen der Stadt, den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron sowie dem MDax-Unternehmen aus Essen hatte das Projekt durch ständige Planänderungen und gegenseitige Schuldzuweisungen zur Farce werden lassen. Nach der Neuordnung, die Hamburg weitere 200 Mill. Euro kostete, wurden alle weiteren Termine eingehalten. Ende Oktober übergab Hochtief das Bauwerk, zu dem neben zwei Konzertsälen auch ein Fünfsterne-Hotel sowie 44 Luxuswohnungen gehören, an die Stadt.Knapp die Hälfte dieser bis zu 400 Quadratmeter großen Apartments, die 15 000 bis 25 000 Euro pro Quadratmeter kosten sollen, wurden noch nicht verkauft. International fehlen Interessenten für das teuerste Wohnprojekt Hamburgs, das vermarktet wird von der Gesellschaft Skyliving, hinter der Hochtief und Quantum Immobilien stehen.