Von Vorführwagen und Vorführdamen
Immer wieder zu Jahresbeginn macht sich der Deutsche Sparkassen Verlag darum verdient, allen, die es noch nicht wussten, zu zeigen, woran der Standort Deutschland krankt: an seinem Steuerrecht. Vor uns liegt druckfrisch und rechtzeitig zur für viele Unternehmen und Bürger lästigsten aller jährlichen Pflichtübungen der von diesem Verlag herausgegebene “Ratgeber zur Einkommensteuer 2018”. Die 61. Auflage des Standardwerks wiegt 786 Gramm, und die grundlegenden Informationen werden auf rekordverdächtigen 1 257 eng bedruckten Seiten ausgebreitet. Soweit es bei Ihrer Steuererklärung der Wahrheitsfindung dient, finden Sie in dem auch in der Finanzverwaltung beliebten Wälzer das Nötigste bis hin zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Vorführwagens (als Anlagevermögen ausweisen) oder auch der Vorführdame (hier kommt es laut Bundesfinanzhof auf die von den Beteiligten angestrebte Stellung an).Die Erläuterungen allein zu § 4 (“Gewinnbegriff im Allgemeinen”) erstrecken sich auf rund 140 Seiten. Bei § 3 zu steuerfreien Einnahmen brauchen die Autoren schon für den reinen Gesetzestext knapp 11 Seiten. Wem das alles noch zu oberflächlich ist, der möge ins Bundessteuerblatt, die Urteile der Finanzgerichtsbarkeit oder andere Primärquellen schauen, auf die an Tausenden Stellen verwiesen wird. Man muss nicht lange in dem Ratgeber blättern, um erahnen zu können, warum hierzulande Konstruktionen wie “Cum-ex” oder “Cum-cum” (sie werden in dem Buch auch kurz erwähnt) entstehen konnten: Weil im deutschen Steuerrecht der Wahnsinn Methode hat und die Politik parteiübergreifend seit Jahrzehnten vor der Aufgabe versagt, diesen Zustand zum Positiven zu verändern. Im Gegenteil, sie verschlimmert ihn noch von Legislaturperiode zu Legislaturperiode. Oder soll etwa die neue Vorabpauschale für Investmentfonds ein Ausbund an Steuervereinfachung sein? Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof hat einmal festgestellt, ein Teil unserer Steuergesetze sei wegen Unverständlichkeit und Widersprüchlichkeit gar nicht ordnungsgemäß verkündet worden, womit der Rechtsstaat die Bürger überfordere. Da verwundert es dann auch nicht, dass sich schon mancher Finanzrichter intellektuell damit überfordert sah, Festsetzungen in Steuerbescheiden nachzuvollziehen. *Soweit die schlechte Nachricht. Die Überleitung zu einer guten fällt leicht: Spenden sind – Näheres steht im Steuerratgeber – steuerlich absetzbar. Und die Mitarbeiter der DZ Bank haben über die Stiftung Childaid Network rekordhohe 62 000 Euro für indische Straßenkinder gespendet. Die Bank legte noch 25 000 Euro drauf. Dank der zehnten Weihnachtsaktion dieser Art können diesmal 170 Straßenkinder in Nordostindien ein Jahr lang versorgt werden. Finanziert werden mit den Spenden Betreuung, Unterkunft, Kleidung, Essen sowie Schule oder Ausbildung und die ärztliche Versorgung der Kinder.