Vontobel-Präsident wird oberster Schweizer Bankier
dz – Die Schweizerische Bankiervereinigung kommt in der schwierigen Suche nach einem neuen Präsidenten doch noch zum Erfolg. Heute soll der Verwaltungsrat des Branchenverbandes den Präsidenten der Bank Vontobel, Herbert Scheidt, zum neuen Vorsitzenden bestimmen. Zwar wollten die Information gestern weder die Bankiervereinigung noch Vontobel bestätigen. Die anonymen Quellen gelten aber als sehr zuverlässig. Der amtierende Präsident Patrick Odier, geschäftsführender Teilhaber der alteingesessenen Genfer Privatbank Lombard Odier, hatte bereits im April angekündigt, dass er nach zwei dreijährigen Amtsperioden für eine dritte Wahl nicht mehr zur Verfügung steht. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltete sich schwierig, weil die Bankiervereinigung teilweise gegenläufige Interessen ihrer Mitglieder unter einen Hut bringen muss. Ein erster vermeintlicher Wahltermin im Juni verstrich ergebnislos.Es ist kein Zufall, dass der 11. Präsident in der 104-jährigen Geschichte des Branchenverbandes erstmals ein Manager und nicht mehr ein persönlich haftender Privatbankier sein wird. Odier war für viele Banken nicht mehr wählbar. Ihm und den Privatbankiers generell wird vorgeworfen, zu lange am Bankgeheimnis festgehalten und der Regierung die unrealistische Strategie einer Abgeltungsteuer “verkauft” zu haben. Dass Odier in Ungnade gefallen war, beweist eine Aussage, die er im September in einem Interview machte. Auf die Frage nach einer weiteren Kandidatur sagte er selbstbewusst: “Wenn mich meine Kollegen bitten sollten weiterzumachen, stehe ich zur Verfügung.”Die Wahl des 65-jährigen Scheidt kann als Signal für Kontinuität bei der Bankiervereinigung verstanden werden. Der Wahlschweizer mit deutschen Wurzeln steht als Verwaltungsratspräsident der Zürcher Vermögens- und Investmentbank Vontobel zwar einem börsenkotierten Unternehmen vor. Doch in dieser Funktion repräsentiert er auch die Familie als Mehrheitsaktionärin und steht damit auch für eine gewisse Unabhängigkeit. Vontobel ist auch von der Größe her keine Übermacht im Schweizer Bankenmarkt, was für die über 300 teilweise höchst unterschiedlichen Mitgliedsbanken in der Vereinigung ein wichtiges Wahlkriterium ist. Insofern ist Scheidt eine logische Wahl in einem Verband, der von internen Richtungskämpfen gekennzeichnet ist, einen radikalen Kurswechsel offenbar aber scheut. Scheidts Aufgabe wird es sein, den politischen Einfluss des Verbandes zurückzuerobern; dazu muss er die Mitglieder auf eine Reihe bringen. In den mehr als acht Jahren als CEO der Bank Vontobel hat der Manager mehrmals gezeigt, dass er Machtkämpfe ohne laute Nebengeräusche zu gewinnen vermag.