Vorerst keine Erholung in Sicht
Vorerst keine Erholung der deutschen Märkte in Sicht
Flaute bei gewerblichen Immobilien hält an – Unsicherheit über Vorgaben zu energetischer Sanierung und Homeoffice trüben die Aussichten
tl Frankfurt
Der deutsche Immobilienmarkt kommt nicht in die Gänge. Unklarheiten über den erforderlichen Umfang der energetischen Sanierung und die Zukunft des Büros – Stichwort Homeoffice – prägen die Märkte, heißt es in der neuesten 5-%-Studie von Bulwiengesa und Advant Beiten. Das Transaktionsvolumen lag im ersten Halbjahr mit rund 10 Mrd. Euro extrem niedrig. Für das Gesamtjahr werden 22 bis 25 Mrd. Euro erwartet. Das wäre ein Rückgang zum bereits schwächeren Vorjahr von mehr als der Hälfte (rund 55%).
Noch keine Einigung bei Preisen
"Die bereits im vergangenen Jahr eingetretene Schockstarre löst sich nur allmählich, da Käufer und Verkäufer sich immer noch nicht auf Preise einigen können", sagt Sven Carstensen, Vorstand des Analysehauses Bulwiengesa. Der Großteil der Transaktionen werde daher off-market getätigt – was sehr oft bedeute, dass Käufer und Verkäufer über die Konditionen Stillschweigen vereinbaren.
Unstrittig sei, dass die Nettorenditen stark angestiegen sind, schreiben die Experten. In den A-Märkten für Büros liegen sie derzeit auf einem Niveau von knapp unterhalb der 4-%-Marke, von 2,7% Ende 2021 kommend. "Offensichtlich reicht dieser Anstieg nicht aus, um den Markt zu aktivieren“, heißt es.
Steigende Energiestandards verunsichern
Wohnungen seien zwar unvermindert knapp. Trotzdem könne man nur bedingt auf steigende Mieten hoffen, heißt es in der Analyse mit Hinweis auf Pläne der Bundesregierung, die Möglichkeiten zu Mietanpassungen weiter einzuschränken. Zur Verunsicherung trage außerdem die Absicht bei, die Energiestandards für Gebäude weiter zu erhöhen. Welcher Sanierungsbedarf sich daraus ergebe, sei unklar. Und nicht zuletzt bedeute die hohe Inflation, dass zumindest in den A-Städten (also den Metropolen) Wohnobjekte nur bedingt als Inflationsschutz geeignet sind. Die bei Neuinvestments erreichbaren Renditen (nach der internen Zinsfußmethode IRR für eine standardmäßige Haltedauer von zehn Jahren) liegen der Studie zufolge zwischen 2,4% in den A-Märkten und 3,0% in den Universitätsstädten.
Auch auf den Büromärkten lässt sich der energetisch begründete Sanierungsbedarf nur schwer abschätzen. Das drücke insbesondere in kleineren, ertragsschwachen Märkten stark auf die interne Verzinsung. Für Bulwiengesa und Advant Beiten bedeutet dies, dass dort risikoadäquate Investitionen derzeit nur punktuell möglich sind.
Ein zweiter Unsicherheitsfaktor auf den Büromärkten ist das Homeoffice. Das Beispiel USA lasse befürchten, dass es zu steigenden Leerständen kommen könnte, heißt es warnend, wenn auch relativierend auf die (guten) Fundamentaldaten verwiesen wird. Die Studienautoren rechnen auch für das zweite Halbjahr 2023 nicht mit einer Belebung des Transaktionsmarktes für Büroimmobilien. Dies sei erst wieder zu erwarten, wenn die Zinsanpassung abgeschlossen und die Preisbildung zum Abschluss gekommen sei.
Gesuchte Lebensmittelmärkte
Im Einzelhandel stehen Lebensmittelmärkte und Fachmärkte im Zentrum des Investoreninteresses. Hier seien größere Portfolioverkäufe festzustellen. Hingegen habe schon vor der Zinswende kaum Interesse an Einkaufszentren bestanden. Einzig wenn sie zur Transformation anstanden, also saniert und neu ausgerichtet werden sollten, was mit entsprechendem Investitionsbedarf einherging, stießen sie auf eine gewisse Nachfrage. Immerhin sollen die Mieten nicht weiter zurückgehen. Die geschätzten Renditen für Neuanlagen liegen laut Studie zwischen 4,3% für Fachmarktzentren und 4,6% für Einkaufszentren.
In den vergangenen Jahren erfreuten sich Logistikimmobilien steigender Beliebtheit. Da Investoren weiterhin deutliche Mietpreissteigerungen erwarten, gilt dies im Core-Bereich nach wie vor.
Daran ändere auch die Eintrübung im Onlinehandel nach Abklingen des Corona-Hypes wenig, wie die Experten schreiben. Infolge steigender Ankaufsrenditen und steigender Mieten liegt die Renditeprognose bei stolzen 4,6%.