VW-Finanztochter erhöht die Risikovorsorge

Ergebnis 2015 nun "substanziell positiv" statt "mindestens auf Vorjahresniveau" - Zusätzliche Restwertrisiken tun sich auf

VW-Finanztochter erhöht die Risikovorsorge

Die VW Financial Services AG macht sukzessive Ernst mit der Transparenz. Der Finanzdienstleister des Autokonzerns hat 1 Million Fahrzeuge identifiziert, bei denen sich durch die Abgasmanipulation direkte und indirekte Restwertrisiken ergeben können. Für einen Teil sei zusätzliche Risikovorsorge gebildet worden, heißt es.Von Karin Böhmert, FrankfurtVW Financial Services AG, die Finanzierungstochter des VW-Autokonzerns, wird zusätzliche Rückstellungen bilden. Dies geht aus einem Brief an die Finanzierungspartner hervor. Grund dafür sind zusätzliche Restwertrisiken, die sich aus den bei den Abgaswerten manipulierten Fahrzeugen des VW-Konzerns ergeben. Vorsichtshalber hat die Finanztochter auch schon mal die Ergebnisprognose für 2015 modifiziert. Hieß es zuletzt noch, dass ein Jahresergebnis “mindestens auf Vorjahresniveau” erzielt werde, so heißt es nun in dem Schreiben, dass man 2015 ein “substanziell positives Ergebnis” erreichen werde. 2014 hatte VW Financial Services AG netto 897 Mill. Euro verdient.Ein Restwertrisiko entsteht, wenn im Rahmen von Leasing oder der sogenannten Drei-Wege-Finanzierung der Kunde am Ende der Vertragslaufzeit sein Fahrzeug zu einem schon bei Vertragsabschluss festgelegten Wert zurückgeben kann. Dieser ist oft schwer zu antizipieren und hängt von vielen Faktoren ab, darunter der Modellzyklus, die Ausstattung, aber auch die konjunkturelle Situation. Da der Wert der Gebrauchtwagen mit Risiken behaftet ist, hat VW Financial Services dafür grundsätzlich bereits eine Risikovorsorge vorgenommen. Doch die Affäre um die manipulierten Abgaswerte könnte den Wert der Fahrzeuge schmälern.Nun hat die VW FS AG von den 11 Millionen vom Abgas-Skandal betroffenen Fahrzeugen 400 000 Autos in ihrem Finanzierungsbestand mit dem manipulierten Motor des Typs EA 189, hauptsächlich in Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich, identifiziert, durch die die Finanztochter mit einem direkten Restwertrisiko betroffen ist. Die Tochter hat mit der Konzernmutter aber ausgehandelt, dass der Autobauer die finanziellen Lasten aus den Konsequenzen rund um jene manipulierten Fahrzeuge übernimmt, bei denen die FS AG das direkte Restwertrisiko trägt. Ob Volkswagen hierfür eine zusätzliche Risikovorsorge bildet oder diese bereits in den mitgeteilten 6,5 Mrd. Euro enthalten ist, ist auf Anfrage nicht zu erfahren.Zusätzlich zu den direkten Restwertrisiken von 400 000 Fahrzeugen bei der FS AG ergeben sich indirekte Restwertrisiken bei 600 000 Fahrzeugen. Indirekt deshalb, weil die Autos als Leasing- oder Kreditrückläufer im Rahmen der DreiWege-Finanzierung zwar beim Autohändler landen, diese Händler aber von der FS AG ohnehin finanziert werden. Für diesen Teil hat die Finanztochter selbst eine zusätzliche Risikovorsorge auf die Restwerte gebildet. Der Umfang der zusätzlichen Vorsorge wird nicht mitgeteilt.Auch hat sich die VW FS AG noch nicht offiziell dazu geäußert, ob sie grundsätzlich eine zusätzliche Risikovorsorge bilden wird, wie die Konzernmutter dies umgehend nach Bekanntgabe der Manipulationen getan hatte, denn die manipulierten Fahrzeuge dürften hinter vielen Finanzierungsverträgen stecken. Generell fährt die Finanztochter, die auch von der EZB direkt beaufsichtigt wird, eine vorsichtige Risikopolitik. Neben den üblichen Vorsorgen wie für Kreditrisiken oder allgemeinen Restwertrisiken, die auch angesichts des schwachen Gebrauchtwagenmarktes während der Finanzkrise ein großes Thema waren, hat VW FS in einen sogenannten Euro-Rettungsschirm weitere Vorsorgen gebildet.Inwieweit sich der Abgas-Skandal auf die Gebrauchtwagenwerte der betroffenen Fahrzeuge auswirken wird, ist noch nicht absehbar. Noch ist offenbar kein Schaden entstanden, denn die Preise reagierten nicht, wie einschlägigen Preisportalen zu entnehmen ist. Dem Ziel, die Gebrauchtwagenwerte zu stabilisieren, dürfte auch eine vom Autokonzern bisher nicht bestätigte Meldung der Nachrichtenagentur dpa dienen, die sich auf Insider des Konzerns und der Volkswagen-Partner bezieht. Demnach denkt der Konzern darüber nach, den Kunden manipulierte Diesel abzunehmen und mit einer Eintauschprämie gleich einen neuen Wagen anzubieten, anstatt die Fahrzeuge nachzurüsten.Hinter wie vielen der 6,25 Millionen Finanzierungsverträge der FS AG sich manipulierte Fahrzeuge verbergen, beziffert die Finanztochter bisher nicht. Die nun genannten 1 Million Verträge können nur einen Teil darstellen, denn es gibt auch Leasingverträge, bei denen das Restwertrisiko beim Leasingnehmer liegt. Auch beim klassischen Autokredit trägt der Kunde das Risiko, wenn er das Fahrzeug im Gebrauchtwagenmarkt verkaufen möchte. Ein Indiz, hinter wie vielen Finanzierungsverträgen manipulierte Fahrzeuge stecken können, gibt ein Blick auf die von der Finanztochter emittierten Asset Backed Securities (siehe Tabelle). Im Schnitt sind es 35 %. Das Volumen kann bis zu 61 % betragen (Frankreich). Die VW FS AG bildet zusammen mit den Finanzdienstleistungen in den USA, Kanada, Spanien und Argentinien die Volkswagen Financial Services mit einem Bestand von 8 Millionen Finanzierungsverträgen per Ende Juni.