Wall Street fürchtet Mifid II

Europas Research-Regeln im Fondsgeschäft könnten Praxis in den USA prägen

Wall Street fürchtet Mifid II

Bloomberg Washington – Wall-Street-Broker leisten derzeit Lobby-Arbeit bei Regulierungsbehörden, um sicherzustellen, dass die neuen europäischen Regeln zur Bezahlung von Analysen nicht nach Amerika schwappen. Doch die Kampagne führt zu Spannungen mit öffentlichen Pensionskassen und anderen großen Investoren, die einige ihrer größten Kunden sind.Das alles spielt sich hinter verschlossenen Türen in Washington bei der Securities and Exchange Commission (SEC) ab. Die Behörde soll nach dem Willen der Broker klarstellen, dass sie weiter die Kosten für Analysen und Handel in einer Gesamtrechnung für Kunden bündeln dürfen. Genau diese Praxis wird in Europa künftig nicht mehr erlaubt sein: Die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II schreibt eine Trennung vor.Die Forderungen der Broker haben den Zorn von mehreren Investorengruppen und riesigen staatlichen Pensionssystemen auf sich gezogen, die sich um die Renten von Regierungsangestellten kümmern. Sie argumentieren, dass die europäischen Anforderungen wahrscheinlich die Kosten senken und die Undurchsichtigkeit der Rechnungspraktiken an der Wall Street aufbrechen würden, wenn sie auch in den USA angewendet werden. Demnach versuchen die Broker und ihre Branchenvereinigung, die Securities Industry und Financial Markets Association (Sifma), die Aufsicht von einem Vorschlag zu überzeugen, der das lukrative Geschäftsmodell am Leben zu halten. “Goldesel bewahren””Es ist verständlich, dass einige sehr große Firmen, die Analysen und Handel anbieten, einen Goldesel bewahren wollen”, sagte Tyler Gellasch, Leiter der Healthy Markets Association, zu deren Mitgliedern das California Senior Employees’ Retirement System und die Fondsgesellschaft Janus Henderson gehören. SEC und Sifma wollten auf Nachfrage jedoch keine Auskunft geben.Die neuen Analyseregeln in Europa sollen Investoren mehr Transparenz darüber geben, was Broker, Investmentbanken und Handelshäuser ihnen genau in Rechnung stellen. Bisher hatten sie den Fondsgesellschaften die Analysen ohne einen expliziten Preis überlassen: als Teil eines Pakets an Dienstleistungen, zusammengefasst als Handelskosten.Die Beratungsgesellschaft McKinsey prognostiziert, dass die Regeln der Mifid II in den kommenden drei Jahren zum Abbau von hunderten Arbeitsplätzen und zu einem Rückgang der Erträge aus Aktienanalysen von 30 % führen könnten. Im schlimmsten Fall seien sogar 50 % möglich. Andere Schätzungen kommen zu einem ähnlichen Ergebnis.Zwar sind viele Auswirkungen unklar. Doch an der Wall Street gibt es Sorgen, dass US-Vermögensverwalter und Investoren, vor allem weltweit tätige Adressen, die gleiche Behandlung zu Hause einfordern werden, die sie in Europa erhalten.Der Pensionsfonds Colorado Public Employees’ Retirement Association hatte in einem Brief an die SEC vor wenigen Tagen die Sorge geäußert, dass Broker die Kosten für Analysen und die Ausführung des Handels nicht getrennt aufschlüsseln. “Wir glauben, dass es einen dringenden Bedarf gibt, die Marktpraxis in diesem Bereich mit unseren europäischen Kollegen auf eine Ebene zu bringen”, schrieb Amy McGarrity, Investmentchefin des 47 Mrd. Dollar schweren Fonds.