Warnung vor unerwarteten Risiken
Der globale Finanzstabilitätsrat warnt vor unerwarteten Risiken infolge des Klimawandels: Sollte sich die tatsächliche oder nur die erwartete Politik mit Blick auf die Erderwärmung abrupt und in einer nicht antizipierten Weise ändern, drohe ein destabilisierender Effekt auf das gesamte Finanzsystem. bn Frankfurt – Der globale Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board/FSB) warnt vor unerwarteten Risiken für das Finanzsystem durch den Klimawandel. Zwar erschienen die Folgen tatsächlicher Unwägbarkeiten für Preise von Vermögenswerten durch die Erderwärmung “relativ begrenzt”, hält das Gremium in einem am Montag publizierten Bericht fest. Die Randrisiken (Tail Risks) dieser Schätzungen allerdings dürften beträchtlich sein, heißt es. Verunsicherung destabilisiertSo könnte laut FSB ein destabilisierender Effekt auf das gesamte Finanzsystem eintreten, falls sich die tatsächliche oder auch nur die erwartete Politik mit Blick auf den Klimawandel abrupt und in einer vom Markt nicht antizipierten Weise ändern sollte, als Resultat technologischer Entwicklungen oder aber auch infolge des Klimawandels. In diesem Fall könnten sich physische und auch erst während des Übergangs zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft auftretende Risiken gegenseitig in ihren Folgen für die Finanzstabilität verstärken, warnt der Rat.Sollten die physischen Risiken des Klimawandels eintreten durch einen sich selbst beschleunigenden Klimawandel und dessen ökonomische Effekte, prognostiziert das Gremium einen deutlichen Rückgang der Asset-Preise und eine Zunahme der Verunsicherung an den Märkten. Dies würde sich wiederum destabilisierend auf das Finanzsystem auswirken, heißt es. Auch könnten sich Markt- und Kreditrisiken in bestimmten Sektoren der Wirtschaft und der Erde konzentrieren. Störungen drohten überdies auf nationaler Ebene, zum Beispiel in Entwicklungsländern, die anfälliger für die Folgen des Klimawandels seien. Vor allem Staaten, in denen Mechanismen zur Diversifikation finanzieller Risiken weniger entwickelt seien, dürften dabei besonders stark betroffen sein, wie der Stabilitätsrat feststellt. Aufsicht tritt auf den PlanMit ihrem Papier lenken die Stabilitätswächter die Aufmerksamkeit des Marktes auf die Folgen der Erderwärmung, die auch auf dem G20-Gipfel am Wochenende ganz oben auf der Agenda gestanden hat. Zu spüren bekommen würden Verwerfungen am Markt insbesondere Fondsanbieter und die Assekuranz. Sie weisen Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) zufolge in Euroland das prozentual höchste Exposure klimaempfindlichen Sektoren gegenüber auf (siehe Grafik),Bei Banken und Pensionsfonds fallen die Engagements zwar deutlich geringer aus. Dennoch gilt auch ihnen das Augenmerk der Aufsicht. So hat Yves Mersch, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB) und stellvertretender Vorsitzender der dort angesiedelten Bankenaufsicht Eurolands, im Interview der Börsen-Zeitung eine deutlich verbesserte Offenlegung klimabezogener Risiken durch die Kreditwirtschaft angemahnt, einen Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken angekündigt und zudem erklärt, dass die Bankenaufsicht ihren Stresstest im übernächsten Jahr dem Thema Klimawandel widmen werde (vgl. BZ vom 21. November).Laut FSB dürften sich Klimarisiken überdies auf die Art auswirken, wie das globale Finanzsystem auf Schocks regiert. So könnte es zu einem ruckartigen Anstieg der Risikoprämien über eine breite Spanne von Vermögenswerten hinweg kommen. Dies wiederum könnte die Korrelationen von Assets über Sektoren und Staaten hinweg verändern, Kredit-, Liquiditäts- und Gegenpartei-Risiken verstärken und eine Herausforderung für das finanzielle Risikomanagement darstellen in einer Weise, die noch schwer zu prognostizieren sei. Effizienz beeinträchtigtSolche Veränderungen würden nicht zuletzt die Effizienz einiger der momentan üblichen Ansätze der Diversifikation und des Managements von Risiken schwächen, teilte das Financial Stability Board zu Wochenbeginn mit. Eine solche Entwicklung wiederum dürfte den Angaben zufolge die Widerstandskraft des Finanzsystems beeinträchtigen und eine sich selbst verstärkende Reduktion der Kreditvergabe durch Banken sowie von Versicherungsdienstleistungen nach sich ziehen. So hingen einige Entwicklungsländer, die besonders anfällig für Risiken des Klimawandels seien, zugleich von grenzüberschreitenden Bankfinanzierungen ab, heißt es.