TLTRO-Programm

Warnung vor versteckten Kosten

Die Mittel der EZB für Banken und Sparkassen zur Ankurbelung der Kreditvergabe in der Eurozone haben laut einer Analyse der Commerzbank für die Kreditwirtschaft einen überschaubaren Nutzen und einen versteckten Preis: Während es für die Institute...

Warnung vor versteckten Kosten

jsc Frankfurt

Die Mittel der EZB für Banken und Sparkassen zur Ankurbelung der Kreditvergabe in der Eurozone haben laut einer Analyse der Commerzbank für die Kreditwirtschaft einen überschaubaren Nutzen und einen versteckten Preis: Während es für die Institute mitunter schwierig sei, das Geld des sogenannten TLTRO-Programms wie vorgegeben in Form von Krediten weiterzureichen und auf diese Weise von günstigen Refinanzierungssätzen zu profitieren, verlängerten die Mittel zugleich die Bilanz einer Bank und belasteten damit womöglich künftig die ungewichtete Eigenmittelquote (Leverage Ratio), lautet die Analyse der Frankfurter Bank.

Die sogenannten gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (Targeted Longer-Term Refinancing Operations, TLTRO) der EZB zielen darauf ab, die Kreditvergabe durch vorteilhafte Konditionen für Banken und Sparkassen anzufachen. Wenn die Geldhäuser in der Kreditvergabe bestimmte Ziele erfüllen, können sie in der Refinanzierung über die EZB einen Abschlag von 0,5 Prozentpunkten unterhalb der Einlagenfazilität erhalten. Damit winkt der Kreditwirtschaft derzeit ein Satz von −1,0%, da die Einlagenfazilität bereits mit einem Wert von −0,5% versehen ist. Die so erzielte Marge stärkt das Bankgeschäft und schafft Freiraum für günstige Kredite.

Die Bedingungen gelten seit Juni 2020 und laufen nach derzeitiger Planung bis Juni 2022, wie die EZB schreibt. Die Notenbank begründet das Programm damit, dass sie die Inflation knapp unter die Marke von 2% hieven wolle, dem offiziellen Zielniveau der Notenbank. Zusätzliche Kredite sollen Investitionen und Konsum stimulieren und so die Inflation anheben.

Nur scheinbar umsonst

Auf den ersten Blick hat die Kreditwirtschaft wenig zu verlieren. Verfehlen Banken das Kreditvergabeziel, beträgt ihr Refinanzierungssatz immer noch ­ −0,5%, was exakt dem Strafzins entspricht, den sie auf der anderen Seite der Bilanz im Rahmen der EZB-Einlagenfazilität aufwenden müssten. Überschüssige Liquidität aus dem TLTRO-Programm verursacht also auf den ersten Blick keine zusätzlichen Kosten. Doch diese Nullrechnung übersieht aus Sicht der Commerzbank die möglichen Folgen für die Leverage Ratio. Zwar sind die Einlagen bei der EZB bisher von der Berechnung der Quote ausgenommen, doch nach aktueller Planung endet diese Ausnahme Ende Juni, wie die Analysten warnen. Das Eigenkapital, das Banken den zusätzlichen Einlagen dann zuordnen müssten, ist nicht umsonst zu haben und verschlechtert die Rechnung. Hinzu kommt, dass die ausgewiesene Zinsmarge einer Bank insgesamt durch TLTRO-Mittel sinken kann.

Die Kreditnachfrage in der Eurozone ist aktuell gering: In etlichen Ländern stieg das Einlagenvolumen in der Coronakrise schneller als der Bestand an Krediten, zum Beispiel im Geschäft mit Firmenkunden (siehe Grafik). Die Überschussliquidität der Banken sei im Zuge der lockeren Geldpolitik, wozu auch das TLTRO-Programm zähle, deutlich gestiegen, schreiben die Analysten.

Harter Zielkonflikt

Selbst wenn die Konjunktur anzieht, könnte die Kreditvergabe laut Bericht insgesamt stottern: Zwar führen Unternehmen in einer solchen Phase ihre Einlagen, die sie aus Vorsicht halten, tendenziell zurück. Doch nutzen sie das Geld womöglich, um ihre Bankschulden abzuzahlen, was die Kreditnachfrage unterm Strich bremst. Banken stünden dann vor einer schwierigen Entscheidung, wie der Bericht warnt. Um die Lockzinssätze des TLTRO-Programms zu erreichen, müssten Banken erst einmal geringe Zinsmargen akzeptieren, um das Kreditneugeschäft anzufachen. Der Weg zu günstigen EZB-Sätzen wäre dann mit einem ungünstigen Risiko-Rendite-Profil erkauft.