BANKENKONSOLIDIERUNG

Warten auf die Großfusion

Die Spekulationen um einen paneuropäischen Bankenzusammenschluss erhalten neue Nahrung

Warten auf die Großfusion

Europa wartet auf die paneuropäische Großfusion. Mit einer möglichen Fusion von Unicredit und Société Générale (SocGen) sind die Planspiele um eine weitere Facette reicher. Doch es hat seine Gründe, dass das Warten auch Jahre nach Verkündung der europäischen Bankenunion nach wie vor vergebens ist.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Fristen werden kürzer. Früher einmal brachten Banken geplante Fusionen noch konkret auf den Weg, ehe diese kurz vor der Ziellinie dann doch noch scheiterten. Die Deutsche Bank und die Dresdner Bank etwa hatten schon den Segen ihrer Aufsichtsräte eingeholt, ehe ihr Zusammenschluss im April 2000 wegen unterschiedlicher Vorstellungen über den Zuschnitt des neuen Gebildes platzen sollte. Deutlich kurzatmigerSeit Beginn der Finanzkrise ist die Welt deutlich kurzatmiger geworden, das Warten auf die Großfusion ungeduldiger. Ablesen lässt sich dies an ins Kraut schießenden Fusionsspekulationen, die sich zunehmend schlicht im Nichts verlieren, und wenn vermeintlich Beteiligte oder angebliche Interessenten sie dementieren, hält schon die nächste Kombination die Öffentlichkeit in Atem. Der jüngste Fusionsplan, das Projekt eines Zusammenschlusses von Unicredit mit Société Générale, bildet keine Ausnahme in der Reihe der angeblich bevorstehenden Verschmelzungen, über die schon bald Gras gewachsen sein dürfte. Die “Financial Times”, die am Wochenende über entsprechende Pläne berichtete, schreibt selbst, dass das politische Chaos in Italien dem Vorhaben einstweilen entgegensteht. Rückstandslos verklungenViel fehlt nicht mehr, und alle möglichen Kombinationen sind genannt worden. Vor wenigen Monaten ist Unicredit noch als Interessent für die Commerzbank herumgereicht worden, neben der BNP Paribas, dem Crédit Agricole, der UBS oder wahlweise der Deutschen Bank. Selbst die beiden größten deutschen Privatbanken eruierten 2016 ein Zusammengehen, nur um festzustellen, dass beide Seiten zunächst Hausaufgaben zu erledigen hätten. Und erst in der vorvergangenen Woche hatte die “Financial Times” mit einem Bericht über die Vorteile einer Fusion von Barclays und Standard Chartered ein rasch rückstandslos verklungenes Rauschen im Blätterwald erzeugt (“Geschichten aus Tausendundeiner Nacht”, vgl. BZ vom 24. Mai). Die Frequenz, in der Großfusionen ventiliert werden, hat ihre Entsprechung allein in der Penetranz, in der Europas Notenbanker und Bankenaufseher für paneuropäische Zusammenschlüsse werben.Dabei sind die Gründe, die gegen solche Transaktionen sprechen, heute dieselben wie vor Jahren: Die Restrukturierungs- und Integrationskosten sind ungewiss, kulturelle Reibungsverluste programmiert. Steuer- und insolvenzrechtlich gleicht Europa nach wie vor einem Flickenteppich, was die Synergien begrenzt. Noch bleibt abzuwarten, wie sich die Neufassung der Baseler Kapitalregeln auf potenzielle Übernahmeziele und damit deren Wert auswirken wird. Und angesichts der Perspektive, sich mit einem Zukauf neue IT-Altlasten ins Haus zu holen, dürfte manche Bank durchrechnen, ob es nicht ratsamer erscheint, Milliardenbeträge in die Digitalisierung des eigenen Apparats zu stecken.