Warum der Private-Debt-Markt trotz steigender Zinsen so robust ist
Private Debt: Neubewertungszyklus läuft
Nach anderthalb Jahren mit Zinserhöhungen hält sich der Markt für private Kredite relativ gut. Die absoluten Renditen sind mit jeder Zinserhöhung der Zentralbanken gestiegen, und ein größerer Teil der Cashflows der Unternehmen fließt nun an die Kreditgeber.
Die Zentralbanken könnten nun zwei Wege einschlagen – jeder mit eigenen Herausforderungen: Eine langfristige Strategie mit hohen Zinssätzen würde den Kreditnehmern Probleme bereiten, da die steigenden Schuldenkosten die Zinsdeckungsquoten nach unten drücken würden. Andererseits könnten die Zentralbanken die Zinssätze senken. Dies würde jedoch eine Abschwächung des wirtschaftlichen Umfelds bedeuten, was wiederum andere Probleme für die Kreditnehmer mit sich brächte.
In beiden Szenarien ist damit zu rechnen, dass im Bereich Leveraged Finance mehr Kredite herabgestuft werden – oder sogar in den Bereich der notleidenden Kredite abtauchen. Die Ausfallquote auf dem europäischen Kreditmarkt steigt jedenfalls bereits, wenn auch auf sehr tiefer Basis. Im August lag die Ausfallquote für Leveraged Loans in Europa im 12-Monats-Vergleich bei 1,27%. Dies ist ein Anstieg gegenüber 0,41% im Januar, liegt aber immer noch weit unter dem Durchschnittswert von 2,92% seit 2007.
Private Kredite bleiben aber widerstandsfähig, und es gibt diverse Gründe, optimistisch zu bleiben: Private-Equity-Akteure sitzen auf rekordverdächtigen Mengen Geld – im September etwa 2,72 Bill. Dollar weltweit. Viele Partner in Europa haben gezeigt, dass sie bereit und fähig sind, dieses Geld kreativ zur Unterstützung ihrer Portfoliounternehmen einzusetzen.
Senior Secured Loans
Darüber hinaus können sich die Anleger damit trösten, dass vorrangig besicherte Darlehen an der Spitze der Kapitalstruktur stehen. Auch wenn immer weniger Unternehmen nachrangige Kredite in ihre Finanzierung einbeziehen, ist die Eigenkapitalausstattung nach wie vor solide, und der durchschnittliche Verschuldungsgrad bei Transaktionen gesunken.
Die hohe Nachfrage durch neue Collateralised-Loan-Obligation-(CLO)-Vehikel konnte auf dem europäischen Primärkreditmarkt nicht durch neues Geld aufgefangen werden, so dass sich das technische Angebot auf den Sekundärsektor konzentrierte. Hier hat die Nachfrage die Preise auf einen Jahreshöchststand getrieben – der Morningstar European Leveraged Loan Index hat erstmal seit Mai 2022 die 96er-Marke getoppt.
Bis Mitte September gab es kaum Anzeichen dafür, dass diese Nachfrage durch neue Geldmarktpapiere gedeckt werden könnte. Zwar wurde ein Fremdfinanzierungspaket in Höhe von 8,4 Mrd. USD zur Unterstützung der Übernahme des globalen Zahlungsverkehrsunternehmens Worldpay durch GTCR platziert, während PAI Partners seine Übernahme der Infra Group in Kürze mit einem Darlehen in Höhe von 500 Mill. Euro finanzieren dürfte. Im bisherigen Jahresverlauf ist das Volumen der fremdfinanzierten Übernahmen aber zurückgegangen. Per 14. September wurden nur 5,16 Mrd. Euro an europäischen Darlehen für neue Übernahmen vergeben, gegenüber 16,76 Mrd. Euro im gleichen Zeitraum 2022 und 30,53 Mrd. Euro im Jahr 2021.
Es gibt aber Anzeichen für ein größeres Angebot an Neugeld, da sich die Erwartungen der Private-Equity-Akteure in Bezug auf Bewertungen allmählich annähern und den Weg für Übernahmen ebnen. Bereits gibt es Schlagzeilen über mögliche Going Privates. Finanztransaktionen zur Unterstützung von Übernahmen dürften jedoch erst im nächsten Jahr zustande kommen.
In der Zwischenzeit wird das Angebot wohl weiterhin von Änderungs- und Verlängerungstransaktionen dominiert. Obwohl die meisten Fälligkeiten des Jahres 2024 bereits abgewickelt wurden, laufen rund 40 Prozent der Transaktionen auf dem europäischen Markt bis Ende 2026 aus. Bis Jahresende besteht also noch reichlich Potenzial für weitere solche Transaktionen.
Nach dem Abflauen des Angebots an neuen CLOs (nur zwei Deals wurden zwischen Juni und Juli 2023 gemacht) zeigt sich der europäische Primärmarkt robust. Das Gesamtjahr dürfte die Erwartungen erfüllen und leicht unter den 26 Mrd. Euro von 2022 liegen. Das Emissionsvolumen bleibt auf Kurs, um die für 2022 ausgewiesenen 22 Mrd. Euro zu erreichen. In den kommenden Monaten ist mit einer Fülle von Emissionen zu rechnen. Wie werden aber all diese Transaktionen vom Markt aufgenommen? Gegenwind gibt es unter anderem dadurch, dass immer weniger neue Kredite vom Primärmarkt in neue CLOs fließen, während die Preisgestaltung für CLOs immer strenger geworden ist.
Direkte Kreditvergaben
Andernorts wurden einige mit "Single-A" bewertete Tranchen auf den Primärmärkten zu niedrigeren Preisen angeboten als auf dem Sekundärmarkt. Es ist sowohl ungewöhnlich als auch bemerkenswert, dass neue Transaktionen auf dem Sekundärmarkt angeboten werden.
Bislang haben wir dieses Jahr noch keine Refinanzierung oder Erneuerung von abgeschlossenen Geschäften gesehen. Das könnte sich ändern, da die Emittenten bald die Konditionen erneuern müssen.
Auf dem europäischen Markt für Direktkredite gab es über den Sommer mehr Aktivität als erwartet. Neben einem Nachholbedarf der Anleger gibt es auch immer mehr Emittenten, die den Markt anzapfen, da traditionellere Kreditgeber ihre Aktivitäten im Bereich der Unternehmensfinanzierung einschränken und Fondsmanager einen konservativeren Ansatz bei der Kreditvergabe verfolgen. Einige europäische Banken waren beispielsweise besorgt über die wirtschaftlichen Aussichten für das kommende Jahr, so dass es dort zu einem erheblichen Rückzug kam.
Der wirkliche Aufschwung bei der Emissionstätigkeit wird sich aber erst einstellen, wenn die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Käufer und Verkäufer bei den Bewertungen beseitigt ist. Private-Equity-Firmen bewerten ihre bestehenden Portfolio-Assets immer noch auf historisch hohen Niveaus: Die Bewertungen sind zu hoch angesetzt, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass die Sponsoren in der Vergangenheit auf robusteren Märkten in der Lage waren, diese Investitionen mit höheren Fremdkapital-Multiples zu finanzieren.
Dieser Neubewertungszyklus hat sich noch nicht geschlossen. Weitere Übernahmen dürften im vierten Quartal dieses Jahres anlaufen, aber der eigentliche Anstieg wird in der ersten Hälfte 2024 erfolgen, wenn sich die Kluft bei den Multiples zwischen Käufern und Verkäufern verringert hat.