"Was bleibt, sind die Ausschüttungen"
Herr Dr. Schüßler, was macht Dividendenstrategien im aktuellen Umfeld so interessant?Jede Anlagestrategie lebt von der relativen Attraktivität. Das Umfeld ist für Dividendenstrategien sehr entgegenkommend, weil zum einen auf der Zinsseite durch die EZB-Politik nicht mehr viel zu holen ist. Zum anderen ist aufgrund einer bereits relativ hohen Bewertung von globalen Aktien ihr Kurspotenzial eher unterdurchschnittlich. Was bleibt, sind die Ausschüttungen. Wie wichtig sind Ausschüttungen für die Performance von Aktienanlagen? Wie entwickelt sich ihr Beitrag an der gesamten Performance?In den vergangenen zehn Jahren entfielen rund 50 % der Gesamtrendite von Aktien auf Ausschüttungen. Doch steigt der Performancebeitrag von Dividenden, wenn die Kurse nicht mehr steigen. Für die kommenden zehn Jahre gehe ich davon aus, dass die Ausschüttungsrendite einen Anteil von deutlich mehr als 50 % an der Gesamtperformance ausmachen wird.Sind Dividenden der neue Zins?Nein. Es gibt fundamentale Unterschiede zwischen Aktien und Anleihen. Auch ein Dividendenfonds investiert in Aktien und es bestehen Risiken für vorübergehende Kapitalverluste. Allerdings wird der Anleger bei ausschüttungsstarken Aktien für die Risiken, die er eingeht, noch kompensiert. Dies ist bei Anleihen praktisch nicht mehr der Fall.Wie reagieren Dividendenfonds, sollten die Zinsen kräftig steigen?Dann hat ein Fonds, der aufgestellt ist wie wir, Gegenwind. Sein Wert muss aufgrund der Dividendenrendite nicht unbedingt fallen, aber der Fonds tut sich natürlich schwerer.Aktien mit hoher Dividendenrendite bergen häufig auch hohe Risiken. Wie vermeiden Sie vor diesem Hintergrund Fehlinvestments?Wir setzen aufgrund fehlender Nachhaltigkeit nicht auf die Aktien mit den höchsten Dividendenrenditen. Ab einer bestimmten Dividendenrendite neigen wir eher dazu, die Position zu verkaufen.Wie wichtig ist für Sie Fundamentalanalyse und der enge Kontakt zu Unternehmen?Fundamentalanalyse ist für die Auswahl unseres konzentrierten Portfolios von 50 bis 60 Positionen natürlich essenziell, der enge Kontakt zu den Firmenchefs weniger.Nach welchen Kriterien wählen Sie dividendenstarke Aktien aus?Das Rückgrat unseres Fonds sind große Aktien mit stabilen Geschäftsmodellen, einer starken Bilanz sowie stabiler Gewinn- und Cash-flow-Entwicklung – sprich große Konsumtitel wie Nestlé und Philip Morris oder Pharmaunternehmen.Welche Dividendenrendite sollte ein Einzeltitel mindestens aufweisen, in den Sie investieren?Eine explizite Grenze haben wir nicht. Um Risiken zu streuen, haben wir auch einmal eine Aktie mit einer Dividendenrendite von 2 % im Portfolio. Doch streben wir im Gesamtfonds eine Dividendenrendite an, die im Durchschnitt deutlich über der des Gesamtmarkts liegt und die auch eine Ausschüttung des Fonds von knapp 3 % ermöglicht. Derzeit beträgt unsere Dividendenrendite rund 3,5 %, während der MSCI World bei etwa 2,5 % liegt.In welchen Weltregionen finden Sie im Moment die attraktivsten Dividendenwerte?Wir haben in den vergangenen Jahren die US-Quote auf inzwischen rund 40 % erhöht, weil mehr US-Titel attraktive und stabile Dividenden zahlen. Auch unser Japan-Anteil ist mit inzwischen 7 % am Fondsvermögen deutlich höher als vor wenigen Jahren.Wann verkaufen Sie eine Position? Wie lange beträgt die durchschnittliche Haltedauer einer Aktie?Am liebsten verkaufe ich gar nicht. Wir halten eine Aktie im Schnitt fünf Jahre. Wir verkaufen bei einer deutlichen fundamentalen Verschlechterung, wenn die Dividendentragfähigkeit auf Sicht von zwei bis drei Jahren gefährdet erscheint. Zudem verkaufen wir, wenn eine Aktie einen tollen Lauf hat und dann die Dividendenrendite niedrig und die Aktie zu teuer ist. Auch wenn wir bessere Ideen haben, sind Verkäufe möglich.Wie gewichten Sie Aktien in Ihrem Portfolio?Um das Einzelaktienrisiko zu reduzieren, investieren wir nur 1 % bis 3 % des Fondsvolumens in einen Titel. Doch soll natürlich jede Aktie einen sinnvollen Beitrag leisten. Ein Investment unter 1 % macht keinen Sinn.Wie erreichen Sie ein günstiges Chancen-Risiko-Profil?Unser Fonds ist defensiv ausgerichtet, weil wir strukturell defensive und stabile Titel auswählen. Daher verhält sich der Fonds auch in schwierigen Zeiten stabil wie zum Beispiel nach dem Brexit-Votum. Kapitalerhalt ist für uns wichtig. Und an Kapitalerhalt ist noch niemand zugrunde gegangen.Sind Sie selbst auch in Ihrem Fonds investiert?Ja, natürlich.Thomas Schüßler verantwortet seit 2005 den DWS Top Dividende