Versicherer

Weg zu Open Insurance ist noch weit

Die Pflicht für Versicherer zum Datenaustausch mit Dritten will die EU-Kommission in ihrer FIDA-Verordnung verankern. Ein erster Entwurf liegt vor. Wie Marktteilnehmer in Deutschland auf die Vorschläge reagieren.

Weg zu Open Insurance ist noch weit

Der Weg zu Open Insurance ist noch weit

Ein erster Entwurf der EU-Kommission trifft auf geteiltes Echo – Chancen für Start-ups – Viele Versicherer warten erstmal ab

ak Düsseldorf

Open Insurance – der offene Austausch von (Kunden-)Daten in der Versicherungsbranche – steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. Nicht viele Versicherer haben das Thema wirklich auf der Agenda. Doch aus Brüssel kommt jetzt Druck. Ende Juni hat die EU-Kommission einen ersten Entwurf eines Rahmenwerks für den Zugang zu Finanzdaten (Framework for Financial Data Access Regulation, FIDA) vorgestellt.

Die geplante Verordnung „hat das Potenzial, die Versicherungsbranche nachhaltig zu verändern“, wie die Initiatoren eines Whitepapers zu den geplanten EU-Regeln glauben. In ihrer Stellungnahme beschäftigten sich die 2019 gegründete Free Insurance Data Initiative (FRIDA), der IT-Dienstleister Adesso, die auf Versicherer fokussierte Wirtschaftskanzlei BLD Bach Langheid Dallmayr sowie die Initiative Insurlab Germany mit den Auswirkungen von Open Insurance.

FIDA soll regulatorischen Rahmen schaffen

Um was geht es? Mit FIDA soll ein regulatorischer Rahmen geschaffen, damit Daten von Versicherern – Produktinformationen, aber auch Kundendaten – anderen Marktteilnehmern zur Verfügung stehen, um eine digitale Zusammenarbeit zu ermöglichen. Ziel ist es, den Wettbewerb zu fördern und den Verbrauchern mehr Kontrolle über ihre Finanzdaten zu geben.

Laut dem Verordnungsentwurf müssen Banken, Versicherer und andere Finanzinstitute Drittanbietern den Zugang zu bestimmten Finanzdaten auf Verlangen ihrer Kunden ermöglichen. Dies soll es Verbrauchern erleichtern, Finanzdienstleistungen zu vergleichen und zu wechseln, und gleichzeitig Drittanbietern die Möglichkeit geben, innovative Finanzprodukte und -dienstleistungen anzubieten. Anwendungsbeispiele wären zum Beispiel Apps, mit der sich persönliche Finanzen verwalten lassen.

FIDA als Chance für Versicherungs-Start-ups

Vor allem Digital Start-ups könnte Open Insurance das Leben deutlich einfacher machen. Das Insurlab Germany sieht FIDA deshalb allem als Chance für junge Unternehmen in der Versicherungsbranche. Aktuell ist der Zugang zu den Daten der Versicherer begrenzt. Der Datenaustausch mit Dritten beruht heute im Wesentlichen auf Freiwilligkeit. Außerdem erhöht nach Ansicht der Autoren des Whitepapers die fehlende Standardisierung der Daten und technischen Infrastruktur die Kosten für die Datenfreigabe.

Diese Hindernisse sollen mit FIDA reduziert oder aus dem Weg geräumt werden. Für die Versicherer ergebe sich eine Pflicht, die Daten bereitzustellen. Dritte, die die Daten nutzen wollen, müssten sich registrieren und zertifizieren lassen. Die Versicherer müssten ihren Kunden überdies ein Berechtigungs-Dashboard einrichten, damit diese die Berechtigungen zum Datenzugriff selbst kontrollieren können. Praktisch würde das wohl bei den meisten Gesellschaften über ihre Kundenportale laufen. Für Datenabrufe von Dritten sollen die Versicherer eine Aufwandsentschädigung erhalten.

Banken sind weiter als Versicherer

Die Banken sind bereits ein Stück weiter. Die Richtlinie PSD2 gilt als Pendant zu FIDA, das jetzt erstmals auch die Versicherer als Datenlieferanten einbezieht.

„Der derzeitige Gesetzesentwurf hätte erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Versicherungswirtschaft“, meint auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), der den Entwurf an diversen Stellen kritisch betrachtet. Er sieht mindestens 400 Millionen Verträge in der Lebens- und Kompositversicherung in Deutschland betroffen und plädiert für eine schrittweise Implementierung von FIDA und nicht für einen „Big Bang“. Denn ansonsten, so fürchtet der GDV, könnte das die Versicherer, die auch an anderen Stellen mit IT-Herausforderungen konfrontiert sind, überfordern. Auch fordert der Verband, FIDA nur für neue Verträge gelten zu lassen.

Viele Versicherer warten zunächst einmal ab, wie sich der Konsultationsprozess entwickelt. Ressourcen auf FIDA zu verwenden, könne man sich in dieser frühen Phase noch sparen, heißt es aus einigen Unternehmen.

***

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.