EUROPEAN BANKING CONGRESS

Weidmann mahnt zu Vorsicht bei "new normal"

Bundesbankchef gegen leichtfertige Aufgabe alter geldpolitischer Grundsätze - Schlanke EZB-Bilanz als Ziel

Weidmann mahnt zu Vorsicht bei "new normal"

ms Frankfurt – In der Diskussion über die Zukunft der Geldpolitik warnt Bundesbankchef Jens Weidmann vor voreiligen Schlüssen und davor, alte Grundsätze leichtfertig über Bord zu werfen. Beim European Banking Congress am Freitag sprach sich Weidmann beispielsweise dafür aus, die durch die breiten Anleihekäufe aufgeblähte Notenbankbilanz so weit wie möglich wieder zurückzufahren, und er plädierte gegen eine allzu aktivistische Geldpolitik.”Solange nicht bewiesen ist, dass eine Rückkehr zum Vorkrisen-Rahmenwerk die Wirksamkeit der Geldpolitik auf nicht triviale Weise einschränkt, sehe ich keinen Grund, von dem Vorkrisen-Rahmenwerk abzuweichen”, sagte Weidmann. Die Geldpolitik sollte auch nicht routinemäßig auf sämtliche Veränderungen der Umstände mit Eingriffen in einer wachsenden Zahl von Marktsegmenten reagieren.Die Weltfinanzkrise hat an Grundfesten der Zentralbanken gerüttelt und eine intensive Debatte über die Zukunft der Geldpolitik losgetreten -ein “new normal”. Dabei geht es etwa um den Fokus auf die Inflation und das verbreitete 2-Prozent-Inflationsziel – es geht aber auch um die Instrumente und die operationelle Umsetzung. In der Krise haben alle wichtigen Notenbanken zu beispiellosen Maßnahmen gegriffen wie breite Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) oder die unbegrenzte Versorgung von Banken mit Liquidität.Da sich nun auch die Europäische Zentralbank (EZB) anschickt, ihre ultralockere Geldpolitik vorsichtig zu normalisieren, nimmt auch im Euroraum die Diskussion über das geldpolitische Rahmenwerk der Zukunft zu. Vor der Krise hatte auch die EZB vor allem Einfluss auf die kurzfristigen Marktzinsen zu nehmen versucht, die Liquidität knapp gehalten und mit einer schmalen Bilanz operiert. Das hatte sich mit der Finanzkrise und der Euro-Krise geändert.Weidmann räumte nun ein, dass es womöglich strukturelle Veränderungen an den Finanzmärkten gebe und es den Bedarf für Änderungen in der operationellen Umsetzung geben könnte. Das aber bedeute nicht automatisch, dass das frühere Rahmenwerk gar nicht mehr funktioniert. “Es ist noch zu früh, um solche Schlussfolgerungen zu Beginn des Normalisierungsprozesses zu ziehen”, sagte Weidmann.Das Rahmenwerk aus der Zeit vor der Krise sei sicherlich eine gute Orientierung für den nun begonnenen Normalisierungsprozess. “Unter normalen geldpolitischen Bedingungen ergab es ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Wirksamkeit der Instrumente und der Effizienz der Märkte”, sagte Weidmann. Als Maxime für die Zukunft gab er aus: “Die Bilanz sollte so groß wie nötig sein, um der Geldpolitik genügend Macht zu geben, um Preisstabilität zu gewährleisten, und so schlank wie möglich, damit sie die Marktaktivität nicht übermäßig behindert.” QE kein normales InstrumentWeidmann untermauerte auch noch einmal seine Skepsis gegenüber breiten Staatsanleihekäufen. Richtig konzipiert seien diese zwar ein “legitimes Instrument”, im spezifischen Kontext des Euro-Währungsgebiets seien sie aber ein Instrument, “das nur in Ausnahmefällen zur Abwehr einer Deflationsspirale eingesetzt werden sollte”, wie er es formulierte. Nicht zuletzt EZB-Präsident Mario Draghi hatte zuletzt erklärt, Staatsanleihekäufe seien nun ein “normales Instrument” im EZB-Werkzeugkasten.