NOTIERT IN FRANKFURT

Weihnachtsgrüße vom Compliance Officer

Heute, an Heiligabend, ist es an der Zeit, uns für die zahlreichen, vielfach handgeschriebenen Weihnachts- und Neujahrskarten und die damit übermittelten, teils sehr persönlichen Grüße und Wünsche zu bedanken (an "Season's Greetings" per Massenmail...

Weihnachtsgrüße vom Compliance Officer

Heute, an Heiligabend, ist es an der Zeit, uns für die zahlreichen, vielfach handgeschriebenen Weihnachts- und Neujahrskarten und die damit übermittelten, teils sehr persönlichen Grüße und Wünsche zu bedanken (an “Season’s Greetings” per Massenmail dagegen können wir uns irgendwie nicht gewöhnen). Auch über das zugesandte saisonübliche Gebäck, das eine oder andere Fläschchen Wein oder manchen wunderschönen Kalender haben wir uns sehr gefreut. Wir haben bei der Annahme solcher Geschenke, bei denen unzweifelhaft der Charakter der Aufmerksamkeit im Vordergrund steht, nicht aber der (sehr überschaubare) materielle Wert, für den ja schon der Fiskus enge Grenzen setzt und damit insoweit eine Legitimation schafft, kein schlechtes Gewissen, fühlen uns nicht korrumpiert und werden garantiert nicht unsere Kommentare davon beeinflussen lassen.Auch wir selbst – unsere Redaktion, unser Verlag – haben ja mitunter über die private Sphäre hinaus Freude am Schenken und das Bedürfnis, zu einem Anlass wie Weihnachten oder dem Jahreswechsel einen Gruß oder einen Dank, etwa für ein langjähriges gutes Miteinander, zu verschicken und diesen womöglich mit einem symbolischen Geschenk zu versehen, bei dem nur Menschen mit ausschweifender Fantasie auf die Idee kommen können, hier werde der Empfänger im negativen Sinne des Wortes bereichert. Vielleicht sind Compliance Officer Leute mit einer solchen pathologischen Vorstellungsgabe. Jedenfalls hatten wir dieser Tage viel Spaß an einem – ganz ernst gemeinten – Brief eines Angehörigen dieser Spezies, der sich unter dem Betreff “Weihnachtsgrüße, Rückgabe Präsent” mit ordentlich vermerktem Geschäftszeichen für die Übersendung eines Adventskalenders (im Schätzwert von 5 Euro) bedankte. Die bedachte Institution habe es sich indes zur Regel gemacht, “derartige Aufmerksamkeiten nicht anzunehmen”. Solche Rückläufer nach dem Motto “Haben uns sehr gefreut, können es leider nicht akzeptieren” häufen sich, wir hatten es hier schon früher thematisiert.Sicher: Wir alle leben in keiner heilen Welt und verschließen daher nicht die Augen vor Fällen von Fehlverhalten sowie einschlägigen Versuchungen und Gefährdungen. Aber in einer Welt, in der schon jede Geste unter den Generalverdacht der Korruption oder der Kumpanei gezwängt wird, fühlen wir uns auch nicht wohl. Und die Compliance-Manie geht ja weiter. Das “Geschäftsmodell” von Kulturveranstaltungen wie dem Rheingau Musik Festival, die von privatem Sponsoring und Hospitality abhängen, ist durch die exzessive Regelauslegung bedroht. Längst haben auch Sponsoren von Fußballvereinen Probleme, ihre Logen und Business Seats zu belegen, weil immer mehr potenzielle Gäste Einladungen, obwohl rechtssicher, transparent und steuerlich geklärt, aufgrund orthodoxer interner Richtlinien nicht annehmen dürfen – absurderweise sogar Angestellte von Unternehmen, die ihrerseits Gäste in die eigenen Logen einladen oder gar Namenssponsoren von Stadien sind.Mit hoffentlich unverdächtigen, weil Compliance-konformen Weihnachts- und Neujahrsgrüßen.