Wenig Verständnis für nachhaltige Geldanlage

Privatleute haben keine Vorstellung von neuer Produktwelt - Gleichwohl zeigen sie sich grundsätzlich offen

Wenig Verständnis für nachhaltige Geldanlage

jsc Frankfurt – Die nachhaltige Geldanlage steht in Deutschland weiter vor Hürden: Weder kennen die meisten Privatleute bereits die nachhaltige Geldanlage, noch stuft eine Mehrheit das Thema als besonders wichtig ein, wie eine Umfrage der Beratungsgesellschaft PwC zeigt. Annähernd die Hälfte der Befragten (49 %) hat noch nichts von nachhaltigen Finanzprodukten gehört, gut ein weiteres Viertel (27 %) hat dazu keine genaue Vorstellung. Eine kaufentscheidende Rolle ordnen die Berater nur etwa jedem sechsten Bundesbürger zu; in den übrigen Fällen machen die Befragten überhaupt keine Angabe oder erklären, dass Nachhaltigkeit in der Geldanlage für sie gar keine oder nur eine nachgelagerte Rolle spiele. Verglichen mit anderen Produkten wie Elektrogeräte, Nahrungsmittel und Autos ist die Bedeutung laut Angaben der befragten Bürger vergleichbar gering (siehe Grafik). Die Meinungsforschungsfirma Yougov hatte im Juni und Juli mehr als 4 000 Menschen befragt.Gleichwohl sehen die Studienautoren “großes Geschäftspotenzial” für die vermittelnden Banken und Sparkassen: Denn jeder Zweite (51 %) besitzt zwar kein nachhaltiges Produkt, kann sich den Erwerb aber “grundsätzlich vorstellen”. Noch höher ist die erklärte Bereitschaft, wenn nachhaltige Produkte die gleiche Rendite in Aussicht stellen wie konventionelle Angebote. Zugleich geben drei Viertel (75 %) der Bundesbürger an, bisher “noch nie” von ihrer Bank Angebote oder Informationen zur nachhaltigen Geldanlage erhalten zu haben. Abstriche bei anderen Dingen wie Zinsen und Rendite würde aber kaum jemand in Kauf nehmen, doch es gibt Ausnahmen: Wenn die Investitionen in Unternehmen fließen, die etwa umweltfreundliche Technologien entwickeln oder gesellschaftliche Probleme lösen, würde jeder vierte Befragte (25 %) “eventuell auch etwas schlechtere Konditionen in Kauf nehmen”.Nachhaltigkeit hat im Finanzvertrieb zuletzt deutlich an Bedeutung gewonnen. Bei der Auflage neuer Fonds etwa wimmelt es mittlerweile von nachhaltigen Varianten. Im Neugeschäft von Publikumsfonds haben konventionelle Produkte insgesamt im ersten Halbjahr unterm Strich Abflüsse verzeichnet, während nachhaltige Fonds Milliarden eingesammelt haben. Ein wesentlicher Treiber der Entwicklung ist die Regulierung, die absehbar Fondsgesellschaften zu mehr Transparenz verpflichten und die Frage zur Nachhaltigkeit im Produktvertrieb verankern wird.Die privaten Anleger sind jedoch gespalten, wie Umfrage für Umfrage zeigt. So hatte die deutsche Finanzaufsicht BaFin bereits 2019 berichtet, dass zwar eine Mehrheit ein gutes Gefühl hätte, wenn sie mit einer Investition “gleichzeitig etwas Gutes tun” könnte. Mit 38 % zeigten sich anders als in der PwC-Umfrage sogar auffällig viele Menschen bereit, für eine nachhaltige Geldanlage eine geringere Rendite in Kauf zu nehmen. Zugleich ist ebenfalls einer Mehrheit nicht oder teilweise nicht klar, wie die Anlagen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Auch gab eine Mehrheit zu Protokoll, den Anbietern nachhaltiger Produkte nicht oder nur teilweise zu trauen. Die Depotdienstleistungsbank Ebase wiederum hatte zu Jahresbeginn berichtet, dass für knapp die Hälfte der Anleger das Thema Nachhaltigkeit in der Geldanlage nicht entscheidend sei. Und die Fondsgesellschaft Union Investment hat festgehalten, dass aus Sicht von Bankberatern – also der Verkäufer von Finanzprodukten – Nachhaltigkeit im Vergleich zu den Anlagezielen Sicherheit, Rendite und Liquidität nur selten obenan steht.