Westend Bank reitet die Sachwerte-Welle
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Im Zuge des Runs auf Sachwerte hat eine kleine Spezialbank den Weg von Berlin nach Frankfurt gefunden, um am Main verstärkt Partner für Kooperationen zu suchen. Ihre Bilanzsumme von gerade einmal 240 Mill. Euro macht die Westend Bank noch nicht zwingend interessant. Spannender klingt da schon die Geschäftsidee: Das Institut, das rund 20 Beschäftigte zählt, je zur Hälfte auf die Bereiche Markt und Marktfolge verteilt, und sich laut Website bei „Europas führenden Spezialfinanzierern hochwertiger Sachwertdarlehen“ einreiht, nimmt Kunst, Oldtimer, aber auch Immobilienentwicklungen als Sicherheit etwa von wohlhabenden Kunden auf der Suche nach Überbrückungskrediten entgegen.
Dabei haftet der Schuldner allein mit der beliehenen Sicherheit, nicht aber mit seinem sonstigen Vermögen: „Soweit ich es überblicken kann, sind wir das einzige oder eines der wenigen Häuser bundesweit, die im Zuge einer Non-Recourse-Finanzierung nur das Asset für die Darlehensforderung haften lassen“, sagt Thomas Ignatzi, Vorstand der Westend Bank, die nach ihrem Umzug von Berlin nach Frankfurt 2019 keineswegs in dessen Westend, sondern vielmehr im Stadtteil Sachsenhausen ihren Sitz nahm, der Börsen-Zeitung.
Kunden sind seinen Angaben zufolge klassischerweise Sammler, die ihren Bestand ausbauen wollen, Galerien oder auch Restauratoren – die sich angesichts des begrenzten Durchgriffs der Bank aufs Vermögen auf Sicherheitsabschläge von rund 50% gefasst machen müssen. Voraussetzung für die Akzeptanz einer Sicherheit ist Ignatzi zufolge erstens, dass ein Asset marktgängig ist, und zweitens, dass kein Zweifel mit Blick auf Authentizität und Eigentümer besteht. Zur Prüfung stützt sich die Bank in der Regel auf zwei externe Marktwertgutachten, zu der sich eine intern erstellte Expertise gesellt, wie der promovierte Bankrechtler, vor seinem Eintritt in den Vorstand der Westend Bank für die HSH Nordbank, Deutsche Leasing sowie in der Geschäftsleitung der IKB Leasing als Verantwortlicher für Treasury, Recht und Compliance tätig, erläutert. Daraus folgt die Anforderung, dass ein von der Westend Bank gewährtes Darlehen mindestens ein Volumen von 500000 Euro haben muss und jedes einzelne, diesen Kredit besichernde Asset einen Wert von mindestens 100000 Euro. Am liebsten verleihe die Bank Geld für zwei bis drei Jahre, in welchen sie regelmäßig die Marktwerte überprüfe, so Ignatzi.
Alte Meister? Nein danke
Gemälde alter Meister fasst die Bank dabei eher mit spitzen Fingern an – wegen des Fälschungsrisikos, wie Ignatzi sagt. Dasselbe gilt für Werke des Expressionismus aus den Jahren 1890 bis 1930. Wohl fühlen sich die kunstverständigen Banker dagegen mit Arbeiten aus der Zeit nach 1945 und mit Namen von etablierten Größen wie Warhol, Pollock, Kahlo, Uecker, Richter oder Rauch. Als Spezialbank, die kein Handelsbuch, keine Kapitalmarktaktivitäten, keine Vermögensverwaltung und nicht einmal Einlagengeschäft hat, stützt sich das Haus auf die Refinanzierung durch andere Banken, deren Namen Ignatzi nicht nennen will.
Im vergangenen Jahr habe sich die Bank gut entwickelt, berichtet er, ohne ins Detail gehen zu wollen. Mit dem Ergebnis sei er sehr zufrieden, die Bilanzsumme habe über Plan zugelegt. Die niedrigen Zinsen befeuerten die Nachfrage nach alternativen Assets, was deren Preise stütze. In der Pandemie fehle freilich der persönliche Kontakt zu Kunden auf Auktionen oder Messen. Für 2019 hatte die Bank ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von rund 1,3 Mill. Euro gezeigt nach 940000 im Jahr davor. Zur Zahl der Kunden äußert sich Ignatzi nicht.
Kooperationen anbahnen
Klar ist freilich: Es darf ein bisschen mehr sein. Deshalb will das Haus vermehrt Kooperationen mit Banken anbahnen, die ihm Kunden zuführen sollen. Im Auge hat er dabei Privatbanken und Vermögensverwalter, aber auch größere Sparkassen oder auch die DZPrivatbank. „Wir kommen Banken und ihrem ureigenen Geschäftsmodell nicht in die Quere“, wirbt Ignatzi für die Westend Bank. „Da kann man sehr kollegial miteinander umgehen.“ Wie man sich die Gebühren dabei aufteile, sei eine Frage des Dialogs.
Was die Art der Aufteilung von Erträgen angeht, will sich der Manager ebenso wenig in die Karten schauen lassen wie in der Frage nach der Höhe der Kreditzinsen. Diese seien hochindividuell, könnten aber schon einmal zweistellig sein, sagt er.
Da kunstbesicherte Finanzierungen derzeit noch deutlich überwiegen, will die Bank vor allem die Kreditfinanzierung mit Hilfe von Automobilen ausbauen. „Im Oldtimer-Segment sehen wir eine Öffnung über Sammler hinaus hin zu Händlern. Gleiches gilt im Kunstbereich für die Galerien“, sagt Ignatzi. Dabei greife das Haus bei Finanzierungen mit Hilfe von Oldtimern gerne auf das Instrument der Sicherungsübereignung zurück. Das Auto dient dabei als Sicherheit, verbleibt aber im Showroom des Händlers. Diversifikation im Kreditportfolio will Ignatzi über eine Vielzahl unterschiedlicher Kreditnehmer erreichen, ferner mit einer Spreizung über verschiedene Kunstwerke und Künstler bzw. Automarken. „Wir fokussieren nicht auf Verwertung“, verspricht er: „Das zweite und das dritte Geschäft ist mir lieber als das erste.“