Millionenschwere Vergleiche

Whatsapp-Wirbel an der Wall Street

Die SEC hat neue millionenschwere Vergleiche mit Wall-Street-Firmen geschlossen, die gegen Dokumentationspflichten verstoßen haben sollen. Nach großen Investmentbanken stehen nun auch Anlageberater und Broker-Dealer unter Druck. In der Branche ruft der erweiterte Fokus der Kampagne Kritik hervor.

Whatsapp-Wirbel an der Wall Street

Whatsapp-Wirbel an der Wall Street

US-Aufsicht weitet Vorgehen gegen Nutzung privater Messaging-Dienste im Finanzsektor aus – Neue Millionen-Vergleiche

Die SEC hat neue millionenschwere Vergleiche mit Wall-Street-Firmen geschlossen, die gegen Dokumentationspflichten verstoßen haben sollen. Nach großen Investmentbanken stehen nun auch Anlageberater und Broker-Dealer unter Druck. In der Branche ruft der erweiterte Fokus der Kampagne Kritik hervor.

xaw New York

Die US-Börsenaufsicht SEC weitet ihr Vorgehen gegen die Nutzung privater Messaging-Dienste im Finanzsektor aus. So hat die Behörde neue millionenschwere Vergleiche mit 26 Wall-Street-Firmen geschlossen, deren Mitarbeiter sich über Anwendungen wie Whatsapp zu dienstlichen Inhalten ausgetauscht und damit gegen Dokumentationspflichten verstoßen haben sollen.

Auch CFTC greift durch

Die ehemalige American-Express-Sparte Ameriprise, die Investmentberatungen Raymond James und Edward Jones sowie der Broker-Dealer LPL Financial zahlen jeweils 50 Mill. Dollar. Insgesamt hat die SEC in der aktuellen Runde Zivilstrafen von mehr als 390 Mill. Dollar verhängt. Hinzu kommen Zahlungen an den Derivate-Regulator CFTC, der mit drei der betroffenen Firmen – TD Bank, der von dieser übernommenen Cowen and Company sowie Truist Bank – separate Vergleiche geschlossen hatte. Das Gesamtvolumen der abzuführenden Summen liegt damit bei über 475 Mill. Dollar.

Das Vorgehen gegen die „weit verbreiteten und lang anhaltenden“ Verstöße zeige, dass die Aufseher „der Einhaltung von Buchführungs- und Dokumentationsanforderungen der Bundeswertpapiergesetze verpflichtet bleiben, die für den Investorenschutz und die Funktion der Märkte essenziell sind“, teilte Gurbir Grewal, der Direktor der SEC-Vollstreckungsabteilung, mit. Die Nutzung Ende zu Ende verschlüsselter Messaging-Dienste beschneide die Fähigkeit der Aufsicht, die Kommunikation von Finanzdienstleistern effektiv zu kontrollieren. Nun hätten die betroffenen Häuser zusätzlich zu den Strafen Unterlassungserklärungen abgegeben.

SEC-Vollstreckungsdirektor Gurbir Grewal ist die Nutzung von Whatsapp durch Bankmitarbeiter ein Dorn im Auge. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Yuki Iwamura.

Einige der 26 Firmen hätten sich dadurch vom Rest abgehoben, dass sie Regelverletzungen vor dem Start der behördlichen Untersuchung selbst angezeigt hätten. Diese bekamen deutlich niedrigere Strafen aufgebrummt: Der Assetmanager P. Schoenfeld muss 1,25 Mill. Dollar zahlen, die Hongkonger Investmentbank Haitong International Securities, die als Market Maker an der Nasdaq aktiv ist, lediglich 400.000 Dollar.

Kritik aus der Branche

Branchenvertreter kritisieren, dass die SEC mit der Ausweitung ihrer Anti-Messaging-Kampagne ihre Kompetenzen überschreite. Der Assetmanagement-Verband Investment Company Institute monierte in einem Brief an die Aufsicht zuletzt, diese betreibe mit ihrem aktuellen Vorgehen „Regelsetzung durch Vollstreckung“. Für Anlageberater und Broker-Dealer gälten schließlich andere Anforderungen als für große Investmentbanken, die der Regulator zunächst in den Fokus genommen hatte.

J.P. Morgan zahlte bereits 2021 im Rahmen eines Vergleichs mit der Börsenaufsicht und der Derivate-Behörde CFTC 200 Mill. Dollar, um zivilrechtliche Klagen wegen Lücken in der Dokumentation beizulegen. Seither hat die SEC in ähnlichen Fällen mehr als 2 Mrd. Dollar an Strafen gegen dutzende Banken und Finanzdienstleister verhängt. Neben anderen führenden US-Instituten wie Bank of America und Citigroup waren darunter auch die französische BNP Paribas und die Deutsche Bank. Das Frankfurter Geldhaus kürzte Mitarbeitern, die private Messaging-Dienste unzulässigerweise für die geschäftliche Kommunikation nutzten, laut Insidern die Boni für 2022 – mitunter wohl empfindlich. Auch Disziplinarmaßnahmen drohte die Bank, die nach dem Whatsapp-Wirbel eine neue Kommunikationssoftware einführte, damals an.

Private Equity im Fokus

TD Bank und Edward Jones betonten nach der jüngsten Vergleichsrunde nun ebenfalls, mit den Regulatoren kooperiert zu haben. Sie hätten Schritte eingeleitet, um sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter sich bei der elektronischen Kommunikation an geltende Vorschriften hielten. Derweil hat die SEC im Rahmen ihrer Kampagne auch große Private-Equity-Häuser in den Fokus genommen. Blackstone, TPG und Carlyle führen nach eigenen Angaben Gespräche über mögliche Vergleiche in Bezug auf Verstöße gegen Dokumentationspflichten. Die beiden erstgenannten Gesellschaften stellten dafür in der ersten Jahreshälfte bereits Mittel in nicht näher bezifferter Höhe zurück.

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