White & Case erwartet Übernahmen von Zahlungsdienstleistern

US-Kanzlei rechnet bundesweit mit Aktivität - Bankgeschäft wieder attraktiv - "Strategischer Hunger" treibt Erwerb von Fintechs

White & Case erwartet Übernahmen von Zahlungsdienstleistern

bn Frankfurt – Die US-Kanzlei White & Case prognostiziert für das kommende Jahr weitere Fusionen und Übernahmen “über alle Teilsektoren der Finanzindustrie hinweg”, vor allem im Zahlungsdienstleistungsgeschäft. Angesichts eines sich schnell verändernden Marktumfelds seien Zusammenschlüsse notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Marktanteile zu gewinnen, argumentieren die Juristen in einem Ausblick auf 2018. Dabei sei auffällig, dass im deutschen Geschäft zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise deren Aufarbeitung nicht mehr im Vordergrund stehe. Allein Banken mit einem hohen Anteil an Schiffskrediten wie die HSH Nordbank, Nord/LB oder die DVB stünden noch im Zeichen der Krisenbewältigung. Hohe BewertungenVielmehr trieben der technologische Wandel und die Branchenkonsolidierung den Trend zu Zusammenschlüssen, und zwar bei durchaus hohen Bewertungen. Mit Blick auf das bundesweite Zahlungsdienstleistungsgeschäft verweist die Kanzlei, die sich Hoffnungen auf entsprechende Beratungsmandate machen dürfte, etwa auf den Verkauf von Concardis zu Beginn dieses Jahres oder auf den Erwerb von Heidelpay durch Anacap. Dieser Trend werde sich 2018 ungebrochen fortsetzen, heißt es. Der Prozess zur Suche nach einem strategischen Partner für BS Payone, den Zahlungsverkehrsdienstleister der Sparkassengruppe, läuft bereits, wie White & Case zu bedenken gibt.Im kommenden Jahr starte zudem der Verkaufsprozess für die Zahlungsverkehrseinheit des Schweizer Börsenbetreibers SIX, heißt es mit Blick ins Ausland. Da der Zahlungsdienstsektor auch im Fokus von strategischen Bietern und von Beteiligungsgesellschaften stehe, seien hohe Bewertungen auch 2018 wahrscheinlich. “Wir gehen davon aus, dass besonders der Payment-Bereich die M & A-Aktivitäten insgesamt weiter befeuert”, sagt Roger Kiem, Partner der Kanzlei. Mit einem Volumen von umgerechnet rund 200 Mrd. Dollar hat sich der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen schon im ablaufenden Jahr auch abseits des Finanzsektors überdurchschnittlich groß gezeigt (siehe Grafik).Nachdem der Börsengang der österreichischen Bawag vor Augen geführt habe, dass Bewertungen für Retailbanken über deren Buchwert wieder möglich seien, erscheine manches börsennotierte Kreditinstitut als unterbewertet, argumentieren die Juristen. Der Einstieg von Cerberus bei Commerzbank und Deutsche Bank dürfte somit “nur der Anfang eines breiteren Trends sein”.Im Fintech-Sektor macht White & Case unterdessen global einen “strategischen Hunger” nach Fusionen und Übernahmen aus. Für Beteiligungsgesellschaften blieben Fintech-Gesellschaften im Fokus, und auch etablierte Finanzinstitute stellten die aufstrebenden Firmen in den Mittelpunkt ihrer Investitionserwägungen, wird argumentiert. Globale Banken und Versicherer schauten sich dabei zunehmend nach Fintechs im Bereich der Marktinfrastruktur um, da sie sich von diesen eine Verbesserung bei der Steuerung ihrer Kosten versprächen.Im Kundengeschäft tätige Fintechs entfalteten unterdessen eine zunehmend “disruptive” Wirkung auf traditionelle Retail-Banking-Modelle. Denn ihre Lösungen böten ein intuitives Nutzererlebnis, das gewöhnliche Anbieter im Massengeschäft vermissen ließen. Gleichwohl finde diese Durchdringung nicht gleichmäßig auf breiter Front statt. So vollziehe sich diese in der Assetmanagementbranche eher graduell.Vor diesem Hintergrund prognostiziert White & Case für das kommende Jahr eine Ausweitung des Fintech-Sektors sowohl durch erfolgreiche Finanzierungsrunden als auch durch Zukäufe. So werde laut dem Bericht der Appetit von Private-Equity-Investoren auf Fintechs zunehmen.Bereits erzielte Erfolge von Fintechs dürften ebenfalls Fusionen und Übernahmen antreiben. So würden die ersten Anzeichen einer Anwendung der Blockchain-Technik im Bereich des Fondsvertriebs, grenzüberschreitender Devisengeschäfte sowie in der Wertpapierabwicklung registriert, heißt es. Im Auge zu behalten sei auch der Trend, dass Beteiligungsgesellschaften Investments in Fintechs über Börsengänge, Veräußerungen oder andere Exit-Strategien zu Geld machen wollten. Im Fokus von White & Case stehen jedoch zugleich Interventionen von Regulatoren in bestimmten Fintech-Feldern wie Initial Coin Offerings oder im Bitcoin-Differenzkontrakthandel. Neue PartnerschaftAls Beispiel für Erfolge im Fintech-Sektor zählen die Juristen unter anderem den Kauf und Verkauf von Fondsanteilen via Blockchain durch den britischen Fondsdienstleister Calastone auf, ferner Fondsvertrieb auf Basis des dezentralen Registers durch Natixis.Fallstudien wie diese zeigten, dass andere traditionelle Institute nicht abwarten sollten, wie sich Fintechs entwickeln. Als Beleg ihrer These ziehen die Juristen erste Übernahmen und Joint Ventures heran wie die Partnerschaft von Royal Bank of Scotland mit dem mit Hilfe der Blockchain operierenden Start-up R3 CEV, die Übernahme des Transaktionsabwicklers Elavon durch Santander oder den Kauf des automatischen Vermögensverwalters Gambit Financial durch BNP Paribas.