Wie Apple, Google und Co. das Bankwesen abstecken

US-Technologieriesen tasten sich über Zahlungsdienste an das Geschäft heran - EU-Regeln erleichtern Einstieg - Deutsche Kreditbranche sieht Grenzen

Wie Apple, Google und Co. das Bankwesen abstecken

Von Carina Iris Kautz, FrankfurtAmazon, Apple, Facebook, Google, Microsoft: Die Namen der fünf weltgrößten Technologie-Firmen stehen für Innovation und Disruption im Technologiesektor – werfen ihre Netze aber auch zunehmend außerhalb der bekannten Gefilde aus. Dass die Internet-Riesen bereits seit Jahren Kundendaten horten und mit ihren weit ausgestreckten Fühlern ihre Anhänger fest im Griff haben, ist bekannt. Weniger bekannt ist allerdings, dass sich die “großen fünf” in den vergangenen Jahren auch schrittweise an das Banken- und Zahlungswesen herangetastet haben.Während die Beziehung zwischen Banken und Fintechs laut offiziellem Tenor auf Kooperation statt Konkurrenz hinauslaufen soll, werden die neuen Rivalen aus der Tech-Ecke von den Instituten eher kritisch gesehen. “Den Wettbewerb muss man beobachten”, kommentiert Georg Baur, Mitglied der Geschäftsleitung im Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Auf dem Weg zur “Facebank”?So hat etwa Facebook vor drei Jahren eine irische Banklizenz beantragt – und diese 2016 auch erhalten (vgl. BZ vom 22. 11. 2016). Ein Sprecher des sozialen Netzwerkes erklärt auf Anfrage, dass die Tochter Facebook Payments International von der irischen Zentralbank als elektronisches Geldinstitut zugelassen wurde. Die Lizenz ermögliche es, Produkte wie Wohltätigkeitsspenden auf Facebook oder Peer-to-Peer-Zahlungen über den Nachrichtendienst Messenger auch in Europa einzuführen, nachdem diese bereits in den USA zum Einsatz kommen. Ist Facebook also auf dem Weg zu einer Bank, einer “Facebank” also?Google verfügt Medienberichten zufolge ebenfalls über eine Banklizenz, angeblich bereits seit 2007 – darüber sprechen will der für seine Suchmaschine bekannte Konzern bislang nicht. Offiziell bietet die Alphabet-Tochter derzeit in den USA und in Großbritannien die Smartphone-App Google Wallet an. Über die virtuelle Zahlungsplattform können Nutzer Geld von ihrem Bankkonto transferieren, überweisen und auch damit zahlen. Dazu gibt es einen Zahlungsdienst, den Nutzer durch die Anmeldung in ihrem Google-Konto etwa bei Online-Händlern anwenden können. Zusätzlich haben Nutzer mit Android Pay die Möglichkeit, an Kassen mit dem Smartphone via Near Field Communication (NFC) zu zahlen. Die Funktion steht bisher nur in ausgewählten Ländern zur Verfügung, neben den USA und Großbritannien unter anderem auch in Russland.Der Technologieriese Apple hat mit Apple Pay ein Zahlungssystem für hauseigene Mobilgeräte installiert – neben den USA ist der Dienst unter anderem in Großbritannien, China, Frankreich, Italien, Spanien und der Schweiz verfügbar. Das System arbeitet ebenfalls via NFC sowie über die Apple-App Wallet. Wie Facebook soll Apple eine irische Banklizenz für den europäischen Marktzugang beantragt haben, wozu sich der Konzern allerdings nicht äußert. Auch zu einer möglichen Einführung von Apple Pay in Deutschland hält sich das Unternehmen auf Anfrage bedeckt – auch wenn sich Spekulationen über ein Herannahen häufen.Amazon, einst Online-Magnat für Bücherhandel, mittlerweile digitale Anlaufstelle für alle möglichen Angebote, bietet seit 2011 auch in Deutschland den Zahlungsdienst “Amazon Pay” an, den Händler auf ihrer Website als Zahlungsoption integrieren können. Damit können Amazon-Kundenkonten auch bei Onlineshops genutzt werden, die nicht zu Amazon gehören, ohne dass Zahlungsdaten offengelegt werden. Ob eine Banklizenz folgen soll? Auf Anfrage erklärt der Konzern lediglich, man mache “keine zukunftsgerichteten Aussagen”.Der US-Software-Hersteller Microsoft verfügt Medienberichten zufolge in den USA mit der Tochtergesellschaft Microsoft Payments über eine Lizenz für Finanztransfers. Eine Sprecherin von Microsoft teilte auf Anfrage jedoch mit, der Konzern gebe “zu diesen spezifischen Fragen keine Informationen heraus”. Richtlinie ermöglicht ZugangSchon bald könnten sich die Spielregeln zugunsten der Technologiekonzerne verschieben. Denn bis Januar kommenden Jahres soll in Deutschland die EU-Richtlinie PSD2 umgesetzt werden – und das dürfte die Lage noch einmal verändern. Die überarbeitete Payment Services Directive zielt darauf ab, Verbraucher bei Online-Zahlungen besser zu schützen, innovative Online- und Mobilfunkzahlungen zu fördern und grenzüberschreitende europaweite Zahlungsdienste sicherer zu machen. Davon sollen vor allem Finanz-Start-ups profitieren.Doch das Vorhaben ist umstritten: Vor allem Banken sehen große Baustellen, was die Vereinbarkeit der geplanten Schnittstelleninfrastruktur mit dem klassischen Digitalisierungsdilemma Datenschutz angeht. “Mit der PSD2 wird Drittdienstleistern die Tür zu den Kunden- und Kontodaten und der Infrastruktur der Banken geöffnet”, sagt VÖB-Vorstandsmitglied Baur. “Letztlich geht es um die Frage, wie weit die Tür künftig geöffnet werden soll und wer durch sie hindurchgehen darf.”Durch eine kostenlose Bereitstellung von Zugangsinfrastruktur über die kontoführende Banken werde zudem Drittdienstleistern ermöglicht, diese kommerziell zu nutzen, kritisiert Michael Rabe, Bereichsleiter für Zahlungsverkehr & Informationstechnologie beim VÖB. Die dabei entstehenden Kosten, etwa für Bereitstellung und Betrieb der Schnittstelle oder die Einrichtung von Test-Systemen, müssten sich somit langfristig in den Kundenpreisen der Banken widerspiegeln. “Auf der anderen Seite ergeben sich natürlich auch für Banken Chancen für neue Geschäftsmodelle – auch über die eigenen Firmen- und Privatkunden hinaus.”Wenn es um die Öffnung der Bankeninfrastrukturen für andere Marktteilnehmer gehe, dürfe es jedoch nicht bei einer einseitigen Öffnung der Infrastrukturen der Banken für andere Marktteilnehmer bleiben, appelliert Baur. Denn im Gegensatz zum koreanischen Technologiekonzern Samsung beschränkt Apple beispielsweise die NFC-Schnittstelle auf die eigene Bezahllösung Apple Pay. “Ein Wunsch an Apple und Co. ist, dass auch umgekehrt die Hardware für Angebote der Banken geöffnet wird.” Dies sei auf Apple-Geräten mit dem Betriebssystem iOS jedoch nicht der Fall.Eine Bedrohung für das Bankgeschäft sehen die VÖB-Experten allerdings nicht. “Tech-Unternehmen wie Google, Apple etc. kommen von einer ganz anderen Seite her. Dabei geht es vor allem um die Auswertung von Daten”, sagt Baur. Allerdings verfügten die globalen Internet-Giganten wegen ihrer täglichen Nutzung durch Kunden weltweit über eine große Reichweite und erhielten damit einen Vorteil durch ihre Marktbeherrschung. Kommt also doch bald die Google-Bank? Regulierung schreckt ab”Insbesondere Zahlungsauslösungen sowie Konto- und Umsatzinformationen dürften Tech-Unternehmen zunächst ausreichen, um Mehrwertdienste zu generieren”, kommentiert Rabe. Diese Dienste passten eher zu den “datenbezogenen Geschäftsmodellen der meisten Tech-Unternehmen”. Der regulatorische Aufwand, der nötig wäre, um darüber hinausgehende Bankdienstleistungen anzubieten, sei zudem für die Techs im Verhältnis zum Nutzen wohl derzeit zu hoch. “Damit ist das Thema Banklizenz für die Tech-Firmen vermutlich nicht so interessant”, schätzt Rabe.