Wie eine Gründung mit besseren Startbedingungen

Die Nachfolgeplanung muss das Thema Finanzierung frühzeitig aufgreifen

Wie eine Gründung mit besseren Startbedingungen

Dr. Axel NawrathVorsitzender des Vorstands der L-BankIn kleinen und mittelgroßen Betrieben gehen in näherer Zukunft viele Firmenchefs in den Ruhestand. Das kommt nicht überraschend, schließlich macht die demografische Kurve auch vor den Werkstoren nicht halt. Seit Jahren schon machen deshalb die Wirtschaftskammern und Wirtschaftsverbände auf die sich abzeichnende Nachfolgelücke aufmerksam. Zugleich haben sie vielfältige und lobenswerte Initiativen gestartet, um Firmenschließungen mangels Nachfolger soweit es geht zu vermeiden. Trotzdem erreichen immer mehr Firmenchefs das Ruhestandsalter ohne geregelten Generationswechsel. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Wirtschaftskraft des Landes. Und Grund genug, nicht nur auf die starke und wachsende Start-up-Szene mit jungen Hightech-Unternehmen zu schauen.Die Nachfolgeplanung muss früh beginnen, gerade auch was das Thema Finanzierung anbetrifft. Der Trend ist eindeutig: Übernahmen werden immer teurer. Der Finanzmittelbedarf für einen Nachfolger steigt. Wir begleiten die baden-württembergischen Nachfolger bei dieser Herausforderung. Die Unterstützung beim Generationenwechsel ist ein elementarer Teil unserer Gründungsförderung. Gut 40 % des dort ausgereichten Kreditvolumens entfallen jedes Jahr auf die Nachfolgefinanzierung. Das letztjährige Rekordvolumen in der Existenzgründungsförderung – mit 659 Mill. Euro war es so hoch wie noch nie – wurde maßgeblich durch erfolgreiche Nachfolgefinanzierungen erreicht.Gerade in der schwierigen Anfangsphase ist es dabei für die Firmen von großem Vorteil, dass sie nicht nur eine zinsgünstige Finanzierung mit langen Laufzeiten und tilgungsfreien Anfangsjahren nutzen können, sondern bei Bedarf auch noch Bürgschaften erhalten. Hierbei kooperieren wir mit unserem starken Partner, der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. Im abgelaufenen Jahr haben wir – im Auftrag der Landesregierung – gerade an dieser Stelle unser Angebot explizit auch für Nachfolgevorhaben nachgeschärft und unter anderem ein spezielles Nachfolgefenster in unserem Förderprogramm “Gründungsförderung” eingebaut. Im Rahmen dieses Fensters verbürgt die Bürgschaftsbank bei Bruttodarlehensbeträgen bis zu 500 000 Euro in der Regel 80 % des Darlehensbetrags.Ein Paradebeispiel eines gelungenen Generationswechsels ist die JAMARA e. K. in Aichstetten bei Memmingen. Mutig und konsequent haben Manuel und Erich Natterer die Firmenübergabe über die Bühne gebracht, zuvor aber trotzdem sorgfältig geplant. Sohn Manuel war gerade einmal 27 Jahre alt, als er 2014 den zu den größten Spielwaren- und Modellbaugroßhändlern Europas zählenden Betrieb mit seinen rund 100 Mitarbeitern übernahm. Ein mutiger Schritt, in so jungen Jahren ein ganzes Unternehmen zu schultern. Aber auch für Firmengründer und Senior Erich Natterer sicherlich nicht ganz einfach, seinem Sohn bereits mit 61 Jahren die Verantwortung für sein Lebenswerk in die Hände zu legen. Viele denken da noch lange nicht ans Aufhören. Der Weg von Erich Natterer war ein klassischer: Als gelernter Elektriker hatte er JAMARA 1973 als Einzelhandelsunternehmen für Modellbau gegründet und über Jahrzehnte hinweg zu einem florierenden Großhandelsunternehmen ausgebaut. Dabei suchte er immer wieder nach Wegen, sein Geschäft zu vergrößern und den Erfolg zu optimieren. So sah er nach der Jahrtausendwende, dass bei Kinderspielzeug bis 25 DM und bei Modellbau ab 100 DM ein Bedarf bestand, den er mit neuen Produkten decken konnte. Die Folge: ein ordentlicher Wachstumsschub. Ständiges Hinterfragen des Angebotsspektrums, seine Ausrichtung an den Kundenwünschen, die Suche nach Marktlücken – eine Strategie, die sein Sohn nach der Übernahme beibehielt.Junior Manuel Natterer hat die Entwicklung des Familienbetriebes hautnah miterlebt. Trotzdem machte er seine Ausbildung und die ersten beruflichen Schritte in einem anderen Unternehmen. Zugleich einigten sich die Familienmitglieder aber schon Jahre vor der eigentlichen Nachfolge, dass Manuel Natterer eines Tages die Firmengeschicke lenken sollte. Der Jungunternehmer sagt selbst: “Bei der Übernahme war ich zwar jung an Jahren, aber gut vorbereitet.”An dieser Stelle kam dann auch die professionelle Unterstützung bei der Beratung und Finanzierung der Übernahme ins Spiel. Beim Generationenwechsel wurde Manuel Natterer von seiner Hausbank, der Kreissparkasse Ravensburg, auf unsere “Gründungsfinanzierung” aufmerksam gemacht. Mit diesem Förderprogramm werden Unternehmen bis zu fünf Jahre nach Gründung beziehungsweise Übernahme mit lang laufenden zinsverbilligten Darlehen bis zu einer Darlehenshöhe von 5 Mill. Euro unterstützt. Die solide Finanzierung ist Teil der Grundlage für die Weiterentwicklung von JAMARA. Die zahlreichen dezentralen Lager wurden durch den Bau einer großen Halle an einem Standort zusammengefasst und so eine moderne Logistikabwicklung mit verkürzten Lieferzeiten erreicht. Und als könnte es anders sein, schaut die Familie Natterer am Ende des Tages über den Tellerrand hinaus und fühlt sich nicht nur für den eigenen Betrieb und die Mitarbeiter verantwortlich, sondern auch für jene, denen es deutlich schlechter geht und die aus Kriegs- oder Krisengebieten fliehen mussten. Heute arbeiten beispielweise zwei Geflüchtete aus Gambia im Bereich Lager und Logistik. Die Natterers sind damit auch ein Stück weit ein Vorbild: im sozialen Engagement, im wirtschaftlichen Erfolg und nicht zuletzt bei der professionellen Umsetzung des Generationswechsels.Für den Standort Baden-Württemberg sind solche Nachfolgen Glücksfälle. Sichern sie doch die bestehenden Arbeitsplätze und schaffen zusätzliche Perspektiven. Vor allem aber sind sie eine Frischzellenkur für den heimischen Mittelstand. Sie treiben den Fortschritt voran. Nicht zuletzt lösen langfristig erfolgreiche Gründungen und Übernahmen auch Dank der L-Bank Förderprogramme beachtliche volkswirtschaftliche Effekte aus – für uns als Förderbank des Landes Argument genug, beim anstehenden Generationswechsel auch weiterhin mit Nachdruck am Ball zu bleiben.