FINANZTRANSAKTIONSSTEUER

Wie lange noch?

Seit mehr als fünf Jahren wird offiziell über die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer - der "FTT" - verhandelt. Die ersten Zweifel daran, dass es tatsächlich jemals dazu kommen wird, kamen auf, als sich gerade mal 11 der 28 Länder...

Wie lange noch?

Seit mehr als fünf Jahren wird offiziell über die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer – der “FTT” – verhandelt. Die ersten Zweifel daran, dass es tatsächlich jemals dazu kommen wird, kamen auf, als sich gerade mal 11 der 28 Länder für dieses Vorhaben gewinnen ließen. Die Zweifel wuchsen, als sich die nationalen Verhandlungsdelegationen immer stärker in Kontroversen verhakten, je konkreter sie Details besprachen: Ausnahmen für Derivate auf Staatsschuldtitel, Ausnahmen für Marketmaking, Ausnahmen für die Absicherung realer Warengeschäfte, Ausnahmen für dies und jenes und noch mehr. Mehrere kleinere Staaten machten zuletzt immer lautstärker deutlich, sie seien nicht bereit, so viele Ausnahmen zu akzeptieren, dass letztlich der Aufwand der Einführung deutlich über den erwarteten Erträgen liegen würde. Estland war schließlich das erste Mitglied der FTT-Gemeinde, das die Konsequenzen zog und seine Clubkarte zurückgab. Da waren’s nur noch zehn.Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling hat jetzt Spekulationen angeheizt, dass auch Belgien und Slowenien bald aussteigen. Dann wäre die Sache gescheitert, denn mindestens neun müssen es sein. Nun ist Schelling für so manche Dampfplauderei – gerade zu diesem Thema – bekannt. Seine Äußerungen sind daher mit Vorsicht zu genießen. Andererseits: Belgien gilt bekanntermaßen als Wackelkandidat. Und ein Ausstieg Sloweniens – und sogar der Slowakei – würde nicht völlig überraschen. Kurz: Schellings Szenario ist realistisch.Sollte es tatsächlich zu einem Ende der Verhandlungen kommen, wäre das kein Unglück. Aus Sicht der Gegner dieser Steuer sowieso nicht. Und auch die Anhänger einer Besteuerung spekulativer Finanzgeschäfte müssen sich fragen, ob dieses Ziel im Rahmen des Zehnerclubs überhaupt noch erreichbar ist. Ausweichmöglichkeiten gibt es viele. Und bis heute ist unklar, wie denn eigentlich die Steuer für den Kauf eines Bund-Future auf einer japanischen Handelsplattform oder für den Kauf kanadischer Aktien durch eine deutsche Bank zuverlässig eingetrieben werden kann.Nein, es wäre an der Zeit, die ohnehin halbherzig geführten Beratungen über eine sowieso verwässerte Finanzsteuer abzubrechen. Ehrlicher wäre es, darüber zu reden, ob es überhaupt noch den politischen Willen gibt, Finanztransaktionen in Europa staatlich zu verteuern. Falls dem so sein sollte, ist die FTT ein ungeeignetes Mittel – das zumindest haben die fünfjährigen Beratungen bewiesen.