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Wieder nur ein Stop-over für die Bankenvergütung

Das Inkrafttreten der zum wiederholten Male novellierten Institutsvergütungsverordnung markiert wieder nur einen vorläufigen Schlusspunkt für die Regulierung der Bankenvergütung.

Wieder nur ein Stop-over für die Bankenvergütung

Das Inkrafttreten der zum wiederholten Male novellierten Institutsvergütungsverordnung („InstitutsVergV 4.0“) markiert wieder nur einen vorläufigen Schlusspunkt für die Regulierung der Bankenvergütung. Seit mehr als zehn Jahren verordnen Gesetzgeber und Aufseher den betroffenen Instituten immer wieder Nachbesserungen, die der Vergütungspraxis ständigen Handlungsbedarf bescheren. In der Wahrnehmung der Vergütungsempfänger verringert sich dadurch die den finanziellen Incentives zugerechnete Anreizwirkung immer weiter. Nicht überraschend stellen immer häufiger Institute ihre Bonussysteme auf den Prüfstand, um das Verhältnis von Compliance-Aufwand und Anreizwirkung zu optimieren.

Die Anpassung der InstitutsVergV war notwendig geworden, um letzte Neuerungen der EU-Capital Requirements Directive (CRD V) aus dem Jahr 2019 in nationales Recht umzusetzen. Mit dem Risikoreduzierungsgesetz vom 9. Dezember 2020 hatte der Gesetzgeber bereits erste Eckpunkte im Kreditwesengesetz verankert. Hierzu zählen die Klärung des Anwendungsbereichs durch Einstufung, die Bestimmungen zur Risk-Taker-Ermittlung und die weiteren Erleichterungen für Förderinstitute.

Vielfach unterschätzt

Die Neuregelungen der InstitutsVergV 4.0 sind am 25. September 2021 in Kraft getreten und ohne Übergangsfristen anzuwenden. Betroffen sind alle Institute und dabei insbesondere die große Anzahl der nichtbedeutenden Institute. Erste Erfahrungen aus der Umsetzungspraxis zeigen, dass die Auswirkungen vielfach unterschätzt werden.

Erfreulich ist, dass die Regulatoren verstanden haben, dass die große Gruppe der regulierten Institute auch solche umfasst, deren Risikoprofil von dem klassischer Kreditinstitute abweicht: So haben die Wertpapierinstitute künftig einen eigenen Aufsichtsrahmen, der aus dem KWG herausgelöst wurde. Leasing- und Factoring-Unternehmen fallen nicht mehr unter den Anwendungsbereich der InstitutsVergV. Erleichterungen für die öffentlich-rechtlichen Förderinstitute wurden ausgeweitet.

Von den Instituten, die weiter vom CRD-/KWG-Vergütungsregime be­troffen sind, ist die große Mehrheit klein oder mittelgroß. Gerade diese als nichtbedeutend eingestuften Institute sollten eigentlich durch mehr Proportionalität entlastet werden. Die Neufassung der Einstufungssystematik und die erstmalige Pflicht zur Bestimmung von Risk-Takern bringen stattdessen zusätzliche Belastungen. Hinzu kommt, dass auch für nichtbedeutende Institute unter bestimmten Voraussetzungen die besonderen Anforderungen an die Vergütungssysteme dieser Risk-Taker umzusetzen sind. Im Windschatten der neuen Risk-Taker-Regelungen sind zudem erweiterte Offenlegungsanforderungen umzusetzen.

Die bisherige klare Abgrenzung, wonach die besonderen Anforderungen an die Risk-Taker-Vergütung nur von den wirklich großen Instituten anzuwenden sind, verwischt. Bislang hatten nur bedeutende Institute Personen zu ermitteln, die durch ihre Aufgaben und Verantwortlichkeiten Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts haben. Nach der Neuregelung haben alle Institute – und damit erstmals auch die über 1600 nichtbedeutenden Institute – Risk-Taker zu ermitteln: Neben den Mitgliedern des Aufsichtsgremiums und der Geschäftsleitung sind weitere Mitarbeiter als Risk-Taker einzustufen. Hierzu zählen alle direkt an die Geschäftsleitung berichtenden Führungskräfte und Führungskräfte weiterer Führungsebenen, sofern sie wesentliche Geschäftsbereiche oder Kontrollfunktionen leiten. Hinzu kommen Mitarbeiter, denen im Vorjahr eine Gesamtvergütung von 500000 Euro gewährt wurde. Nur die bedeutenden Institute haben zudem weitere Risk-Taker zu identifizieren. Dabei sind die einheitlichen Kriterien der European Banking Authority (EBA) anzuwenden, die inhaltlich überarbeitet wurden und als EU-Verordnung in Kraft sind.

Vordergründig betrachtet bringt die InstitutsVergV 4.0 für die als bedeutend eingestuften Institute nur punktuelle Verschärfungen. Diese betreffen die Auszahlungsbedingungen für die variable Vergütung der identifizierten Risk-Taker. Da in der Praxis aber wohl gut 90% aller Risk-Taker in diesen Instituten von den Neuerungen betroffen sein werden, ist der Handlungsbedarf dennoch groß. Die Vergütungsvereinbarungen mit diesen besonders erfolgskritischen Mitarbeitern sind damit zum wiederholten Mal anzupassen. Die notwendigen Anpassungen werden in der Wahrnehmung der Betroffenen die Attraktivität ihrer variablen Vergütung weiter verringern.

Durch die Ausweitung der Ermittlung von Risk-Takern auf die nichtbedeutenden Institute fallen auch die kleineren Institute ab dem Vergütungsjahr 2021 unter die CRR-Offenlegungsanforderungen. Hierfür wurde die Liste der zu veröffentlichenden Angaben vom EU-Gesetzgeber geschärft. Die Umsetzungsanforderungen wurden vom EU-Gesetzgeber im Rahmen einer ergänzenden Durchführungsverordnung weiter konkretisiert. Zusätzlich fordert der deutsche Gesetzgeber in der InstitutsVergV weitere Vergütungsangaben auch zu den Nicht-Risk-Takern. Insgesamt wurden gerade für die nichtbedeutenden Institute die Offenlegungsanforderungen deutlich verschärft: Kleine Institute mit einer Bilanzsumme bis 3 Mrd. Euro sind nicht länger von der Offenlegung befreit. Ergänzend zu den Risk-Takern sind zusätzliche quantitative Angaben zum Gesamtbetrag aller Vergütungen, unterteilt in fix und variabel, zu veröffentlichen.

Die Aufseher legen auch zunehmend mehr Wert auf das Funktionieren der internen Vergütungscompliance. Im Mittelpunkt steht bei den bedeutenden Instituten der Vergütungsbeauftragte. Sein Aufgaben- und Pflichtenheft wurde ebenso erweitert wie sein fachliches Anforderungsprofil geschärft. Damit gerät die Vergütungsgovernance insgesamt noch stärker in den Fokus in- und externer Prüfungen.

Weitere Verschärfungen

Die kritische Sicht der Vergütungspraktiker wird durch die noch ausstehende Überarbeitung der BaFin-Auslegungshilfe genährt, die erfahrungsgemäß zu weiteren (Ver-)Schärfungen für nahezu alle Regelungsthemen führen wird. Neben Erfahrungen aus der Aufsichtspraxis werden BaFin und Bundesbank voraussichtlich weitere Anforderungsinhalte aus den zwischenzeitlich von der European Banking Authority (EBA) überarbeiteten Leitlinien für die Umsetzung der Vergütungsanforderungen in der Auslegungshilfe zur InstitutsVergV umsetzen.

Die Regulierer haben zunehmend weitere Regulierungsinseln für einzelne Sektoren geschaffen (z.B. Ka­pitalanlagegesellschaften, Wertpa­pierinstitute). Komplexität und Anspruch an die Umsetzer steigen weiter. Das gilt besonders für Unternehmen, die „unter einem Dach“ parallel mehrere von den sektoralen Regelungen umsetzen müssen.

Die Reise geht weiter: Die InstitutsVergV 5.0 ist für spätestens 1. Januar 2023 avisiert. Mit dem Inkrafttreten der Neuregelung zum Puffer der Verschuldungsquote gem. §10j KWG wird diese zeitgleich in die finanzwirtschaftlichen Anforderungen an die Festsetzung des Ge­samtbetrags der variablen Vergütung einfließen.

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