Wiener Bankrivalen Erste und RBI erholen sich rasch
Reuters Wien
Bei den Wiener Geldhäusern Erste Group und Raiffeisen Bank International (RBI) sprudeln dank deutlich niedrigerer Vorsorgen für Kreditausfälle wieder die Gewinne. Die Nachfrage nach Darlehen habe sich einhergehend mit einem Wirtschaftsaufschwung in den Kernmärkten Mittel- und Osteuropas beschleunigt, teilten die Wiener Institute am Freitag mit. Auch konnten die im Coronajahr 2020 in die Höhe geschossenen Risikokosten für faule Kredite deutlich zurückgeschraubt werden. Für das Gesamtjahr zeigten sich die Geldhäuser optimistisch: Die Erste Group rechnet mit einem Kreditwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich. Die RBI kann sich sogar ein Wachstum bis im oberen einstelligen Bereich vorstellen.
Bei der Erste Group schmolzen die Risikokosten im ersten Halbjahr auf 83 Mill. Euro nach 675 Mill. Euro im stark von der Pandemie geprägten Vorjahr. Auch für das Gesamtjahr erwartet das Institut geringere Vorsorgen für Kreditausfälle. Eine genaue Prognose sei schwierig, erklärte die Bank. Der Anteil fauler Kredite (NPL-Quote) sollte aber auf maximal 3% ansteigen, hieß es. Zum Halbjahr lag die Quote bei 2,5%.
Der Gewinn konnte auf 918 Mill. Euro mehr als verdreifacht werden. Die Erste Group verdiente damit mehr als vor der Coronakrise. 2019 hatte der Nettogewinn zum Halbjahr bei 732 Mill. Euro gelegen. Auch im Gesamtjahr will das Institut den Konzerngewinn deutlich steigern, wurde der Ausblick bekräftigt. Das operative Ergebnis verbesserte sich in der ersten Jahreshälfte 2021 um 24% auf 1,69 Mrd. Euro. Getragen wurde das durch einen Zinsüberschuss, ein deutliches Wachstum der Provisionserträge sowie einen Anstieg des Handels- und Fair-Value-Ergebnisses.
Bei der Raiffeisen Bank International stieg der Nettogewinn im ersten Halbjahr um 66% auf 612 Mill. Euro. Die Risikokosten der neben Osteuropa auch in Russland und der Ukraine tätigen Bank sanken auf 110 Mill. Euro nach 312 Mill. Euro. Den Anteil der faulen Kredite nannte das Geldhaus mit 1,7% nach zuvor 1,9%. „Wir sind mit dem Verlauf des ersten Halbjahres sehr zufrieden“, sagte Bankchef Johann Strobl.
Ausschüttungen beginnen
Auf die Lockerung der Empfehlung der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Gewinnausschüttungen reagieren die Institute unterschiedlich: Die Erste Group will im vierten Quartal eine weitere Dividende von 1,00 Euro je Aktie für 2020 zahlen. Für 2021 plant das Bankhaus eine Ausschüttung von 1,60 Euro je Aktie. Die EZB kündigte an, dass Banken in der Eurozone ab Oktober wieder ohne Einschränkungen Gewinne an ihre Aktionäre ausschütten dürfen.
Die RBI hält sich unterdessen zu möglichen Dividendennachzahlungen nach der Aufhebung der EZB-Einschränkungen noch bedeckt. „Wir sind im Gespräch mit der EZB und werden zeitnah unsere Überlegungen konkretisieren“, sagte Bankchef Johann Strobl am Freitag. Das Institut nennt für Gewinnausschüttungen derzeit nur eine grundsätzliche Bandbreite von 20 bis 50% des Konzernergebnisses. Der hohe Spielraum bringt der Bank immer wieder Kritik ein. „Es gibt zwei, drei regulatorische Unsicherheiten, die die kurzfristige Kapitalbasis etwas erschweren“, sagte Strobl. Als Beispiel nannte der Manager die Vollendung der Eigenkapitalvorschriften gemäß Basel III. Sobald das Management mehr Klarheit habe, werde man diese Bandbreite deutlich einengen.
Mit Blick auf den Immobilienmarkt in Österreich zeigt sich die Erste Group besorgt: Das Geldhaus bekommt eine hohe Nachfrage nach Immobilienkrediten zu spüren. Vor allem auf der Privatkundenseite gebe es einen massiven Bedarf an Wohnraumbeschaffung, sagte Bankchef Bernd Spalt. Gleichzeitig warnte er vor steigenden Immobilienpreisen. „Hier sehe ich nicht so sehr die Gefahr, dass Zinssteigerungen die Kredite unerschwinglich machen, sondern dass durch die steigenden Preise die Leistbarkeit vor allem für junge Familien ein echtes Problem wird.“ In manchen Segmenten gebe es bereits eine Überhitzung, die Entstehung einer Blase im Immobiliensektor sieht Spalt aber nicht.
Der Erste-Group-Chef verwies auf den geförderten Wohnungsbau samt geförderten Mietwohnungen in Österreich. „Diese Genossenschaftsstrukturen nehmen extrem viel an Preisinflation heraus, das gibt es in Osteuropa nicht.“ Zudem diene der Hauptteil der Wohnraumbeschaffung in Österreich der Eigennutzung. Ein spekulatives Vorgehen sei im Vergleich zum angelsächsischen Raum deutlich geringer.
Österreichs Geldhäuser im Vergleich | ||||
1. Halbjahr | Erste Group | Raiffeisen Bank International | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 | 2021 | 2020 |
Zinsüberschuss | 2 449 | 2 397 | 1 571 | 1 706 |
Provisionsüberschuss | 1 099 | 957 | 932 | 840 |
Aufwand | 1 830 | 1 849 | 1 427 | 1 451 |
Konzerngewinn | 918 | 294 | 612 | 368 |
Hartes Kernkapital (%) | 18,0 | 17,1 * | 13,3 | 13,6 * |
*) per 31.12.2020Börsen-Zeitung |