IM INTERVIEW: JAMES VON MOLTKE

"Wir bleiben in den USA engagiert"

Der Finanzvorstand der Deutschen Bank über die Strategie, hartnäckige Kosten, das Renditeziel für 2019, Bonuszahlungen sowie IT-Abschreibungen

"Wir bleiben in den USA engagiert"

Herr von Moltke, am heutigen Donnerstag steht die Hauptversammlung der Deutschen Bank an. Freuen Sie sich darauf?Für uns ist das ein wichtiger Tag, an dem wir uns den Aktionären stellen und Fragen beantworten. Die Hauptversammlung ist ein wichtiger Teil der Aktionärsdemokratie. Die großen Aktionärsberater empfehlen, Aufsichtsrat und Vorstand nicht zu entlasten.Das haben wir aufmerksam registriert. Wir hoffen natürlich auf ein günstiges Ergebnis, zumal wir dieses Jahr mit einem deutlich besseren Gefühl vor die Aktionäre treten als im vergangenen Jahr. Christian Sewing wird den Aktionären erklären können, dass wir 2018 ungeachtet einer Menge Gegenwind genau das geliefert haben, was wir versprochen haben. Sie haben 2018 ein Kostenziel erreicht, das Sie zu Jahresbeginn revidiert hatten. Nun kommt es darauf an, die für 2019 ausgerufenen Ziele zu verwirklichen. Das zweite Quartal ist schon fast beendet: Wie ist es gelaufen?Sie wissen, dass wir über noch nicht beendete Quartale grundsätzlich nicht sprechen. Aber wir sind auf Kurs, unser Kostenziel für 2019 zu erreichen. Kosten sind leichter zu kontrollieren als Erträge. Um 2019 wie geplant eine materielle Eigenkapitalquote von 4 % zu erzielen, müssen Sie Analysten zufolge Erträge auf dem Niveau von 2017 generieren. 2018 aber nahm die Bank knapp 5 % weniger ein, im Startquartal 9 % weniger als vor Jahresfrist.Für uns umfasst der Weg zu unserem Renditeziel eine Reihe von Faktoren. Dazu zählen Kostenmaßnahmen, Ertragsmaßnahmen, eine geringere Steuerquote und anderes mehr, was wir steuern können. Das Ertragsumfeld im laufenden Jahr ist bisher nicht so gewesen, wie wir es uns gewünscht hätten. Dies konnten wir im Startquartal durch eine starke Kostendisziplin sowie eine unter der Planung gebliebene Steuerquote ausgleichen. Sollte das Ertragsumfeld schwach bleiben, wird dies jedoch mehr und mehr zu einer Herausforderung. Das ist uns bewusst. Ist das ertragsabhängige Renditeziel von allen Vorgaben am schwierigsten zu erreichen, weil die Bank ihre Ziele hinsichtlich Kosten, Mitarbeiterzahl und Kapitalquote eher beeinflussen kann?Hinsichtlich der Kosten liegen wir im Plan, und unsere harte Kapitalquote ist mit 13,7 % bereits sehr stark. Bei der Mitarbeiterzahl müssen Sie beachten, dass es in der Bank verschiedene Initiativen gibt, ausgelagerte Aufgaben wieder zu internalisieren. Aber natürlich: Das Renditeziel können wir weniger kontrollieren als die übrigen Ziele, da das Marktumfeld für die Ertragsentwicklung eine wichtige Rolle spielt. Wie lange können Sie als Finanzvorstand dem Ertragsabrieb in der Investmentbank noch zusehen, bevor Sie strategisch intervenieren müssen?Natürlich schauen wir uns ständig alternative Wege an, um das Geschäft zu beschleunigen und neu zu positionieren, um Kosten senken und die Ertragskraft zu stärken. Wenn Sie ein Unternehmen langfristig steuern wollen, können Sie aber nicht einzelne Quartale mit einer schwächeren Performance als Basis für strategische Entscheidungen heranziehen. Hier ist eine etwas längere Perspektive gefragt. Mittelgroße Investmentbanken aus Europa haben zuletzt verstärkt zum Rückzug geblasen. BNP Paribas und Société Générale publizierten Gewinnwarnungen und kündigten Restrukturierungen an. Muss nicht auch die Deutsche Bank entscheiden, ob sie in der ersten Liga überhaupt noch mitspielen kann?Einige der Restrukturierungsmaßnahmen der französischen Banken, was etwa den Eigenhandel, Verbriefungen oder das Rohstoffgeschäft angeht, haben wir schon vor Jahren vollzogen. Ich bin mir daher nicht sicher, ob man von den genannten Maßnahmen notwendigerweise auf die Deutsche Bank schließen sollte. Aber wir fühlen uns natürlich verpflichtet, in der Investmentbank bessere und nachhaltigere Ergebnisse zu erzielen. Im US-Geschäft sieht es nicht danach aus, als verdiene die Bank dort Geld. Subventioniert die Bank diesen Bereich, weil sie die komplette Palette des Investment Banking anbieten will?Unsere Botschaft ist eindeutig und hat weiterhin Bestand: Wir bleiben in den USA engagiert. Unsere Kunden brauchen uns dort, alle großen und viele mittelgroße unserer Kunden haben dort Geschäft, und sie suchen eine globale Investment-Banking-Beziehung. Hinzu kommt die Bedeutung des Dollars für den globalen Handel und für den US-Kapitalmarkt sowie für Investoren. Eine globale Investmentbank muss also in den USA präsent sein. Das gilt aber nicht für jede einzelne Produktkategorie, jede Geschäftslinie und für jedes Branchensegment. Schon in der Vergangenheit haben wir uns deshalb ja zum Rückzug aus einigen Feldern entschlossen. Würden Sie das Geschäft stilllegen, hätten Sie das Problem der Remanenzkosten: Sie müssten die Kosten der Bank weniger Geschäftsbereichen zuweisen und würden deren Ergebnis dadurch belasten.Das ist in unseren Planungen sehr präsent, wenn wir über zusätzliche Schritte nachdenken. Sie können es nicht immer zulassen, dass Kosten im Unternehmen bleiben und zunehmend über profitable Geschäfte verteilt werden. Letztlich unterminiert dies unsere Versuche, die Marge zu verbessern. Die Ertragskraft der Bank wird auch von den Bonuszahlungen beeinflusst. Seit 2010 hat die sie gut 20 Mrd. Euro Boni gezahlt, rund 30 Mrd. Kapital aufgenommen und bei Dividendenzahlungen von knapp 5 Mrd. unterm Strich ein Ergebnis von kumuliert 800 Mill. Euro produziert. Viele Leute sehen da ein Missverhältnis? Sie auch?Die Kapitalerhöhungen waren aus einer Reihe von Gründen erforderlich. Dazu gehören der Abbau von Altlasten und Strafzahlungen, die damit im Zusammenhang stehen. Zudem hatten wir Restrukturierungsaufwendungen. Den engen Zusammenhang zur variablen Vergütung sehe ich daher nicht. Grundsätzlich gilt für uns, dass wir wettbewerbsgerecht bezahlen müssen, wenn wir Talente anziehen und halten wollen. Die variable Vergütung gehört zu den Kosten, die anfallen, um Erträge zu generieren. Natürlich aber muss die Performance die variable Bezahlung rechtfertigen. Das heißt, die Vergütungsstruktur bleibt erst einmal so, wie sie ist?Sie müssen wissen, dass unsere Vergütung generell hochreguliert ist, was den Anspruch auf variable Vergütung und deren maximales Verhältnis zur fixen Vergütung angeht. Auch wird ein beträchtlicher Teil dieser Zahlungen über einen längeren Zeitraum von bis zu fünf Jahren gestreckt. Natürlich wird bei uns die leistungsabhängige Vergütung weiter eine Rolle spielen. So sieht es die Institutsvergütungsverordnung, die für alle deutschen Banken gilt, nun einmal vor – umso erstaunlicher, dass das Missverhältnis zwischen den Bonuszahlungen und den Ergebnissen der Bank derart verstetigt werden kann. Wünschen Sie sich manchmal, Sie könnten die Milliarden, die an Boni flossen, in die Digitalisierung der Bank stecken? J.P. Morgan investiert jährlich 10,8 Mrd. Dollar in Technologie, die hat die Deutsche Bank nicht.Diese Investitionssumme können Sie nicht vergleichen, denn sie bezieht sich auf ein wesentlich größeres Geschäft von J.P. Morgan. Die Bank ist aber ein Wettbewerber der Deutschen Bank.Grundsätzlich gilt mit Blick auf die Vergütung, dass wir in vielen Feldern in einem sehr hohen Wettbewerb um talentierte Mitarbeiter stehen. Wenn wir diese verlieren, dann oft deshalb, weil die Konkurrenz eine Prämie auf das Gehalt anbietet, das wir zahlen. Diesem Wettbewerb müssen wir uns stellen, sonst verlieren wir die Fähigkeit, Erträge zu erwirtschaften. Aber natürlich müssen wir gleichzeitig in die Zukunft investieren. Was treibt Sie derzeit am stärksten um? Der Ertragsabrieb? Die Ratings der Bank, die im Falle bail-in-gefährdeter, nicht bevorrechtigter vorrangiger unbesicherter Schuldverschreibungen auf der untersten Stufe des Investment Grade stehen?Als Finanzvorstand haben Sie vielfältige Herausforderungen, da fällt es schwer, eine hervorzuheben. Unser wichtigstes Ziel ist es, Glaubwürdigkeit zu gewinnen und die Investoren zu überzeugen. Die Ratingsituation sehe ich als einen Teil der negativen öffentlichen Wahrnehmung an. Fraglos sind wir nicht glücklich über die “BBB-“- und “Baa3”-Ratings von S&P beziehungsweise Moody’s. Wir setzen daher alles daran, unsere Ratings in eine positive Richtung zu lenken. Vor allem arbeiten wir darauf hin, dass unsere Restrukturierungsmaßnahmen greifen und eine nachhaltige Rendite nach sich ziehen, die es ermöglicht, sowohl unsere Widerstandskraft zu stärken als auch organisch Eigenkapital zu bilden. Seit einigen Tagen werden Kreditausfallderivate nicht nur auf Non-Preferred Senior Unsecured Bonds der Bank, sondern auch auf die herkömmlichen, weniger bail-in-gefährdeten vorrangigen, unbesicherten Verbindlichkeiten der Bank gehandelt. Welche Vorteile bringt dies der Bank?Ganz einfach: Marktakteure, die mit uns handeln und daher ein Gegenpartei-Kreditrisiko haben, können dieses nun wesentlich günstiger absichern. Die neuen Instrumente bilden nun denselben Part in der Kapitalstruktur ab, in welchem die Investoren engagiert sind. Extrakosten entfallen. Der zweite Vorteil liegt in der Wahrnehmung, denn die neuen Swaps liegen derzeit nahe 100 Basispunkten und nicht wie zuvor bei 200 Basispunkten, und wir hoffen, dass ihr Preis weiter sinkt. Der Markt sieht Kreditausfallderivate ja als Gradmesser der Gesundheit einer Bank an. Bei den jüngsten Bondemissionen gab es zuletzt saftige Aufschläge, der Aktienkurs liegt nahe Allzeittief. Wo sind die Kapitalkosten der Bank, und wo müssen sie hin?Sie sind zu hoch, und sie müssen sinken. Geht es ein bisschen konkreter?Als Finanzvorstand sollten Sie nie darüber sprechen, wo genau der korrekte Preis für Ihre Wertpapiere liegt. Wir glauben, dass wir mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis bewertet sind, das überhaupt nicht die Stärke unserer Bilanz widerspiegelt. Für uns liegt der Schlüssel in der Profitabilität. Wenn wir unsere Ertragskraft steigern, wird sich der Aktienkurs erhöhen, die Ratings werden sich verbessern, und die Renditeaufschläge werden sich reduzieren. Hat das Scheitern der Gespräche mit der Commerzbank dieses Bemühen erschwert?Die Leute sprechen vom Scheitern, das trifft es nicht. Zwei Unternehmen haben eine mögliche Fusion geprüft und haben herausgefunden, dass es betriebswirtschaftlich sinnvoller ist, jeweils eigenständig zu bleiben. Wir haben nun dieselben Herausforderungen und Chancen wie zuvor, abgesehen davon, dass wir entschieden haben, dass eine nationale Konsolidierung derzeit nicht praktikabel ist oder oberste Priorität hat. Es hatte negatives Feedback von Kunden auf die Gespräche gegeben. Bekommen Sie nun positives Feedback?Im Großen und Ganzen verstehen die Kunden, dass es jeweils die richtige unternehmerische Entscheidung war, eine Fusion zu prüfen und sich letztlich dagegen zu entscheiden. Die Rückmeldungen unserer Kunden haben wir berücksichtigt. Ein Vorteil einer Fusion wäre ja gewesen, dass man Kosten hätte reduzieren können und mehr finanziellen Spielraum gewonnen hätte. Nun, da die Fusion nicht kommt, liegt die Frage auf der Hand: Wo nehmen Sie die Mittel her, um die Investitionen in die Digitalisierung und Zukunftsfähigkeit der Bank zu bestreiten?Wir hätten zwar Kosten senken können, aber wir hätten zugleich Auswirkungen auf die Erträge sowie Restrukturierungsaufwand gehabt. Unter dem Strich stand das Ergebnis, dass wir mit einer Fusion nicht besser fahren würden als allein. Wir glauben schon, dass wir die erforderliche Größe haben, um uns viele der Investitionen leisten zu können, die etwa für die Digitalisierung erforderlich sind. Wir glauben allerdings, dass im Laufe der Zeit Größe ein wichtiger Teil des Erfolgs im Finanzdienstleistungssektor ist. Also müssen wir andere Wege erkunden, um Größe zu erreichen. Ein Weg, diese Größe zu erreichen, könnte auch anorganisch sein, nur halt nicht im Zuge einer Fusion mit der Commerzbank.Das könnte sein. Wer müsste kommen, dass Sie sich mit ihm zusammentun wollten?Darüber möchte ich nicht spekulieren. Es wird viel darüber geredet, dass eine Konsolidierung auf europäischer Ebene stattfinden wird. Wir haben gesagt, dass wir daran teilnehmen wollen. Wir haben aber nach wie vor Arbeit zu erledigen, um unsere Ertragskraft als eigenständige Bank zu steigern. Wenn wir das schaffen, wird hoffentlich auch unser Börsenwert steigen und uns damit in eine gute Position bringen. Die Deutsche Bank sieht sich in jedem Fall in der Rolle des Senior-Partners und nicht als Junior-Partner.Ich sehe Fusionen grundsätzlich nicht als Gewinner-und-Verlierer-Situationen. Sie fusionieren vielmehr in der Hoffnung, das Beste aus beiden Unternehmen miteinander zu kombinieren. Jeder Merger ist einzigartig in der Weise, wie die verschiedenen Unternehmen und ihre Mitarbeiter zusammenkommen. Die Deutsche Bank will ihren Liquiditätsüberschuss verringern. Wie gut kommen Sie dabei voran?Wir weiten unsere Investitionen in solche Vermögenswerte aus, die regulatorisch als hochliquide gelten. Zudem stecken wir mehr Geld in ein Portfolio von Aktiva mit sehr hoher Qualität, typischerweise im Kreditformat, aus unserem eigenen Kundengeschäft. Und wir haben uns kürzlich dazu entschlossen, unsere Neu-Emissionen an Schuldverschreibungen um etwa 5 Mrd. Euro zu verringern. Denn anstatt mehr Geld auf der Aktivseite arbeiten zu lassen, können Sie den gleichen Effekt auf die Ertragskraft erzielen, indem sie ihre Verbindlichkeiten reduzieren. Derzeit verfügen wir über rund 260 Mrd. Euro an Liquiditätsreserven. Das könnten wir noch um 20 Mrd. bis 30 Mrd. Euro reduzieren. Unsere Liquidity Coverage Ratio liegt derzeit bei 141 %. Diese könnten wir um 10 Prozentpunkte reduzieren, und damit wären wir im Management unserer Liquidität noch immer konservativ und sehr vorsichtig. Im Übrigen fühlen wir uns auch deshalb sehr wohl mit unserer Liquidität, weil unsere Ergebnisse im jüngsten Liquiditäts-Stresstest der EZB sehr stark ausgefallen sind. Investieren Sie Liquiditätsüberschuss auch in italienische Staatsanleihen?Ja, aber nur einen sehr, sehr kleinen Teil mit einer recht kurzen Laufzeit. Sind die jüngst im Retail-Markt beworbenen Zinsangebote der Bank für Sechsmonatsgeld Teil der Bemühungen, die Refinanzierungsstruktur zu optimieren?Es ist ein Teil davon, ja. Aber dahinter steht auch unser Wachstum im Kreditgeschäft. Wir wollen in unserer Bilanz eine gute Balance aus Einlagen und Krediten haben. Die EZB hat die internen Modelle der Banken überprüft und gegebenenfalls Nachbesserungen veranlasst. Wie stark wird dies die Kapitalquote der Deutschen Bank vermindern?Ausgehend von unseren Gesprächen mit der Europäischen Zentralbank erwarten wir einen Effekt von rund 20 Basispunkten im Laufe der kommenden Quartale. Das haben wir ja auch im jüngsten Investoren-Call angekündigt. Drohen Ergebnisbelastungen, etwa mit Blick auf den Geldwäscheskandal bei der Danske Bank, für den es bislang keine Rückstellungen gab?Per Ende März hatten wir weder entsprechende Rückstellungen noch Eventualverbindlichkeiten. Wie sieht es mit den Ermittlungen der Justiz im Zusammenhang mit den Panama Papers aus?Genauso. Was steht Ihnen mit der Debatte um Steuervergehen im Zusammenhang mit Phantom-Aktien ins Haus?Wir arbeiten in dieser Angelegenheit seit geraumer Zeit sehr eng mit den Behörden zusammen. Drohen im Zuge des IT-Umbaus in der Bank noch Abschreibungen?Das schauen wir uns permanent an. In jedem Quartal bewerten wir die als Anlage aktivierte Software sowie entsprechende Anwendungen neu und nehmen bei Bedarf kleinere Abschreibungen vor, manchmal beschleunigen wir sie auch. Gerade was die IT betrifft, erwarten wir auf Sicht allerdings eine Entlastung unserer Kernkapitalquote. Inwiefern?Die EU-Eigenkapitalverordnung CRR II wird den Abzug von als Anlage aktivierter Software vom harten Kernkapital beenden. Das heißt für uns, dass wir etwa 100 Basispunkte mehr an Kernkapital zur Verfügung haben – so wie heute schon zahlreiche unserer Wettbewerber etwa aus der Schweiz oder den USA, wo IT-Investitionen den dortigen Regeln zufolge nicht vom Eigenkapital abgezogen werden. Das heißt umgekehrt auch, dass unsere Kapitalkalkulation heute um 100 Basispunkte konservativer als die unserer Wettbewerber in der USA oder der Schweiz. Die Kapitalquote der Deutschen Bank wird daher um 100 Basispunkte steigen?Der genaue Wert hängt von der Einschätzung ab, inwieweit die Bewertung unserer IT eine Abwicklung überstehen würde. Wir werden also vermutlich nicht die kompletten 100 Basispunkte anerkannt bekommen, aber doch einen Teil davon, und zwar ab 1.1.2021. Und das ist nicht alles. Schon im Juli werden zudem Beschränkungen wegfallen, die für Zahlungen auf zusätzliches Kernkapital gelten, das sogenannte ADI. Ein weiterer Schritt sind die neuen Kreditderivate auf Preferred Senior Unsecured Bonds. All dies sind Indizien für die Fortschritte, die wir machen. In der Wahrnehmung aber wird dies leider von den Diskussionen etwa um die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Danske Bank und all den anderen Dingen überschattet, so dass der Markt davon nicht ausreichend Notiz nimmt. Als wir kürzlich etwa in Aussicht gestellt haben, dass wir bei der globalen Systemrelevanz in einen Bereich kommen, der nur einen Aufschlag von 1,5 Prozentpunkten vorsieht, wurde über dieses Thema weitaus weniger berichtet als zu der Zeit, in der wir bei 2 Punkten lagen und als eine der drei systemrelevantesten Banken der Welt galten. Im EZB-Liquiditätsstresstest, sagen Sie, hat die Bank gut abgeschnitten. Im US-Stresstest fiel die US-Tochter der Deutschen Bank 2018 als einziges Institut durch, die Fed betrachtet sie als “troubled institution”. Wird sie das nächste Mal besser abschneiden?In den vergangenen Monaten haben wir extrem hart gearbeitet, um unsere Prozesse zu verbessern und die angemahnten Defizite zu beheben. Man kennt die Ergebnisse nie im Vorhinein, aber wir glauben, dass wir uns deutlich verbessert haben. Das Interview führten Bernd Neubacher und Anna Sleegers.