Im Gespräch: Andreas Krischke, Indigo Headhunters

"Wir können nicht ältere Mitarbeiter ausrangieren“

Angesichts eines demografiebedingt schrumpfenden Arbeitskräftepools können es sich Banken nicht mehr leisten, Beschäftigte ab 50 auszusortieren, mahnt der Personalberater Andreas Krischke. Zur Diversity gehöre auch eine gesunde Altersstruktur.

"Wir können nicht ältere Mitarbeiter ausrangieren“

Im Gespräch: Andreas Krischke, Indigo Headhunters

"Wir können nicht ältere Mitarbeiter ausrangieren“

Banker der Generation 50 plus finden im Angesicht des Fachkräftemangels neue Berufschancen, beobachtet der Personalberater

Von Tobias Fischer, Frankfurt

Angesichts eines demografiebedingt schrumpfenden Arbeitskräftepools können es sich Banken nicht mehr leisten, Beschäftigte ab 50 auszusortieren, mahnt der Personalberater Andreas Krischke. Während vor allem Großbanken diese im großen Stil entließen, stellen seiner Beobachtung nach gerade Fintechs und kleinere Institute ältere Mitarbeiter ein. Zur Diversity, sagt Krischke, gehöre auch eine gesunde Altersstruktur.

Der Fachkräftemangel beschert über 50-Jährigen in der Finanzbranche neue Beschäftigungsmöglichkeiten. Dass Banker der Generation 50 plus zu Fintechs gehen, beobachtet Personalberater Andreas Krischke nach eigenen Angaben schon seit einigen Jahren. Seit rund einem Jahr erlebe er auch häufigere Wechsel zu kleineren Banken.

Täten sich größere Institute eher schwer damit, Beschäftigte dieser Altersklasse einzustellen, so sei die Bereitschaft von unternehmerisch denkenden kleinen Banken, dies zu tun, viel ausgeprägter. Er habe dahingehend gute Erfahrungen gemacht, berichtet der Co-Gründer und Geschäftsführer der Frankfurter Gesellschaft Indigo Headhunters. „Je unternehmerischer sie eingestellt sind, desto eher sind sie bereit, Leute mit 50 plus an Bord zu nehmen“, sagt Krischke über die Finanzinstitute.

Gesunde Altersstruktur als Teil von Diversity

Für schwer verständlich hält er es an-gesichts des demografischen Wandels und eines umkämpften Arbeitsmarkts, dass Großbanken ältere Mitarbeiter entließen, um Kosten zu sparen. Dabei könnten und wollten sie in diesem Alter noch gut und gerne 15 Jahre Leistung er-
bringen. „Alle wollen Diversity. Dazu gehört aber auch eine gesunde Altersstruktur“, sagt Krischke. „Wir können nicht ältere Mitarbeiter ausrangieren. Schon gar nicht, wenn wir es uns nicht leisten können.“

Zeit zum Umdenken

Krischke beklagt, dass Banken wie eh und je Mitarbeiter ab einem bestimmten Alter aussortierten, obwohl sich die Situation komplett geändert hat. „Es ist ja meist nicht so, dass die Hochschulabsolventen Schlange stehen, um dort arbeiten zu wollen.“ Er mahnt deshalb dringend zum Umdenken. Den Banken blieben andernfalls die Mitarbeiter aus.

Drängendes Problem Fachkräftemangel

Die Finanzindustrie tut sich wie andere Branchen auch zunehmend schwer, genügend Nachwuchskräfte, aber auch gestandene Führungskräfte und Spezialisten zu finden. Manager von Genossenschaftsbanken beispielsweise bewerten den Fachkräftemangel mittlerweile als eines der drängendsten Probleme, zeigt eine in diesen Tagen veröffentlichte Umfrage des Genossenschaftsverbands – Verband der Regionen unter Vorständen der dem Verband angehörenden Volks- und Raiffeisenbanken.

Vorbehalte sind verbreitet

Vorbehalte gegenüber der Einstellung älterer Beschäftigter sind Krischke zufolge weit verbreitet. Warum ein Mittfünfziger engagiert werden solle, während im selben Institut Abfindungsprogramme für Menschen dieses Alters liefen, sei schließlich schwer vermittelbar. Auch gälten Mitarbeiter gesetzteren Alters als wenig prägbar. „Wenn jemand 30 ist, kann ich ihn noch formen. Der über 50-Jährige lässt sich nicht mehr umkrempeln. Er hat eine klare Meinung, wie Dinge funktionieren“, sagt Krischke.

Deshalb sei die Einstellung von 50-plus-Vertretern längst kein Selbstläufer. Der Arbeitgeber müsse abwägen, ob er bei Kandidaten oder Kandidatinnen, die ins Profil passen, etwaige Abstriche macht und sich damit arrangiert, dass bestimmte Fähigkeiten bzw. die Bereitschaft, Tätigkeiten zu übernehmen, nicht gegeben sind. „Es gibt viele, die nicht zu Fintechs passen, aber auch solche, bei denen das der Fall ist“, sagt Krischke.

Das Schöne bei 50 plus ist, man weiß genau, was man kriegt.

Andreas Krischke

„Das Schöne bei 50 plus ist, man weiß genau, was man kriegt“, führt der Personalexperte aus. „Viele Kunden sagen – und das ist nachvollziehbar –, sie sind nicht einfach zu führen. Aber als Führungskraft kann man das auch als Herausforderung sehen.“ Als Vorteile älterer Kolleginnen und Kollegen führt Krischke auch auf, dass sie über Erfahrung und Kontakte verfügten, im Team integrativ wirkten und das Unternehmen nach außen glaubwürdig vertreten könnten. Viele arbeiteten aus Überzeugung, wollten noch etwas Sinnvolles tun, ohne so viel wie zuvor verdienen zu müssen. Wichtig sei ihnen vor allem Wertschätzung.

Auf Mitarbeiter-Bedürfnisse eingehen

Ebenso wenig wie die Gruppe der über 50-Jährigen bilde die Generation Z, also die etwa bis Mitte Zwanzigjährigen, eine homogene Gruppe, hat Krischke beobachtet. Wichtig und herausfordernd sei, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen. Auf denjenigen, der Wert auf eine gesunde Work-Life-Balance legt, auf Familienleben, und bereit ist, weniger zu verdienen, ebenso wie auf denjenigen, der Karriere machen will. „Banken müssen beide halten können“, sagt Krischke. „Denn beide sind für die Unternehmenskultur wichtig.“ Der Arbeitgeber müsse sich so ausrichten, dass er attraktiv sei.

Abgänge verhindern

Oft sei jedoch das Gegenteil der Fall. „In der Welt eines Arbeitnehmermarktes, in der es so schmerzt, Mitarbeiter zu verlieren, muss ein Unternehmen verhindern, dass Leute gehen.“ Krischke vermisst hier Innovationskraft und Elan. Banken verharrten stattdessen allzu oft in alten Verhaltensmustern. „Leute zu verlieren, tut heute richtig weh“, stellt der Indigo-Geschäftsführer fest.

Schließlich sei es nicht nur schwierig, neue Mitarbeiter zu finden. Kündigungen zögen auch hohe Folgekosten nach sich, bedingt durch Personalsuche, Einarbeitung und gegebenenfalls das höhere Gehalt für den Nachfolger, um ihm den Job schmackhaft zu machen. Diese Kosten würden aber meist nicht berücksichtigt, „denn keiner will sie sehen“.

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