"Wir können der BHF-Bank helfen"
– Herr Liang, Fosun hat in der jüngeren Vergangenheit eine ganze Reihe von Investitionen in den verschiedensten Branchen getätigt. Welches Konzept steckt dahinter?Wir konzentrieren uns ausschließlich auf Investitionen in den Branchen, die von der Wirtschaftsdynamik in China profitieren. Und dort wird das Wachstumsmomentum künftig vor allem aus dem Finanzdienstleistungs- sowie dem Gesundheits- und Happiness-Sektor kommen. Daher fokussieren wir uns auf den wachsenden Bedarf chinesischer Mittelschichtsfamilien an besseren Dienstleistungen und Lifestyle-Produkten.- Was ist der Happiness-Sektor?Wir verstehen darunter Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, welche die Nachfrage nach einem gesunden und glücklichen Lebensstil befriedigen. Welche Unternehmen können von diesem Bedarf profitieren? Ein Beispiel: Schauen Sie sich mein Jackett an. Es ist von Caruso, einem italienischen Herrenausstatter. Oder nehmen wir spanischen Schinken der Osborne-Gruppe, an der wir ebenfalls beteiligt sind. Die Herkunft und Art der Produkte ist verschieden, die Kunden aber sind dieselben: Einer Familie der wachsenden chinesischen Mittelschicht können Sie Produkte von Caruso anbieten oder auch einen Besuch bei Cirque du Soleil oder eine Urlaubsreise von Club Med – weitere Unternehmen aus unserem Beteiligungsportfolio. Kurzum: Es gibt ein großes Wachstumspotenzial, das wir mit den Unternehmen in unserem Portfolio adressieren.- Wie soll sich denn die Investition in die BHF-Bank-Mutter BHF Kleinwort Benson, deren größter Aktionär Fosun mit einem Anteil von 29 % ist, lohnen? Durch vermehrte Risikobereitschaft des Instituts?Zuallererst: Wir wollen nicht, dass die BHF-Bank in irgendeiner Form aggressiv vorgeht. Wir wollen das Geschäft durch ein Wachstum der Provisionseinnahmen ausweiten und nicht durch eine Ausweitung der Bilanz oder der Risiken für die Bank.- Woher sollen die Zusatzerlöse denn kommen?Die BHF-Bank kann vor allem von den Familien der wachsenden chinesischen Mittelschicht profitieren. Es gibt in China aktuell mehr als 15 Millionen Familien der Mittelschicht, die Geld im Ausland investieren wollen. Zudem hat die BHF-Bank ja traditionell eine enge Verbindung zum deutschen Mittelstand. Daher ist sie gut aufgestellt, um grenzüberschreitende M & A- und Kapitalmarkttransaktionen deutscher und chinesischer Firmen zu unterstützen.- Die Familien der chinesischen Mittelschicht sollen also ihr Geld der BHF-Bank anvertrauen?Milliardäre haben ohnehin ihren persönlichen Private-Banking-Berater, ihnen steht eine große Auswahl offen. Die Mittelschicht aber hat nicht so viele Optionen. Diese Familien wissen oft nicht, wer der beste Berater ist. Sehr viele Familien der chinesischen Mittelschicht vertrauen Fosun. Denn sie wissen, dass Fosun bei den Investments sehr professionell vorgeht. Und wenn Fosun ihnen eine Marke vorschlägt, ist dies für sie sehr hilfreich.- Was heißt das konkret für die BHF-Bank?Die BHF-Bank kann sehr viel mehr Produkte für Kunden aus China bereitstellen. Und mit unserer Hilfe kann sie zugleich für ihre Kunden auch weitaus mehr Produkte in China finden, etwa hochrentierliche Renminbi-Assets. Daneben gibt es ein Potenzial für Mandate zur M& A -Beratung deutscher und chinesischer Firmen.- Soll die BHF-Bank ihre Rendite durch Kostensenkungen treiben?Kostensenkungen sind keine gute Idee. So geht Fosun niemals vor. Denn wenn Sie nur die Kosten kürzen, verlieren Sie langfristig Leistungskraft. Unsere Lösung heißt vielmehr Weiterentwicklung, etwa der Kundenbasis von Deutschland nach Europa, nach China, vielleicht in die USA, und möglicherweise können wir auch ein neues Provisionsmodell finden. Ich bin mir sicher, dass die BHF-Bank langfristig hohe Wachstumsraten erzielen kann.- 2014 verbuchte die Bank einen Überschuss von 13,5 Mill. Euro. Bei einem bilanziellen Eigenkapital von 492 Mill. entspricht dies einer Rendite von 2,7 %.Ja, derzeit sieht es so aus, als sei die BHF-Bank nicht allzu profitabel. Aber wenn Sie nicht viel investieren, können Sie auch nicht erwarten, viel zu verdienen. Wir können der BHF-Bank helfen, ihre Rendite zu steigern, und zwar ohne eine Veränderung des Risikoprofils. Mit der Unterstützung von Fosun kann die BHF-Bank das große Wachstumspotenzial des chinesischen Marktes deutlich besser nutzen.- Im Moment ist die Lage bei der BHF-Bank ja recht kompliziert. Sie sind der größte Aktionär der Mutter BHF Kleinwort Benson und haben ein Übernahmeangebot angekündigt, nachdem Sie nicht damit einverstanden waren, dass sich die Tochter BHF-Bank von deren Chef Björn Robens trennte. Die übrigen Aktionäre aber haben Sie gegen sich. Wie könnte eine Lösung aussehen, um dieses Durcheinander widerstreitender Interessen aufzulösen?Als größter Aktionär gilt unser Interesse zuallererst dem Schutz der Bankkunden. Zweitens wollen wir natürlich die Mitarbeiter schützen. Und drittens gilt unsere Sorge dem Erhalt des Unternehmenswerts. Wenn sie zu lange zu viele negative Nachrichten hören, dann tragen alle Aktionäre einen Schaden davon. Jeder Entscheidungsträger sollte dieses Prinzip beherzigen. Insofern haben wir alle die gleichen Interessen. Daher denke ich, dass es möglich sein wird, eine Lösung zu finden.- Mit der Erhöhung des Anteils aber könnte es schwierig werden, wenn alle übrigen Aktionäre nicht auf Ihrer Seite stehen, sondern gemeinsam auf der anderen.Ich glaube nicht, dass es da zwei Seiten gibt. Ich denke, allen Aktionären geht es vor allem darum, den Wert der BHF Kleinwort Benson zu erhöhen. Die Situation ist in der Tat ein bisschen kompliziert, aber um die Kundenbasis zu bewahren und auch um die Mitarbeiter langfristig zu unterstützen, muss jemand voranschreiten, um dem Geschäft Stabilität zu verleihen. Genau das haben wir getan. Diese Bank braucht eine klare Stimme und eine klare Richtung. Wir haben eine langfristige Strategie für das Geschäft, und unser Angebot ist, unseren Anteil auf 50 % plus eine Aktie aufzustocken. Wir müssen nicht alle Aktien halten und können auch mit den übrigen Anteilseignern als Partner zusammenarbeiten. Aber jemand muss Verantwortung übernehmen und das Geschäft vorantreiben, anstatt Lärm um das Geschäft zu erzeugen. Das wollen die Mitarbeiter nicht und die Kunden ebenso wenig. Fosun hat einen guten Track Record als Kooperationspartner eines Management-Teams und wir können den Unternehmenswert bewahren und steigern.- Haben Sie schon Kontakt mit anderen Aktionären aufgenommen?Wir sind da sehr offen. Wir wollen das Unternehmen schützen und langfristig weiterentwickeln. Wir haben einen vernünftigen Ansatz für das Geschäft, der das künftige Wachstum unterstützt. In den zurückliegenden beiden Jahren hat das Unternehmen zwar schwierige Zeiten durchlebt. Es ist aber dennoch gelungen, Momentum zurückzugewinnen, und mit ihrem Management-Team in der Zeit hat die Gesellschaft gute Ergebnisse erzielt und viele Auszeichnungen erhalten. Ich denke, die Kunden schätzen diesen Einsatz. Wie bei allen anderen unseren Investitionen wollen wir das Management und die Beschäftigten unterstützen und das Unternehmen wachsen lassen.- Fosun reagierte als Aktionär der BHF Kleinwort Benson sehr verärgert darauf, dass sich die BHF-Bank von ihrem Chef Björn Robens trennte. Geht dieser Unmut vielleicht auf ein anderes Verständnis von Governance zurück – denn was wollen Sie denn ausrichten können als Aktionär einer Holding, wenn der Aufsichtsrat einer Tochter deren Chef absetzt?Richtig ist, es gibt in der Organisation verschiedene Ebenen, und wir sind auf der Holding-Ebene vertreten. Im Falle dieser Entscheidung gab einen Dissens. Zum einen hatte dies mit den Gründen zu tun, wegen derer er gehen musste, zum anderen aber auch damit, dass wir über diese wichtige Entscheidung für die mit Abstand größte Tochter von BHF Kleinwort Benson nicht informiert wurden. Und das ist ein Governance-Problem.- Mussten Sie denn überhaupt informiert werden?Eine solche Entscheidung wird auch auf Ebene des Holding-Boards gefällt.- Nicht im Aufsichtsrat der BHF-Bank?Auf beiden Ebenen.- Ihre Übernahmeofferte wird derzeit in Brüssel geprüft. Haben Sie schon Signale, wann dort eine Entscheidung fällt?Dazu können wir uns nicht äußern. Wir arbeiten sehr eng mit den Behörden zusammen.- Eine Bank, deren Übernahme Sie bereits vereinbart haben, ist Hauck & Aufhäuser. Was ist eigentlich so toll am deutschen Private-Banking-Markt?Ich habe bereits erwähnt, dass die Wachstumsdynamik in China schon in den kommenden Jahren sehr viel stärker von einer zunehmenden Nachfrage chinesischer Mittelschichtsfamilien ausgehen wird. Strategisch gesehen ist unsere Positionierung aber nicht auf den deutschen Private-Banking-Markt beschränkt.- Spricht man mit deutschen Privatbanken, dominiert dort doch eher die Klage über geringe Margen und hohen Wettbewerbsdruck. Wollen Sie antizyklisch investieren?Es ist richtig: Deutsches Private Banking ist nicht allzu ertragsstark. Wir kaufen aber nicht für heute, sondern für die Zukunft, weil wir glauben, Geschäftschancen identifizieren, entwickeln und nutzen zu können. Ich denke, im Moment gibt es einige wichtige Trends, die man im Auge behalten sollte. So gibt es nicht nur eine aufstrebende chinesische Mittelschicht, sondern auch zunehmenden Wohlstand in den Emerging Markets. Zudem verwischen im Private Banking die Unterschiede zwischen Onshore- und Offshore-Banking. Darüber hinaus hat sich Frankfurt zu einem immer wichtigeren internationalen Finanzzentrum entwickelt. So ist die Stadt das Zentrum für Renminbi-Offshore-Clearing in Kontinentaleuropa geworden. Wir glauben, dass sich damit eine Menge Möglichkeiten eröffnen, derer sich viele Leute noch nicht bewusst sind. Viele deutsche Unternehmen erzielen zudem Umsätze mit chinesischen Konsumenten. Diese wiederum bleiben nicht nur in China, sondern sie verreisen zunehmend. Das bietet wieder neue Wachstumschancen. Wir werden unterdessen zu einer globalen Investment-Plattform. Der Mehrwert, den wir der BHF-Bank und auch Hauck & Aufhäuser bringen, wird daher nicht nur aus China kommen. Er kann auch von unserem globalen Versicherungsgeschäft kommen. Denn dessen Assets muss irgendjemand verwalten. Auch das ist eine Geschäftschance.- Wäre es nun eine Perspektive für Fosun, nach einer Übernahme der BHF-Bank deren Zusammenführung mit Hauck & Aufhäuser anzugehen?BHF und Hauck & Aufhäuser sind zwei starke Marken am deutschen Private-Banking-Markt. Wir haben keine Pläne, beide Institute zusammenzuführen.- Fosun hat jüngst mit der BHF-Bank auch eine Run-off-Plattform für Lebensversicherungen gegründet. Warum?Mit rund 32 Mill. Euro ist diese Investition ja nicht so groß. Für Fosun ist dies eine gute Investition in eine Plattform mit einem starken Management. Wir glauben gemeinsam mit dem Management-Team fest an die Wachstumschancen dieses Geschäfts.- An der Spitze der Plattform namens Frankfurter Leben stehen zwei Manager, die Erfahrung aus früheren Tätigkeiten bei MLP Leben, Axa und Ergo mitbringen.Richtig. Das Management-Team versteht das Run-off-Geschäft sehr gut. Doch auch Fosun ist kein Anfänger im Finanzsektor. Wir sind erfahrene Investoren und investieren beispielsweise schon seit 2007 im Versicherungssektor.- Wie sieht denn der Plan von Fosun auf mittlere Sicht aus? Wollen Sie weiter zukaufen oder konsolidieren?Wir schauen uns natürlich immer attraktive Opportunitäten an, doch das Thema Konsolidierung wird immer wichtiger. Wir haben einen sehr klaren strategischen Plan: Wir wollen das Rating verbessern, die Verschuldung verringern und den Buchwert sowie den Nettogewinn erhöhen.- Wie wollen Sie den Gewinn steigern?Auf dreierlei Weise. Erstens soll der Zuwachs des Nettogewinns aus dem Versicherungssektor kommen. Dort verfügen wir inzwischen über eine ausreichende Größe. Tatsächlich werden unsere Prämieneinnahmen dort bis Ende dieses Jahres fast 40 Mrd. Dollar erreichen. Dies ist für uns ein Meilenstein. Wir werden es dabei vorerst belassen und nicht mehr allzu viel investieren, sondern uns vielmehr darauf konzentrieren, unsere Rendite zu verbessern. Zweitens wird unser Gewinnwachstum aus dem Gesundheits- und Happiness-Sektor kommen. Wir wollen die Nummer eins im Gesundheitssektor Chinas sein. Dasselbe gilt für den Happiness-Sektor, zu dem wir auch die Touristik zählen. Und wenn man in diesen Sektoren die Nummer eins ist, wird es leicht sein, zu den Top Ten weltweit nach Börsenwert zu zählen.- Und drittens?Und drittens wollen wir uns stark im mobilen Internet engagieren. Ich glaube, dass die mobile Internet-Branche in China sehr viel größer werden wird als in den USA. Der mobile Internet-Kunde in China ist sehr aktiv, und der Markt ist riesig. Sie haben dort landesweit dieselbe Währung, dieselbe Sprache, dieselbe Logistik und dieselben Steuern. Daher ist uns der Heimatmarkt und Größe sehr wichtig. Wir streben dabei kein hochriskantes Geschäftsmodell an. Es geht uns um langfristiges Wachstum.- Zuletzt hat es den Aktienkurs von Fosun allerdings ziemlich erwischt.Ja, unser Aktienkurs ist um fast 30 % gefallen. Gegenüber Jahresbeginn liegt er aber immer noch 35 % im Plus. Der Hang-Seng-Index dagegen ist in dieser Zeit um 22 % gefallen. Der Kapitalmarkt kennt das Modell Fosuns sehr gut. Wir kümmern uns daher nicht so sehr um die kurzfristige Volatilität. Wir werden die Risiken weiter sehr diszipliniert im Blick behalten, und die Investoren wissen das. Wir kümmern uns um die langfristige Steigerung des Buchwerts. Wenn wir das tun, wird unser Aktienkurs unweigerlich wieder zulegen.—-Das Interview führte Bernd Neubacher.