„Wir machen aus wenig verdammt viel“
Der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), Werner Hoyer, unterstreicht die Notwendigkeit, Finanzmittel nicht nur zu mobilisieren, sondern auch zu multiplizieren, um die in Europa notwendigen Investitionen zu schultern. „Wir müssen Abschied nehmen von klassischen Budgetfinanzierungen“, erklärt Hoyer im Interview der Börsen-Zeitung.
Aus den 25 Mrd. Euro, die die Mitgliedstaaten bei der EU-Investitionsbank eingezahlt haben, generiere die Bank eine Bilanzsumme von 560 Mrd. Euro. „Das bedeutet: Wir machen aus wenig verdammt viel.“ Hoyer erinnert daran, dass die Mitgliedstaaten nur einen kleinen Teil des Eigenkapitals tatsächlich hinterlegt haben. „Die EU-Investitionsbank hat zwar einen großen Kapitalstock. Die Mitgliedstaaten haben davon allerdings nur 5% eingezahlt. Der Rest ist ,callable capital‘, also Eigenkapital auf Abruf.“ Der ehemalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, der die EU-Investitionsbank seit 2012 führt, sieht sein Haus in der Pflicht, Investitionen anzuschieben, gerade wenn sie anderswo reduziert werden. „Wenn Europa in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist, dann werden zuallererst die Investitionen zurückgefahren“, beklagt der promovierte Volkswirt – insbesondere Investitionen für Modernisierung und Innovation. „Da muss die EIB gegensteuern.“ Denn Europa brauche „eine viel stärkere Betonung von Innovation und Förderung von technologischem Fortschritt.“ Wichtig ist nach Hoyers Worten, dass die EU-Investitionsbank ganz gezielt investiere, nicht mit der Gießkanne.
Fokus auf Fremdkapital
Was die Art der Finanzierungen angehe, so konzentriere sich die EIB unverändert auf Fremdkapitalfinanzierungen. Das entspreche auch dem Interesse der Partner und Klienten der Bank, also den Investoren und Projektträgern. Denn diese wollten natürlich die volle Kontrolle über ihre Projekte behalten.
„Die EIB hat allerdings Instrumente entwickelt, wie man auch im Rahmen von Fremdkapitalfinanzierungen typische eigenkapitalähnliche Risiken abbilden kann“, erläutert der gebürtige Wuppertaler. Dabei sei die Bank auf Rückversicherungen über Garantien angewiesen. „Die EIB teilt sich dabei das Risiko mit der EU-Kommission – heute sogar nicht mehr nur projektbezogen, sondern sogar auf Portfoliobasis“, unterstreicht Hoyer und fügt an: „Das hilft, diese Instrumente in der Breite einzusetzen.“
„Die Aufgabe, die sich der EU-Kommission und uns stellt, ist: Wie erreichen wir den größtmöglichen Hebel – und wie viel Risikokapital muss dafür von der EU-Kommission garantiert werden?“ Das wiederum könne die Europäische Investitionsbank „praktisch beliebig für jedes Risikoprofil einstellen“. Dabei seien moderne Finanzierungsformate, die das Risiko steuern helfen, fest etabliert. „Elemente wie ,first loss pieces‘ gehören heute zum täglich Brot von Finanzierungen.“
Die Mitgliedstaaten, erläutert der EIB-Präsident, seien in ihrer Haltung „nicht ohne Widersprüche“. Einerseits werde gefordert, dass die EIB mehr ins Risiko gehe. Wenn die Investitionsbank es dann tatsächlich tue, beunruhige das wiederum einige in den nationalen Finanzministerien.
Hoyer ist überzeugt: „Die multilateralen Entwicklungsbanken sind gut beraten, keinen Zweifel an ihrer Solidität aufkommen zu lassen.“ Die Europäische Investitionsbank sei besonders solide und „wird stabil wie ein Fels bleiben“.
Was die Organisation der EIB-Bankengruppe angeht, hat Hoyer Umgestaltungspläne. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Feststellung, dass Investitionen außerhalb der EU an Bedeutung gewinnen. „Wir haben alle Aktivitäten außerhalb der EU gebündelt in unserem Geschäftszweig EIB Global. Diesen Geschäftszweig wollen wir – nach dem Modell des Europäischen Investitionsfonds – zu einer Tochtergesellschaft ausbauen, die aber selbstverständlich Bestandteil der EIB-Gruppe bleibt.“
Denn dann, so erläutert der Präsident, können sich auch andere an EIB Global beteiligen, beispielsweise nationale Förderbanken oder Entwicklungsbanken. Die EU-Investitionsbank müsse die Verfolgung der strategischen Ziele der EU außerhalb der Union stärker unterstützen. „Wir müssen draußen schlagkräftiger werden“, betont Hoyer.