IM GESPRÄCH: JOCHEN SCHENK UND PAMELA HOERR

"Wir planen ein starkes Wachstum"

Real I.S.-Vorstände treiben Wiedereinstieg in das Privatkundengeschäft voran

"Wir planen ein starkes Wachstum"

Von Michael Flämig, MünchenDie BayernLB-Tochter Real I.S. treibt trotz der Coronakrise den Wiedereinstieg in das Privatkundensegment voran. “Wir planen ein starkes Wachstum”, sagte Vorstandsvorsitzender Jochen Schenk der Börsen-Zeitung. Mit Eigenmitteln von 226 Mill. Euro hätten rund 35 Sparkassen quer durch die Bundesrepublik den Grundstock für den paneuropäischen Fonds “Realisinvest Europa” gelegt. Schenk erwartet, dass nun deren Kunden ebenfalls Geld anlegen werden: “Wir haben einen konkreten Aufbauplan von 1 Mrd. Euro Investments für die nächsten drei Jahre, mit einer verlängerten Anlaufphase in diesem Jahr aufgrund der aktuellen Umstände.” Ob man weitere Fonds im Privatkundensegment auflege, schaue man sich dann an.”Es gibt nicht genügend derartige Immobilienfonds für Sparkassenkunden”, begründete Schenk den Vorstoß. Sparkassen hätten einen Mangel an Produkten: “Der Bedarf an einfach gestrickten Anlageprodukten auf der Immobilienseite ist groß.” Auf dem Feld ist auch die sparkasseneigene DekaBank aktiv.Der Fonds, der am 1. Januar startete, hat bereits vier Immobilien erworben. Damit seien 80 % bis 90 % der aktuell eingeworbenen Mittel investiert, sagte Schenk. Der Fonds unterscheide sich nicht grundsätzlich von anderen Angeboten am Markt. Es werde eine durchschnittliche Ausschüttung von 2 % bis 2,5 % vor Steuern angestrebt: “Dem liegt eine solide Portfoliorechnung und langjährige Fondserfahrungen zugrunde.” Die aktuelle durchschnittliche kumulierte Ausschüttungsquote auf die Real-I.S.-Fonds für private Kunden beträgt 4 % für deutsche Immobilienassets, 4,6 % für europäische Immobilieninvestments und 5,9 % für Immobilienassets in Australien.Aktuell ist Real I.S. stark mit Spezialfonds für institutionelle Anleger unterwegs. Auf diese Investorengruppe entfielen im vergangenen Jahr 98 % des platzierten Eigenkapitals in Höhe von 901 Mill. Euro. “Wir wollen das Geschäft mit institutionellen Investoren und Privatkunden mehr austarieren und künftig wieder mehr auf zwei Säulen stehen”, sagte Schenk.Die Kosten-Ertrags-Relation (CIR) betrug 75,5 % nach 77,3 % im Vorjahr. Sie solle weiter verbessert werden und mittelfristig unter 70 % sinken. Allerdings sei das Immobiliengeschäft nur bedingt skalierbar. Das Geld ist aus Schenks Sicht gut angelegt, weil eine Marktlücke existiert. Nur drei andere große Anbieter seien in beiden Anlegersegmenten vertreten. Corona-Effekt überschaubarDie Corona-Pandemie werde den Fonds “Realisinvest Europa” nicht gravierend bremsen und die Fondsrendite nicht beeinträchtigten, ist Schenk überzeugt. Auch hält er Bewertungsabschläge quer durch das gesamte Portfolio für beherrschbar: “Der Effekt wird überschaubar sein.” Dagegen hatten Immobilienfinanzierer wie die Deutsche Pfandbriefbank kürzlich erklärt, mit Abschlägen von fast einem Fünftel zu rechnen. Der Real-I.S.-Chef erklärte den geringen Einfluss auf die BayernLB-Tochter damit, dass die Gesellschaft mit ihren 142 Immobilien mit einer Mietfläche von 2,4 Mill. Quadratmetern stark in den weniger betroffenen Büroimmobilien investiert sei. Auf diese Assetklasse entfallen 57 % des Portfolio-Verkehrswertes von 8,3 Mrd. Euro, auf Geschäftshäuser weitere 12 %. Außerdem habe man einen niedrigen Einzelhandel- und noch niedrigeren Shopping-Center-Anteil (Handel-Anteil insgesamt 19 %). Die Logistik-Investments (5 %) seien robust.Schenk räumte jedoch ein, dass auch er Abschläge erwarte. Es sei aber zu früh, diese für das Real-I.S-Portfolio zu beurteilen. Die Immobilienpreise liefen den Notierungen am Aktienmarkt sechs bis neun Monate hinterher.Real-I.S.-Vorständin Pamela Hoerr detaillierte, dass die Leerstandsraten bei Büroimmobilien nach vorliegenden Prognosen zwar wohl von zuletzt gut 5 % auf mittelfristig knapp 8 % steigen würden, aber deutlich unter dem Niveau der Finanzkrise 2009/2010 blieben. Die Rezession beende das Wachstum der Mietpreise, trotzdem werde es in Städten wie München, Berlin oder Amsterdam keine Mietrückgänge geben. Die Erfahrungen von Real I.S. mit Mietern seien darüber hinaus positiv: “Sie kommen mit vernünftigen Lösungsvorschlägen auf uns zu.” Beispielsweise würden Verhandlungsspielräume für eine Verlängerung von Mietverträgen für eine begrenzte Mietreduzierung oder -stundung gegengerechnet.Die Coronakrise hatte den Immobilientransaktionsmarkt allerdings in eine Schockstarre versetzt. “Das Transaktionsgeschehen ist erst einmal weitgehend zum Erliegen gekommen”, berichtete Schenk. Mit noch nicht abgerufenen Eigenkapitalzusagen von 1,3 Mrd. Euro per Ende Dezember könne Real I.S. jedoch jederzeit aktiv werden.Im vergangenen Jahr hatte die von der BayernLB zum Kerngeschäft gerechnete Gesellschaft ein Transaktionsvolumen von 1,8 Mrd. Euro erreicht. Davon flossen 1,2 Mrd. Euro in Ankäufe, so dass das verwaltete Vermögen auf 9,2 Mrd. Euro (davon 8,3 Mrd. Immobilien) stieg. Real I.S. werde aber die im Februar prognostizierte Steigerung des Transaktionsvolumens auf 2 Mrd. Euro nicht erreichen, sagte Schenk: “Das Transaktionsvolumen wird in diesem Jahr niedriger sein.” Eine neue Zielgröße nannte er nicht. Trotzdem solle der Gewinn vor Steuern auf HGB-Basis von 15,1 (i.V. 12,5) Mill. Euro auf rund 16 Mill. Euro steigen.