IM INTERVIEW: PHILIP BROWN

"Wir sehen noch keine Lastwagen in London vorfahren"

Der Clearstream-Manager über langwierige Brexit-Vorbereitungen, das Interesse von Kunden an günstigeren Emissionsprozessen sowie neue Regularien

"Wir sehen noch keine Lastwagen in London vorfahren"

Philip Brown sieht noch wenig konkrete Umzugsmaßnahmen von Kunden im Zuge des Brexit. Der Co-CEO des internationalen Zentralverwahrers Clearstream Banking SA und für globale Kundenbeziehungen zuständige Manager der Deutschen Börse nimmt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zudem Stellung zu den Auswirkungen der neuen Zentralverwahrer-Verordnung CSDR, zur Weiterentwicklung der europäischen Kapitalmarktunion sowie zum Umgang mit neuen Technologien.- Herr Brown, wie beurteilen Sie die EU-Zentralverwahrer-Verordnung CSDR und die daraus möglichen Folgen?Alle europäischen Zentralverwahrer hatten bis vergangenen September Zeit, um ihre Lizenzanträge einzureichen. Für uns ist das ein sehr umfangreicher Prozess, aber alles geht so voran, wie wir es erwartet haben. Wir mussten gleich mehrere Dossiers einreichen: eines für die Clearstream Banking AG, eines für die Clearstream Banking SA, eines für LuxCSD, und ein weiteres für die sogenannte “Brücke” zum internationalen Zentralverwahrer Euroclear. Das sind abertausende Seiten. Momentan sind wir inmitten der Fragenklärung mit der Aufsicht. Was die “Brücke” zwischen Clearstream und Euroclear anbelangt, gibt es einen kontinuierlichen Dialog zwischen beiden Unternehmen und den beteiligten Regulatoren. Die notwendige Abstimmung aller beteiligten Parteien macht diesen Prozess etwas umfangreicher als eine normale Lizenzierung. Wir sind hierzu aktiv mit der BaFin und der CSFF im Gespräch und machen gute Fortschritte. – Was bedeutet die Verordnung für den Markt insgesamt?Für Unternehmen, die nicht als Zentralverwahrer – CSD – tätig sind, ist die Regulierung eine gewisse Unbekannte. Viele Marktteilnehmer sind noch gar nicht richtig mit ihren Details vertraut. Mit der Finanzmarktrichtlinie Mifid hat die Europäische Union zunächst lediglich den Kassamarkt reguliert, später kam dann Emir für die Derivate- und Clearing-Seite dazu. Die Zentralverwahrerverordnung deckt nun auch den gesamten Nachhandelsbereich, oder alles, was nach dem Clearing kommt, ab. Am Markt herrscht weitaus mehr Klarheit darüber, worum es bei Mifid und Emir geht, als bei der CSDR. Wir ermutigen unsere Kunden, sich mehr damit auseinanderzusetzen. – Weshalb?Obwohl die Regulierung hauptsächlich Zentralverwahrer – CSDs – betrifft, werden auch Kunden von CSDs deren indirekte Auswirkungen spüren. Beispielsweise beinhaltet die CSDR neue Vorschriften für Kunden-Onboarding und Risikomanagement, es gibt neue Anforderungen in Sachen Konten-Segregation und Kontenabstimmung, und sie verlangt eine neue Abwicklungsdisziplin, die voraussichtlich ab 2020 gelten wird. Darüber umfasst das Regelwerk Änderungen in der untertägigen Kreditvergabe durch Zentralverwahrer sowie zahlreiche weitere Neuerungen. Wir müssen sicherstellen, dass hier mehr Energie investiert wird. – Welche Rolle spielt die Frage der Kreditgewährung durch Zentralverwahrer für Kunden?Es gibt eine Reihe an Wegen, über welche die internationalen CSDs und CSDs heute Kredite ausgeben. Die Mehrheit dieser Kredite – die stets untertägig vergeben werden – ist besichert, also mit Wertpapieren unterlegt. Aber es gibt einige Kunden, die unbesicherte Ausleihungen von uns vornehmen dürfen, das könnte zum Beispiel eine Zentralbank in der Eurozone sein. In solchen Fällen müssen strikte risikobezogene Kriterien erfüllt werden. – Was ändert sich nun?Unter CSDR dürfen wir solche unbesicherten Darlehen weiter ausschließlich an diese Zentralbanken vergeben. Es gibt aber Zentralbanken außerhalb der Eurozone, die nicht auf der CSDR-Liste stehen. Das neue regulatorische Regelwerk wird künftig keine Vergabe unbesicherter Kredite mehr an diese Institute erlauben. Das heißt also, dass in Zukunft einige Kunden keine unbesicherten Kreditlinien mehr erhalten können, ohne Sicherheiten dafür zu hinterlegen. Und es gibt auch Marktteilnehmer, die keine besicherten Kredite mehr erhalten dürfen, weil das Profil der zu hinterlegenden Sicherheiten restriktiver geworden ist. – Erwarten Sie mehr Wettbewerb im Nachhandelsmarkt durch CSDR?Nicht ausschließlich durch CSDR. Ich glaube, es wird durch das veränderte Umfeld mehr Wettbewerb geben. Wenn wir die europäische Wertpapierabwicklungsplattform T2S mit CSDR und der Umsetzung der Eigenkapitalanforderungen unter Basel III verknüpfen, wird sich die Dynamik in der europäischen Marktinfrastruktur verändern. Die Kunden werden andere Lösungen benötigen, und zwar solche, die sie heute nicht bekommen. Dies wird die Wettbewerbsdynamik verändern. – Was könnten das für Lösungen sein?Ein Beispiel ist: Wenn die Assetmanager – die Buy Side – voll in die Clearing-Pflicht unter Emir einbezogen sind, werden die Depotstellen auch Wege finden müssen, um sie im Sicherheiten-Management besser unterstützen zu können. Dies können sie mit Zentralverwahrern, die über keine Collateral-Management-Infrastruktur verfügen, nicht umsetzen. Wir sehen bereits, dass die Zentralverwahrerverordnung und T2S die Bepreisung bestimmter Nachhandelsdienstleistungen verändern. – Weshalb?Aus zwei Gründen: Einige CSDs sind sehr abhängig von Abwicklungsgebühren. Während diese Einnahmen durch die Einführung von T2S geschrumpft sind, hat sich ihre Kostenbasis jedoch nicht verringert. So hat sich ihr Ergebnis teilweise halbiert. In manchen Märkten sind die Verwahrgebühren angehoben worden, um das zu kompensieren. Collateral-Management-Fähigkeiten werden also wichtiger. Wir sehen kleinere Zentralverwahrer, die ihr Geschäft weiter betreiben wollen, aber zu uns kommen um herauszufinden, inwieweit wir sie mit unserer technologischen Infrastruktur unterstützen können. Das sind sehr frühe Gespräche. Wir sehen hier eine natürliche Ausweitung der regulatorischen Vorgaben – denn für viele wird ihr Geschäftsmodell schwieriger umsetzbar, da es sich verteuert hat.- Wird der Kapitalmarkt in Europa künftig einheitlicher und weniger fragmentiert?Wir gehen davon aus, dass mit der EU-Initiative für eine Kapitalmarktunion, sowie mit T2S, CSDR und Mifid II die Emittenten insbesondere im Bereich Festverzinsliche beginnen werden, ihre Wertpapiere in den Märkten zu platzieren, wo sie den größten Investorenpool ansprechen können. Es könnte also sein, dass ein Emittent nicht mehr in seinen Heimatmarkt geht, sondern in den Markt, der ihm den größten Investorenpool bietet. Dies kann in jedem der 27 EU-Märkte sein, also in jedem Markt, der über eine grenzüberschreitende T2S-Infrastruktur verfügt. Wir haben bereits Kunden, die nicht aus Luxemburg und nicht aus Deutschland stammen, aber zu uns kommen, um ihre Papiere in Luxemburg oder in Deutschland zu emittieren. Und zwar, weil sie unsere Infrastruktur in Anspruch nehmen wollen, die durch den T2S-Zugang von Clearstream Banking Frankfurt einen breiten Zugang zu verschiedenen europäischen und internationalen Märkten ermöglicht. – Wie weit sind diese Vorhaben bereits gediehen?Wir sehen Interesse von Emittenten, die auf der Suche nach einem Emissionsprozess sind, der zugleich effizienter und günstiger ist und auch mehr Märkte erreicht. Wir haben hierzu bereits einige Vereinbarungen getroffen, aber die Formalisierung mit den Emittenten steht noch aus.- Spielt hier eine Rolle, dass in einigen Märkten die Nationalbanken verlangen, dass Emissionen im Primärmarkt nur über ein Konto beim nationalen Zentralverwahrer gebucht werden dürfen?Das spielt eine gewisse Rolle, im Bereich staatsnaher Emissionen, wo die Emission über einen Prime Dealer im Heimatmarkt laufen muss. Dies ist übrigens in Deutschland nicht der Fall. Ein Investor kann eine Anleihe in Deutschland zeichnen und über unseren CSD-Link in Frankreich über ein Euroclear-Konto bei uns abwickeln. Umgekehrt ist das nicht möglich. Deutschland hat ein sehr offenes Modell. So können heute schon beispielsweise Wertpapiere unter irischer Gesetzgebung in den Markt gebracht und auf Xetra gelistet werden. Deutschland könnte sich somit zu einem Hub für Anleihen entwickeln, die europaweit lanciert werden.- Erwarten Sie daraus dann eine Benchmark-Emission?Wenn es dazu käme, ja. Das wäre sehr bedeutsam. Es wäre eine gelebte Kapitalmarktunion für das Fixed-Income-Geschäft. Wir schaffen eine Infrastruktur, in der ein Emittent über einen einzigen Zugang Investoren in verschiedenen Märkten ansprechen kann. Das wird die Wettbewerbslandschaft verändern. – Könnte dies auch ein Anlass sein, eine neue Internationale Wertpapierkennnummer – ISIN – in den Markt zu bringen, also eine EU-ISIN? Die ISINs unterliegen den Regeln der Association of National Numbering Agencies (ANNA). Heute ist es laut unseren technischen Experten nicht möglich, in Deutschland eine Emission ohne DE-ISIN zu machen. Die ANNA schreibt vor, dass die ISIN mit dem Heimatmarkt des Emittenten verknüpft sein muss. – Es gibt Stimmen im Markt, die so etwas sinnvoll finden.Ein breiterer Einsatz von EU-ISINs außerhalb europäischer Institutionen würde in der Tat eine Menge Sinn machen. Einige Emittenten möchten an eine Infrastruktur angebunden sein, ohne zugleich mit dem entsprechenden Markt verbunden zu sein. Dazu gibt es laufende Diskussionen. Einige Investmentfonds haben zudem Restriktionen in ihren Anlagerichtlinien und können keine weiteren Papiere eines bestimmten Marktes kaufen, obwohl der Emittent gar nicht aus diesem Markt kommt.- Kommen wir noch auf die Settlement-Disziplin. Ab 2020 sollen Gegenparteien, die Transaktionen nicht erfüllen, mit einer Strafzahlung belastet werden beziehungsweise es müssen die Wertpapiere dann anderweitig beschafft werden. Was hat das für Folgen?Der deutsche Markt arbeitet sehr effizient, nicht passende oder unklare Transaktionen werden sofort zurückgewiesen. Die Abwicklungsdisziplin ist aber individuell unterschiedlich. Es gibt Marktteilnehmer, deren Disziplin fast 100 % erreicht, und es gibt solche, die deutlich schlechter abschneiden. Insgesamt erwarten wir eine Verbesserung. Tatsächlich beobachten wir, dass einige Investmentbanken bereits Modelle laufen lassen, um ihre Kosten zu berechnen. Es gibt beispielsweise Prime Broker und Custodians, deren Kunden – insbesondere Hedgefonds – illiquide Bonds handeln. Dies könnte, wenn eine Abwicklung nicht klappt, ein bedeutendes Kreditrisiko für diese Marktteilnehmer darstellen und, wenn es sich um eine große Transaktion handelt, sehr teuer werden. – Wie gehen Sie damit um?Wir schauen uns momentan an, ob wir hier aus unseren Daten mehr Informationen ziehen und diese auch dem Markt zur Verfügung stellen können. Ist ein Bond wirklich liquide, wird er täglich abgewickelt oder nicht, wie bewegt sich der Preis? Das gibt auch Hinweise darauf, ob die Gegenpartei den Trade gut abwickeln kann oder nicht. So können wir Auskunft über Marktrisiken, Asset-Risiken und Gegenpartei-Risiken geben.- Wie hoch ist der Anteil fehlgeschlagener Transaktionen, Fails, im Markt?Es gibt eine kleine Anzahl an Gegenparteien im Markt, die regelmäßig ihrer Lieferverpflichtung nicht nachkommen, sei es absichtlich oder sei es, weil sie nicht entsprechend aufgestellt sind. Ein Durchschnittswert für den Gesamtmarkt würde da nicht viel aussagen.- Kommen wir noch zu einem anderen Thema, dem Brexit. Welche Effekte spüren Sie da?Clearstream selbst ist nicht stark davon betroffen. Wir haben zwar eine Niederlassung in London, aber wir haben keine Verträge über London laufen, sondern nur über Luxemburg oder Deutschland. Wir achten aber natürlich darauf, wie unsere Kunden damit umgehen. Den größten Einfluss, den wir – wenn überhaupt – erwarten, ist der, dass unsere Kunden neue Buchungsstellen einführen, weil britische Buchungen nicht mehr durch den EU-Pass abgedeckt wären. So gäbe es eine Verlagerung der Buchungseinheit in ein EU-Land, und wir müssten dann die Verträge anpassen – nicht den Namen, aber das Domizil. – Was wären die Folgen?Das wäre ein administrativ sehr aufwendiger und möglicherweise sehr komplexer Prozess. Es müssten tausende legale Entitäten neu erfasst werden. Momentan warten alle darauf, wie die Verhandlungen sich entwickeln. Die Nachrichtenlage in puncto Brexit ändert sich wöchentlich. Nichts ist sicher. Das Einzige was steht, ist dieses Datum Ende März 2019. Wer vorsichtig ist, sollte darauf reagieren und sich vorbereiten – und der größte Teil des Marktes tut das auch. – Beobachten Sie schon reale Veränderungen?Wir sehen viele Statements, aber ich habe noch keine Lastwagen in London vor den Bürotürmen vorfahren sehen. Im Ernst, die meisten Marktteilnehmer sind noch nicht in der Handlungsphase. Sie sind entweder inmitten oder am Ende ihrer Entscheidungsphase. Niemand hat aber bisher eine sehr belastbare Aussage zu einem Umzug gemacht. Es gab Ankündigungen einiger Banken, die umziehen, aber noch nicht, welche Bereiche umziehen, wie viele Personen und welche Funktionen. Wann dies geschieht, wird stark davon abhängen, wann Brüssel welche Aussagen macht. Es gibt Institutionen, die ihr EU-gebuchtes Geschäft in eine EU-Einheit verlagern werden. Das ist aber nur eine juristische Umstellung. Was das physisch und greifbar bedeutet, ist noch nicht klar. Die Frage ist, was der Regulator hinsichtlich Substanzanforderungen für solche Einheiten verlangt. Dass es keine Briefkastengesellschaften sein dürfen, ist klar, aber nicht, wie tief die Anforderungen reichen werden.- Hinsichtlich der Produktpalette der Deutschen Börse – wird es neue Angebote geben auch wegen des Brexit?Nicht ausschließlich deswegen. Eines ist ganz klar: Wir werden unseren Kunden in diesen unsicheren Zeiten als verlässlicher Partner zur Seite stehen und sie dabei unterstützen, bestmöglich durch diese Transformation zu gelangen. Selbstverständlich werden wir, wo notwendig und sinnvoll, auch entsprechende Dienstleistungsangebote erwägen. Wenn wir den Brexit jedoch einmal für einen Moment bei Seite lassen, wird unser Fokus bei Clearstream 2018 auf zwei Dingen liegen: Als erstes müssen wir die Vorgaben der Zentralverwahrerverordnung umsetzen, daran arbeiten wir hart. Das zweite ist die nächste Phase unseres T2S-Angebots. Die Abwicklungsplattform soll sich von einem national geprägten System in ein echtes grenzüberschreitendes System verwandeln. Wir planen in diesem Quartal mit einem europäischen Markt live zu gehen und über Clearstream Banking Frankfurt direktes Cross-Border-Geschäft anzubieten. Bis Ende 2018 sollen die großen Euro-Märkte alle mit Frankfurt verbunden sein. Ende 2018 dürften über 90 % unseres EU-Volumens über T2S in einer echten grenzüberschreitenden Struktur von Zentralverwahrer zu Zentralverwahrer abwickelbar sein. – Das bedeutet, dass Ihre Kunden auch T2S nutzen.Wir werden 2018 mit unserem ersten Broker-Dealer-Kunden live gehen, nämlich mit der UBS. Die UBS wird unser Angebot und das von Citibank nutzen, um künftig über einen einzigen Zugang alle Euro-Märkte abdecken zu können. Das gilt sowohl auf der festverzinslichen Seite als auch auf der Aktienseite, in Zentralbank- wie auch in Geschäftsbankengeld. Und alle Sicherheiten – ob in T2S oder dem internationalen Zentralverwahrer – werden über diesen Zugang gemanagt. Das ist vermutlich der wichtigste Schritt, seit T2S ins Leben gerufen wurde. Es ist der erste Test mit großen grenzüberschreitenden Volumina und Transaktionsgrößen. Die UBS wird T2S und unsere Collateral-Management-Dienstleistungen als einziges Funding-, Liquiditäts- und Collateral-Management-Tool für ihr Geschäftsmodell nutzen – also genau die Bereiche, die den wirklichen Wert von T2S überhaupt erst ausmachen. – Was hat es mit neuen Produkten im Zinsswapgeschäft auf sich?Unsere Terminbörse Eurex hat ein erfolgreiches Partnerschaftsprogramm ins Leben gerufen, das im Brexit-Umfeld eine gute Option für den Markt darstellt. Kunden, die bereits Vermögenswerte bei uns halten, werden vom gesamten Ökosystem profitieren, wenn sie für das Zinsswapgeschäft zur Eurex gehen. Unsere Kunden werden ebenfalls davon profitieren, wenn die Fragmentierung des Sicherheiten-Pools sich verringert.- Noch ein Wort zu technologischen Innovationen – was halten Sie von der Distributed-Ledger- oder Blockchain-Technologie?Wir engagieren uns stark in diesem Feld. Wir möchten am Tisch derer sitzen, die den Markt umkrempeln, und nicht vor der Türe stehen. Wir arbeiten momentan selbst an mehreren Blockchain-Prototypen, an einem davon etwa gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank und an einem gemeinsam mit anderen Zentralverwahrern. Darüber hinaus sitzen wir im Aufsichtsrat von Digital Asset Holdings, sind am Ethereum-Projekt beteiligt, ebenso am Linux-Hyperledger-Projekt. Die Gruppe Deutsche Börse kooperiert mit zahlreichen Start-ups und Marktteilnehmern, um Potenziale im Nachhandelsbereich auszuloten. Wir haben hierzu DB1 Ventures ins Leben gerufen. Ziel ist es, darüber Investitionen in Ventures zu tätigen, die strategisch für die Gruppe bedeutsam sind; hierzu zählt eine breite Palette globaler Fintech-Firmen. Zu guter Letzt haben wir über unser Deutsche Börse Venture Network selbst zahlreiche Fintechs an Bord. Es gibt also bereits ein ganzes Ökosystem rund um neue Technologien. – Welche Rolle wird die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) spielen?DLT hat das Potenzial für interessante Anwendungen und könnte eine nützliche Technologie für uns darstellen, um unseren Kunden künftig noch bessere Dienstleistungen anbieten zu können. Unsere Kunden wollen aber weiterhin uns in der Kette sehen. Das Konzept, einen Staatsfonds auf einem USB-Stick herumtragen zu können, geht etwas über das Vorstellungsvermögen eines Risikomanagers hinaus. Unsere Kunden wollen immer noch einen vertrauenswürdigen Dritten im Boot. So wird sich das Thema wohl eher in Richtung private Blockchain entwickeln. Die Digitalisierung wird den Markt verändern, aber sie wird uns nicht erschüttern. – Wann ist mit ersten großvolumigen DLT-Lösungen zu rechnen?Da müssen wir auf die australische Börse ASX schauen, die DLT für ihr Abwicklungs- und Clearingsystem einsetzen will. In einem relativ abgeschlossenen Markt ist es möglich, solche Technologien einzusetzen. Gelingt dies, wird die Umsetzung im gesamten Markt schneller voranschreiten.- Was ist mit Deutschland?Deutschland ist ein etwas komplexerer Markt, wegen der Produkte, aber auch aufgrund des höheren Anteils ausländischer Marktteilnehmer. Wir sollten aber keine Konzepte von vornherein ausschließen. Als Infrastrukturunternehmen wäre es dumm, das Risiko einer Disruption nicht zu berücksichtigen.—-Das Interview führte Dietegen Müller.