"Wir sind das Check24 für Firmenkredite"
Von Björn Godenrath, FrankfurtGeboren wurde die Idee für Fincompare aus einer miserablen Erfahrung heraus. Stephan Heller war als Gründer und Chef einer Handelsplattform für Luxusuhren namens Watchmaster auf der Suche nach Warenfinanzierungen und stellte im Gespräch mit der Hausbank fest, “was für ein umständlicher Prozess” das doch sei für ein kleines Unternehmen. Er habe es leider häufig folgendermaßen erlebt: “Die halten dich bei der Stange, der Berater sagt nicht Nein, und dann wollen die immer mehr Unterlagen, das ist eine Salamitaktik.” Da das Internet mit der Google-Suche zwar viele auszufüllende Kontaktformulare offeriere, aber keinerlei Begleitung im Prozess der Kreditsuche, fühle man sich “dabei als Unternehmer allein gelassen”. Zentrale ErkenntnisDie zentrale Erkenntnis: “Ein Unternehmer ist immer wie ein Privatkunde, also ein Mensch, der keine Lust hat, zehn verschiedene Log-ins zu managen”, sagt Heller in Anspielung auf das bisherige Nutzererlebnis beim digitalen Firmenkredit. “Wenn er Geld braucht, will er das einfach delegieren.” Gesagt, getan, und so wurde Fincompare 2016 als Plattform für das Finden, Vergleichen und Abschließen von Finanzierungslösungen an den Start gebracht. Den seit 2012 aktiven Wettbewerber Compeon habe man “nicht so spannend” gefunden und habe sich gedacht, dass man das besser könne.Die Bilanz bis heute: 30 000 Firmenkunden sind bislang registriert und haben ihre Bilanzen hochgeladen, davon seien 7 000 aktiv, sagt Stephan Heller. Was ihm ganz wichtig ist: 20 % der KMUs, die erstmals einen Kredit über Fincompare erhielten, kommen erneut auf die Plattform und sind damit in Hellers Jargon “repeat customers”. Die durchschnittliche Ticketgröße beträgt 270 00 Euro, was schon eine signifikante Größe ist, wenn man bedenkt, dass das Angebot auf Fincompare bei 10 000 Euro anfängt und bis mehrere Mill. Euro reicht. Größte Tranche waren 26 Mill. Euro, was dann schon den Charakter einer Projektfinanzierung hat. Der Durchschnittskunde von Fincompare macht 5 Mill. Euro Umsatz.Vermittelt wurden im Zeitraum Januar bis Ende September gut 200 Mill. Euro, das angefragte Finanzierungsvolumen seit Gründung vor drei Jahren beträgt mehr als 4,5 Mrd. Euro. Mehr als 250 Banken sind auf der Angebotsseite mit der Plattform verbunden, lediglich 10 davon per API, was eine komplette Abwicklung des Kreditprozesses über die Plattform erlaubt.Um Fincompare zu verstehen, hilft ein Blick auf bestehende KMU-Kreditmarktplätze. Während eine Adresse wie Creditshelf einen rein vertikalen Marktplatz für ein Produkt darstellt, ist Fincompare horizontal aufgestellt, also mit einer breiteren Funktionalität mit den Kernelementen “Finden – Vergleichen – Abschließen” in der Mitte. Die Angebotspalette besteht aus Kredit, Leasing, Mietkauf, Darlehen, Factoring, Lager-, Einkaufs- und Absatzfinanzierung – und Fintechs wie Creditshelf und Iwoca stehen dann in einer Linie mit den Banken, die Kredite offerieren.Dabei baut Fincompare modulare Finanzierungslösungen strukturell analog zu Hypoport auf, die Plattformen um die Immobilienfinanzierung von Europace angesiedelt haben. Zwar habe jede Bank auch modulare Finanzierungslösungen “in ihren Strategiepapieren” drinstehen; wenn man sich aber Deutsche Bank Blueport und andere Lösungen anschaue, dann wollten die zwar Plattform sein, stellten sich “bei näherer Betrachtung aber eher als Affiliate-Marktplatz heraus: eine Ansammlung von dutzenden Logos von Partnern, wo man mit einem Click auf eine Landing Page kommt, auf der sich der Nutzer noch einmal komplett neu registrieren darf. Das ist in unserem Verständnis kein Mehrwert im Prozess.”Hellers Anspruch: “Das muss integriert sein, das heißt, der Unternehmer muss seine Daten mitnehmen können, um dann bei Sofortangeboten handlungsfähig zu sein.” Die Banken werden in diesem Plattform-Modell zwar auf die Rolle des Produktlieferanten begrenzt – Fincompare wolle aber im Bankteil der Plattform nicht den menschlichen Berater ersetzen. Dadurch nimmt die Bank zwei Rollen ein – als Finanzierer oder auch als Makler. Damit können sich Banken auf den Kernwert ihrer Technologie konzentrieren. Der andere Teil des Bankmoduls-in-der-Plattform – Compliance, Kreditmodell, Backend -, das müsse technologisch getrieben sein mit schnellem nahtlosen Datentransport. Bei früherer Gelegenheit hat Heller gesagt, die technologische Komponente des Geschäftsmodells in der Mittelstandsfinanzierung entscheide über die Realisierung des angestrebten exponentiellen Wachstums, denn sonst sei man “nichts anderes als die moderne Version einer Corporate-Finance-Boutique”.In diese technologische Kompetenz investiert Fincompare und positioniert sich dabei als “Plattform über der Plattform, das Check24 für Firmenkundenkredite”. Der Unterschied zu bestehenden Marktplätzen: “Wir haben immer einen Berater, aber der ist nicht vor Ort, der funktioniert über Telefon, auch für Millionenfinanzierungen.” Fincompare arbeitet mit freien Finanzberatern zusammen, die (gegen eine kleine Gebühr) Software des Fintech verwenden und die Plattform im Mittelstand bekannt machen; die Provision wird dann geteilt. Und da inzwischen auch die Margen in der Vermittlung von Baufinanzierungen schwinden, wenden sich die Makler gerne der KMU-Finanzierung zu.Denn ein Unternehmen habe vier bis fünf Finanzierungen pro Jahr, während der Privatkunde sich nur einmal im Leben ein Haus kaufe. “Ein Smava- oder Check24-Kredit dreht sich alle zwei Jahre, Unternehmer haben ein Finanzierungsthema mindestens alle sechs Monate. Nutzer akzeptieren unsere Plattform und Beratung jetzt schon als modulare Hausbank, ohne dass wir überhaupt eine Bank sind.” Und die grundlegende Technologie will Heller bald an Banken verkaufen, so wie es Europace auch mache.Dieses Kernprodukt beschreibt Heller so: Fincompare ist unter der Plattform wie ein CRM gebaut, also eine Prozessmaschine für das automatisierte Matching von Kundenbedürfnis und Finanzierungsangebot. Dafür müsse man alle Kreditmodelle der Banken kennen und nachbauen. Und wenn man dann die Unternehmensdaten habe, könne man recht schnell sagen, wer zu wem passt. “Der eine braucht Leasing und keinen Kredit, wenn ich mir die Bilanz anschaue; dann braucht der nächste vielleicht Factoring, weil der hohe offene Forderungen hat.” Immer ein paar FragenAber kein Mittelständler werde “200 000 Euro einfach so abschließen, das ist kein One-Click-Shopping-Produkt.” Der Unternehmer habe immer ein paar Fragen. “Vor allem möchten Geschäftsführer von ihrem Geschäft erzählen, das geht meist über die nackten Zahlen hinaus. Der Berater muss also nicht perfekt Bilanzen lesen können, er ist kein Risikoprüfer light, sondern er soll sich auf die Kunden einlassen können.” Parallel baue Fincompare aber immer weiter an der Prozessautomatisierung: Zur Kennzahlen-Erkennung ist man über APIs mit Handelsregister, Bundesanzeiger, Creditreform, Schufa und Bürgel verbunden – das alles werde “sofort automatisiert gezogen und berechnet, der Berater folgt einfach nur Checklisten”.Hellers Motto: “Alles unter 100 000 Euro muss wie in einer Fabrik funktionieren.” Ab 750 000 Euro beginne die Handarbeit, bis dahin könne man technologisch alles automatisieren. Die KWG-Grenze beträgt 750 000 Euro, aber auch Ticketgrößen über dieser Schwelle ließen sich über die Plattform abwickeln, da die Beteiligten die Prozesse darüber abbilden können. Berater und Kunde können sich gegenseitig einladen und arbeiten dann über das Portal, wenn z. B. eine Rückfrage zu einer Kennzahl auftaucht. “Fincompare hat heute 950 aktive Multiplikatoren, die uns Kunden liefern, und wir sind die Ersten, die ihnen für Firmenkredite eine horizontale Plattform bereitstellen.”Dabei reicht es für das Fintech bislang, eine Makler-Lizenz (34C) zu halten. Strukturell soll es künftig eine Dachgesellschaft geben und darunter die Fincompare, die das Online-Geschäft betreibt, sowie dann eine neue Gesellschaft, die sich auf die Makler konzentriert, ihnen die CRM-Lösung anbietet und damit eher wie ein Anbieter von SaaS (Software as a Service”) operiere, sagt Heller. Nukleus blieben die Matching-Maschine plus die API-Integration in die Banken, womit der ganze Prozessapparat auf beiden Seiten der Plattform integriert sei.Als weiteres Segment unter dem Dach liebäugelt Heller mit dem Aufbau einer SME Bank. Das könne so in zwei Jahren geschehen: Heller will “eine kundenzentrierte Marktplatzbank bauen, mit integrierter Marktmaschine, sprich dem Zugang zum modularen Marktplatz ohne zusätzliche Klicks und doppelte Dateneingabe. Die Kunden erhalten dann bei Fincompare Kreditkarte plus Konto und können ihre anderen Konten mit Multi-Banking integrieren.”Dabei will Fincompare mit der SME Bank keinesfalls selbst Kredite vergeben, sondern das immer mit Partnern wie der Solarisbank gestalten – aber dann als exklusives Produkt. Hellers Motivation ist es, Prozesstreiber zu sein und damit zu beweisen, was technisch möglich ist – und zwar “mit Mini-Aufwand im Vergleich zu dem, was Banken für IT ausgeben”. Große FinanzierungsrundeIm kommenden Jahr will Heller es angehen, die Marke Fincompare stärker zu promoten. Nachdem man Mitte 2018 in einer Serie-A-Runde 10 Mill. Euro eingenommen hatte mit der ING Group im Lead, die 7 Mill. Euro beisteuerte, soll im Spätherbst weiteres Kapital im Umfang von 10 bis 15 Mill. Euro aufgenommen werden. Später im kommenden Jahr könne dann eine richtig große Finanzierungsrunde folgen.