„Wir sind per se nicht auf Konflikt aus“
IM GESPRÄCH: Gunar Feth und Dominik Lamminger
„Wir sind per se nicht auf Konflikt aus“
In der Tarifrunde 2024 setzen die Arbeitgeber der öffentlichen Banken auf zügige Verhandlungen – Passende Lösungen für jede Lebensphase angestrebt
Von Angela Wefers, Berlin
In der anstehenden Tarifrunde der öffentlichen Banken setzen die Arbeitgeber auf Kompromissbereitschaft und hoffen auf ein Ergebnis in wenigen Runden. „Wir wollen zügig durchverhandeln“, sagt Gunar Feth, Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Diesmal liegt der Schwerpunkt vor allem auf dem Gehaltstarifvertrag und dem Entgelt.
In der vorangegangenen Tarifrunde 2021/22 waren weit mehr Themenfelder beackert worden. „Wir sind per se nicht auf Konflikt aus. Wir wollen Lösungen entwickeln“, betont Feth. „Wir sind gute Arbeitgeber und wir werden auch in Zukunft sehr, sehr gute Arbeitgeber sein. Wir wollen gestalten, weil wir wissen: Das sind unsere Mitarbeiter.“
Tarif für 60.000 Mitarbeiter
Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) verhandelt von Juni an für seine rund 50 Mitgliedsinstitute mit mehr als 60.000 Mitarbeitern einen neuen Tarifvertrag. Auf Gewerkschaftsseite stehen Verdi und der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV). Vorsitzender des Tarifausschusses der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken ist seit 2016 Gunar Feth, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der SaarLB.
In der Geschäftsleitung des VÖB zeichnet Dominik Lamminger für den Arbeitgeberverband und die Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken verantwortlich. Verhandelt wird für die Beschäftigten von Landesbanken, Förderbanken, Bausparkassen und von einzelnen Sparkassen. Die Verhandlungsdelegation der öffentlichen Banken umfasst insgesamt zehn Personen.
Verhandlung „auf Augenhöhe“
Verhandlungen will der VÖB „auf Augenhöhe“ mit beiden Gewerkschaften führen. Wie stark der Organisationsgrad unter den Tarifbeschäftigten ist, wissen die Arbeitgeber nicht. Verdi ist zwar die größere Organisation, aber es gebe auch Häuser in der VÖB-Vertretungsgemeinschaft, da sei der DBV sehr stark und stelle dort den Personalratsvorsitzenden. Unabhängig davon wird das Verhandlungsergebnis bisher am Ende auf alle Beschäftigten übertragen.
Bei aller Wertschätzung für die Tarifpartner ist der VÖB allerdings nicht auf „Schmusekurs“, macht Feth deutlich. Konflikte müssten diskutiert werden. Manche Punkte werden demnach auch nicht einigungsfähig sein. „Man muss sich nichts schenken. Und wir haben uns auch in der letzten Runde wirklich nichts geschenkt“, konstatiert Lamminger beim Blick zurück. „Aber das Verständnis muss von beiden Seiten für die Gegenseite da sein. Den Eindruck haben wir.“
Arbeitsverhältnis fürs Leben
Es ist die zweite Tarifrunde für den VÖB seit der Trennung von der AGV Banken, der Arbeitgebervereinigung des privaten Bankgewerbes, im Jahr 2020. Die Tarifrunde 2021/22 war die Premiere in alleiniger Regie. Die Beschäftigungsverhältnisse unterscheiden sich wegen des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Institute von jenen in der privaten Kreditwirtschaft, wie der VÖB argumentiert.
Es sei oftmals eine Lebensentscheidung, für eine öffentliche Bank zu arbeiten, erklärt Lamminger. „Die öffentlichen Banken haben für jede Lebensphase ein passendes Angebot. Das wollen wir ausbauen und nicht abschwächen.“ Dies liege auch im Interesse der Gewerkschaften.
Ein modernes Gesamtpaket
Feth hob hevor, dass die Beschäftigten den öffentlichen Banken als Arbeitgeber besonders vertrauten. Die Mitarbeiter hätten auch in Wirtschaftskrisen nie Angst haben müssen. „Bei uns zählt nicht Glanz und Glamour, sondern Verlässlichkeit. Es ist uns wichtig, unseren Leuten ein gutes und modernes Gesamtpaket zu bieten“, sagt Feth.
Sechs lange Verhandlungsrunden waren in der Tarifverhandlung 2021/22 nötig, um zu einem Ergebnis zu kommen. Diesmal könnte es schneller gehen, da der Forderungskatalog sich auf das Entgelt konzentriert. Auftakt der Verhandlungen ist am 21. Juni. Die Gewerkschaften – Verdi und der DBV – haben ihre Forderung bereits bekannt gemacht.
Verdi startete und kam damit Ende März: Ein Gehaltsplus von 12,5% und mindestens 500 Euro mehr für alle Beschäftigten der öffentlichen Banken über eine Laufzeit von zwölf Monaten verlangt die Arbeitnehmervertretung. Der VÖB reagierte umgehend und bezeichnete die Forderung als „unrealistisch“. Explizit verwiesen wurde auf das deutlich eingetrübte wirtschaftliche Umfeld. Besonders vom Immobilienmarkt gingen erhebliche Belastungen für die Banken aus.
Wie Verdi sieht auf der DBV großen Nachholbedarf beim Reallohn und forderte Anfang Mai eine Erhöhung der Tarifgehälter um 14,5% bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sowie eine Mindesterhöhung von 500 Euro. Die Mindesterhöhung entspricht demnach 14,5% in der Endstufe der Tarifgruppe 4.
Tarifvertrag mit Planungsfaktor
Die öffentlichen Arbeitgeber stehen bei der Forderung nach 500 Euro auf der Bremse. Diese liegt in den niedrigeren Tarifgruppen extrem weit über der prozentualen Forderung. Auch die Vertragslaufzeit von zwölf Monaten wäre aus Sicht der Arbeitgeber viel zu kurz. Selbst wenn der Abschluss schon im Oktober nach nur drei Verhandlungsrunden zustande käme, liefe der neue Tarifvertrag schon Ende Mai 2025 wieder aus. Die Arbeitgeber streben einen länger laufenden Tarifvertrag an.
„Die Planungssicherheit ist nicht nur für die Arbeitgeber wichtig“, sagt Lamminger. „Sie ist auch für die Mitarbeiter wichtig. Sie können sehen, wie sich ihr Gehalt innerhalb der nächsten Jahre entwickelt.“
Nach der DBV-Forderung sollen zudem alle Nachwuchskräfte 350 Euro mehr erhalten und die Übernahmegarantie soll verlängert werden. Verdi will 250 Euro mehr für die Nachwuchskräfte. Feth verweist auf einen „sehr modernen Nachwuchskräfte-Tarifvertrag“, den der VÖB gleich im ersten eigenständig verhandelten Tarifabschluss vereinbart hatte.
Das Bündel an Unterstützungsleistungen, Weiterbildung und Übernahmezusagen ist nach Darstellung der Arbeitgeber attraktiv und für die öffentlichen Banken geeignet, um damit junge Menschen zur Ausbildung in einer öffentlichen Bank zu bewegen.
Parallel zum VÖB fordert der DBV gegenüber der AGV Banken des privaten Bankgewerbes 16% mehr Gehalt sowie eine Arbeitszeitverkürzung von 39 auf 38 Stunden. Der VÖB hatte die verkürzte 38-Stunden-Woche schon in der Tarifrunde 2021/2022 vereinbart. Sie wurde zum 1. Januar 2024 umgesetzt und ist für die Arbeitgeber eine Vorleistung für die anstehende Tarifrunde: Die gekürzte Stunde entspricht dem Äquivalent einer Tariflohnsteigerung von 2,56%.
Darüber hinaus hatte die alte Tarifrunde im Wesentlichen eine Erhöhung der Tarifgehälter um 3% zum 1. Juli 2022 und um 2% zum 1. Juli 2023 gebracht. Ferner wurde ein Anspruch auf 40% mobile Arbeitszeit sowie die Möglichkeit der Entgeltumwandlung für nachhaltige Mobilität vereinbart. Der Tarifvertrag läuft am 31. Mai, also diesen Freitag, aus.
Kompensation umstritten
Tatsächlich gibt es seit dem Tarifabschluss 2021/22 deutlich höhere Zinsen und spürbare Inflation. Die Forderung nach einer völligen Kompensation wollen die Arbeitgeber aber nicht erfüllen. „Da wird man nicht alles ausgleichen können“, stellt Feth fest.
Er verweist dabei auf die steuerfreien Prämien und staatlichen Stützungsmaßnahmen, die es wegen der Inflation bereits gegeben habe. „Wir brauchen jetzt ein gutes Ergebnis mit Augenmaß, denn es geht um unsere Beschäftigten.“
Zum zweiten Mal seit der bewussten Trennung vom privaten Bankgewerbe verhandeln die Arbeitgeber der öffentlichen Banken eine Tarifrunde für ihre 60.000 Beschäftigten. Verhandlungsführer Gunar Feth setzt auf Gespräche auf Augenhöhe mit Verdi und DBV. Diesmal geht es vor allem um die Entgelthöhe.