„Wir werden unser Portfolio diversifizierter aufstellen“
Der Fondsanbieter Real I.S. will in den nächsten zwei Jahren 600 bis 800 Mill. Euro überwiegend in die Felder Logistik und Wohnen investieren. Dies erklärte die designierte Vorstandsvorsitzende Christine Bernhofer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Anteil dieser Nutzungsarten am Portfolio werde deutlich wachsen. Aktuell lägen 9% des Gesamtportfolios von 12,5 Mrd. Euro im Segment Wohnen, weitere 7% entfielen auf Logistik. Büros dominierten mit einem Anteil von 58%, sagte Bernhofer, die am 1. Oktober die Führung der BayernLB-Gesellschaft übernimmt. Der amtierende Chef Jochen Schenk strich heraus, Real I.S. könne aufgrund der resilienten Aufstellung neue Produkte vorantreiben: „Wir haben jenseits von Wohnen und Logistik eine Reihe weiterer Ideen.“
Logistikfonds im Herbst
Das aktuelle Interesse an Logistik sei preisgetrieben, ist die designierte Vorstandsvorsitzende überzeugt. Während Portfolien früher teils zum 32-Fachen der Jahresmiete gehandelt worden seien, lägen die Multiples nun um ein Drittel niedriger: „Ordentliche Logistikimmobilien in vernünftigen Lagen werden auch mittelfristig attraktiv bleiben.“ Die Kundenansprache zum ersten reinen Real-I.S.-Logistikfonds starte im Herbst.
Wohnimmobilien dagegen seien vor einigen Jahrzehnten noch von Investoren ignoriert worden, sagte Bernhofer. Einerseits hätten die Renditen als zu niedrig gegolten im Vergleich zu Büroinvestments. Andererseits gebe es Reputationsrisiken, wenn Mieter sich schlecht behandelt fühlten. Mittlerweile sei allgemein anerkannt, dass Geld für Wohnflächen auch für Nutzungsarten wie Seniorenwohnungen bereitgestellt werden müsse. Wohninvestments lieferten zwar keine Höchstrenditen, jedoch seien die Erträge ordentlich.
Akquisiteure am Start
Der aktuell aufgelegte paneuropäische Wohnen-Fonds „Modern Living“ solle bis Ende 2024 vollständig investiert sein, sagte Bernhofer. Engpässe bei Wohnimmobilien gebe es europaweit, teilweise höher als in Deutschland. So habe Real I.S. bereits einige Wohninvestments im besonders betroffenen Irland und biete aktuell einen fokussierten Fonds „Wohnen Irland“ an. „Anlegerinteresse ist vorhanden“, führte sie weiter aus. Der paneuropäische Folgefonds zum „Modern Living“ werde vielfältige Wohnformen und Standorte in Europa umfassen.
Dass das Duo Wohnen/Logistik auch von Wettbewerbern beackert wird, ist Bernhofer naturgemäß bewusst: „Natürlich geht jetzt jeder auf diese Nutzungsarten, denn dort ist Nachfrage.“ Aber Real I.S. sei guter Dinge, denn: „Wir haben unsere Akquisiteure im Gegensatz zu vielleicht dem einen oder anderen Mitbewerber nicht abgebaut.“ Der Fondsanbieter sei darüber hinaus nicht nur in Deutschland, sondern auch an anderen Standorten aktiv, betonte Schenk.
Preiskorrekturen laufen noch
Generell sei die Lage auf den Immobilienmärkten weiterhin herausfordernd, sagte Bernhofer: „Angebot und Nachfrage finden sich noch nicht.“ Die Preiskorrekturen seien nicht abgeschlossen. Die Kunden seien zurückhaltend, doch das Interesse steige: „Es wird wieder viel geschaut und geprüft, aber noch nicht gehandelt.“
Insbesondere sei die Unsicherheit beim Thema Büroimmobilien zu spüren, sagte Bernhofer. Sie ist überzeugt, dass hohe Homeoffice-Quoten weder für Arbeitnehmer noch für Arbeitgeber auf längere Sicht sinnvoll sind: „Wir haben viele Büroräume und wir glauben an das Büro.“ Allerdings müssten die Flächen viel moderner werden. Beispielsweise habe vor drei bis vier Jahren kaum jemand etwas mit der Wortkombination „End of Trip Facility“ anfangen können. Diese Bereiche, wo Mitarbeiter – mit dem Fahrrad oder Joggingschuhen ankommend – sich umziehen und duschen könnten, gehörten dagegen heutzutage zu einer Top-Ausstattung.
Geringe Abwertungen
Die Abwertungen auf die Real-I.S.-Immobilien hätten im vergangenen Jahr 1,4% betragen, erklärte Bernhofer. In der laufenden Periode sei mit einem ähnlichen Wert zu rechnen: „Eine große Büronachfrage ist momentan nicht erkennbar.“ Die institutionellen Anleger als Real-I.S.-Hauptkundschaft brächen aber nicht in Hektik aus, wenn die Bewertung für einen überschaubaren Zeitraum ein wenig sinke. Letztlich würden Büros zwar nicht mehr die Bedeutung wie vor der Pandemie haben, aber spürbar relevanter als aktuell werden, ist Bernhofer überzeugt.
Die Korrekturen lägen deswegen weit unter den Werten börsennotierter anderer, beispielsweise angelsächsisch geprägter Häuser, weil die nach der entsprechenden deutschen Verordnung arbeitenden Bewerter die Immobilienwerte in der Aufschwungphase nicht strikt auf Marktwerte hochgeschrieben haben. Der Ansatz ist eine langfristige Investition, kein Mark-to-Market, sagte Schenk.
Aus seiner Sicht sorgen zwei weitere Faktoren für die Stabilität. Erstens habe die Vermietungsquote im vergangenen Jahr knapp 97% betragen und damit nur leicht unter dem Vorjahreswert gelegen. Werte oberhalb von 95% entsprächen einer Vollvermietung.
Nachhaltige Immobilien
Zweitens habe Real I.S. viele Immobilien im Portfolio, die nach 2012 gebaut worden seien und geringe Bewertungsabschläge hinnehmen müssten für die künftige Dekarbonisierung. Als einziger Assetmanager in Europa mit breit gestreuten Investments habe die BayernLB-Tochter daher im vergangenen Jahr 75% des Bestands in einer Nachhaltigkeitsstufe nach Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung verbuchen können. Im laufenden Jahr werde die Quote, so die Anleger einverstanden sind, wohl auf 90% steigen.
Die Bestandsgebühren deckten die Fixkosten gut ab, sagte Bernhofer. Die Mutter BayernLB akzeptiere, dass der Gewinn in der aktuellen Phase deutlich geringer ausfalle, Real I.S. könne sich nicht vom Markt abkoppeln. Schenk fügte hinzu, dass der Gewinn in den nächsten Jahren mit der erwarteten Markterholung steigen werde.
Im vergangenen Jahr war das Ergebnis vor Steuern, trotz einer hohen erfolgsabhängigen Vergütung, von 31 auf 27 Mill. Euro gesunken. Im Geschäftsbericht der BayernLB wird der Rückgang mit dem rückläufigen Transaktionsvolumen begründet. Es war laut Bernhofer von 1,1 Mrd. Euro auf 0,5 Mrd. Euro eingebrochen, davon wanderten 300 Mill. Euro in den Ankauf. Die Cost-Income-Ratio sei im vergangenen Jahr von 65 auf 69% gestiegen und werde sich im laufenden Jahr voraussichtlich auf rund 80% erhöhen.
Mehr Transaktionen geplant
Real I.S. bewegt sich laut Bernhofer mit ihren unverändert rund 300 Mitarbeitern (265 auf Vollzeitbasis) auf einem niedrigeren Marktniveau. Das Transaktionsvolumen soll trotzdem auf 1,2 Mrd. Euro steigen, allerdings sei diese Vorgabe sehr ambitioniert. Die Hälfte sei für Ankäufe eingeplant, insbesondere für den Hochlauf des Logistikfonds. Die Assets under Management seien im vergangenen Jahr von 13,1 auf 12,4 Mrd. Euro gesunken, sagte Bernhofer. Aktuell lägen sie bei 12,5 Mrd. Euro. Der offene Publikumsfonds Realinvest Europa habe Zuflüsse von 58 Mill. Euro verzeichnet, das Volumen sei auf rund 810 Mill. Euro brutto gestiegen.
Im vergangenen Jahr habe man 260 Mill. Euro Eigenkapital eingeworben. Der Großteil stammte allerdings aus der Einbringung eines Wohnungsbestands, den Real I.S für ein Versorgungswerk verwaltet. Dieses Geschäftsfeld Assetmanagement für Dritte habe den Bestand seit März 2023 von rund 490 Mill. Euro um rund 200 Mill. erhöht. Real I.S. habe 191 Gebäude im Portfolio. Die Flächen, die im Management seien, seien von 2,7 auf 2,9 Millionen Quadratmeter gewachsen.
Im Gespräch: Christine Bernhofer und Jochen Schenk
„Wir werden unser Portfolio diversifizierter aufstellen“
Fondsanbieter Real I.S. will in Wohnen und Logistik investieren – Geringe Wertkorrekturen aufgrund hoher Vermietungsquote und moderner Gebäude
Der Fondsanbieter Real I.S. will die Investments in Logistik und Wohnen deutlich verstärken. „Wir werden unser Portfolio diversifizierter aufstellen“, kündigte die designierte Vorstandsvorsitzende Christine Bernhofer an. Dem aktuellen Vorstandschef Jochen Schenk zufolge ist Real I.S. im laufenden Marktabschwung sehr resilient positioniert.