„Wir wollen hier mit Etoro richtig Fuß fassen“
Von Björn Godenraht, Frankfurt
Etoro gehört neben Coinbase, Binance, Kraken und FTX zu den großen Kryptohandelsplattformen, hat seine Ursprünge aber im CFD-Handel und war dann noch vor Wikifolio der Pionier des Social Trading. Dabei stehen Retail-Anlegern sogenannte Copytrading-Portfolios zur Verfügung, deren Strategien einfach übernommen werden können. Darüber können Anleger sich in digitalen Foren zu kurz- und langfristigen Strategien austauschen. Premium-Kunden erhalten auf Depotguthaben 0,4% Zinsen. Was in Kürze kommt, ist die eigene Etoro Visa Debitkarte und eine Wallet, welche es den Nutzern ermöglicht, Krypto in Krypto zu tauschen. Zudem wurde vergangene Woche die Etoro-2.0-App gestartet. In Deutschland seien 99% der Produkte der internationalen Plattform verfügbar, also alles vom provisionsfreien Aktienhandel bis hin zum Retail-Kryptohandel, so die beiden Etoro-Manager Dennis Austinat und Michael Wild im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Was fehlt, sei der Kryptohandel für institutionelle Investoren, da sei man noch der Ansicht, dass der regulatorische Aufwand dafür zu hoch sei. Eine Banklizenz für das Einlagengeschäft hat Etoro (noch) nicht. Ins Auge gefasst wird das Onboarden von ETF-Sparplänen – alle Broker wollen jetzt mehr Investmentplattform sein als Daytrading-Hotspot, um den Bedarf an langfristiger Altersvorsorge zu befriedigen und sich selbst diversifizierter mit ihren Assets under Management (AuM) auf der Plattform aufzustellen.
Alles, was mit Regulatorik, Compliance und Lizenzen zu tun, ist die Domäne von Wild, der seit Mai die Frankfurter Niederlassung des Brokers als Managing Director führt. „Wir hatten vor einem Jahr entschieden, dass wir hier richtig Fuß fassen wollen, und sind bereits im sogenannten „Grandfahtering“ des Antragsverfahrens für die Lizenz zur Kryptoverwahrung“, so DACH-Chef Austinat. Der Lizenzantrag für Kryptoverwahrung wurde letzten November eingereicht, bis zur endgültigen Genehmigung dürften noch ca. fünf bis sechs Monate vergehen, schätzt Wild. Da Etoro hierzulande keinen Minimum-Viable-Product-Ansatz hinsichtlich organisatorischen Set-up fahre, ist er optimistisch für die Lizenzerteilung.
Die bislang über Lizenzen der EU-Zentrale Zypern operierende Etoro will Leistungsportfolio und Prozesswirtschaft aber noch viel breiter aufstellen und dies mit den entsprechenden BaFin-Lizenzen untermauern. In Sachen M&A sei man grundsätzlich umtriebig unterwegs und prüfe auch, ob über diesen Weg eine Banklizenz für Konten- und Einlagengeschäft sowie eine E-Money-Lizenz erworben werden könnten, alternativ aber auch via klassischen Antrag bei der BaFin, sagt Wild. Auch mit der Solarisbank als Dienstleister für Banking as a Service habe man gesprochen, man wolle aber am liebsten eigenständig bleiben in der Hinsicht, sprich eigene Lizenzen lösen.
Für diesen signifikanten Ausbau der Regulatorik habe man für die deutsche Entität Till Staffeldt, ehemaliger Global COO Regulation, Compliance und Anti-Financial Crime Deutsche Bank, ab 1. November zunächst für ein Jahr als unterstützenden Berater engagiert, ergänzt Wild. Man habe heute schon auf 40 deutschsprachige Mitarbeiter aufgestockt, davon sind 15 in Frankfurt und gut die Hälfte von ihnen haben einen regulatorischen Background.
Die 2007 in Israel von Yoni und Ronen Assia sowie David Ring gegründete Etoro ist global tätig; rund 70% der Kunden entfallen auf Europa inklusive Großbritannien, Deutschland sei der zweitgrößte Markt in Europa, so Wild. Dabei ist Etoro mit dem Kryptomarkt sowie dem allgemeinen Trading-Boom mitgewachsen. Über das Listing von Token entscheide die Europa-Zentrale auf Zypern, wo dann ein spezielles Compliance-Team darauf achte, dass keine schwarzen Schafe auf die Plattform kämen, so Austinat. Man schaue, was für eine Strategie hinter einem Coin stehe und welche Aktivität in einem solchen Token stecken könnte, manche Token seien dann global verfügbar, einige aber explizit nicht in den USA. Beim Listing von neuen Token sei Sorgfalt gefragt, denn wenn Etoro etwas auf ihre Plattform mit 23 Millionen Kunden bringe, dann habe das schon Einfluss auf Marktkapitalisierung und Volumen.
Gunst der Stunde
Um die Gunst der Stunde mit dem positiven Sentiment für Brokerage zu nutzen, strebt Etoro ein Börsenlisting via Spac an der Nasdaq im vierten Quartal an. Der Prozess dafür wurde im März in Gang gesetzt, die eigentlich für das dritte Quartal geplante Notiz des Spac-Vehikels Fintech Acquisition Corp. V, in das Etoro eingebracht wird, soll in den kommenden Wochen geschehen. Wild geht davon aus, dass das Management schon bald die Glocke an der Nasdaq läuten kann, wie es traditionell mit Handelsaufnahme geschieht. Bei der Notierungsaufnahme von global tätigen Gesellschaften hätten die Herren über die US-Listingverfahren bei allen IPO-Kandidaten zusätzliche Informationen zu jeder einzelnen Landesgesellschaft angefordert, das sorge im Verbund mit der langen Liste an Börsenkandidaten für Verzögerungen. Am Prospekt habe sich nichts verändert, auch die dort festgestellte Bewertung von 10,4 Mrd. Dollar stehe, inklusive 650 Mill. Dollar aus einer Pipe-Transaktion, zu der Softbank, Third Point und Fidelity Mittel beisteuern.
Begleitet wird diese Transaktion von Goldman Sachs, die zunächst auch ein klassisches IPO eruiert hatte. Die Kosten für das Spac-Listing beliefen sich im zweiten Quartal auf 36 Mill. Dollar; hinzu kam ein nicht cashwirksamer Aufwand von 71 Mill. Dollar für ein Mitarbeiter-Aktienoptionsprogramm. Das zusammen verursachte einen Nettoverlust von 89 Mill. Dollar im zweiten Abschnitt.
Die Wachstumszahlen sehen aber gut aus: Die Anzahl abgewickelter Trades kletterte von 74 Millionen auf 127 Millionen, wobei die Provisionseinnahmen mit 264 Mill. Dollar aus dem Kryptohandel 73% der Einnahmen in dieser Kategorie ausmachen – gegenüber 7% vor einem Jahr. Vor allem Altcoins sorgten für Umsatz, Bitcoin stand nur für 7% der Einnahmen.