IM GESPRÄCH: NICK COWAN, GIBRALTAR BLOCKCHAIN EXCHANGE

"Wir wollen reguliert werden"

Der Chef der Kryptowährungsbörse über den Start des Sekundärhandels, Governance und Transparenz

"Wir wollen reguliert werden"

Nick Cowan geht davon aus, dass Regulierung institutionelle Anleger in den Markt für Kryptowährungen bringen wird. Der Chef der Gibraltar Stock Exchange führt auch die Tochter GBX, die mittlerweile einen Sekundärmarkt für digitale Münzen betreibt. Sie setzt dabei auf Transparenz und Governance. hip London – Die Gibraltar Stock Exchange hat die Chance genutzt, den ersten regulierten Markt für Kryptowährungen in der EU an den Start zu bringen. Vergangene Woche nahm der Sekundärmarkt der Gibraltar Blockchain Exchange (GBX) den Handel auf. Seit März können bereits digitale Münzen (Token) bei Initial Coin Offerings (ICOs) ausgegeben werden. Aber damit nicht genug: 2019 soll der Handel mit tokenisierten Wertpapieren folgen. “Im Sommer ist es natürlich ein bisschen ruhiger” , sagt Börsenchef Nick Cowan. Aber er sei mit der Eröffnung zufrieden. Bislang seien noch keine großen Vermögensverwalter am Markt aufgetreten. “Das dürfte die nächste Welle sein, in den kommenden 18 Monaten. Wenn es regulierte Börsen gibt, ist das der Katalysator dafür, dass sie in den Markt kommen.” Der Börsenbetreiber geht davon aus, dass er noch in diesem Sommer eine Betriebsgenehmigung unter dem seit Anfang des Jahres geltenden regulatorischen Rahmen für Finanzdienstleister, die Distributed Ledger Technology (DLT) einsetzen wollen, erhalten wird. Bislang nutzt die Börse eine Übergangsfrist für Firmen, die bereits DLT verwendet haben, für den Betrieb. “Voraussichtlich im September werden wir uns um eine Genehmigung für den Handel mit tokenisierten Wertpapieren bemühen”, sagt Cowan. “Sie könnte bis Ende des Jahres erteilt werden. Dann könnten wir 2019 mit dem Handel an einer komplett digitalen Börse beginnen.” Sommerliche RuheDie Rückmeldungen von den Nutzern des Sekundärmarkts seien “großartig” gewesen. “Um ehrlich zu sein, war es an den ersten Handelstagen ziemlich ruhig”, sagte Cowan. Dafür habe man “ziemlich gute” Umsätze gesehen. “Im Sommer ist es natürlich ein bisschen ruhiger.” Er rechne damit, dass in den kommenden ein bis zwei Wochen weitere Konten eröffnet und Gelder eingezahlt werden und die Aktivität zunimmt. Für Token-Käufer sei oft sehr schwierig zu verstehen, was sie überhaupt erwerben. Die Börse versuche, Klarheit zu schaffen. “Uns geht es darum herauszufinden, ob die Emittenten überhaupt qualifiziert sind, Token auszugeben”, sagt Cowan. “Benutzen sie überhaupt eine Blockchain? Wir stellen sicher, dass in der Due Diligence alle Kästchen abgehakt werden.” Man habe ein paar Weißbücher zurückschicken müssen, weil aus ihnen überhaupt nicht klar geworden sei, was der Nutzen der Token sein soll. Auch wenn man sich den Token-Markt einmal aus der Perspektive des Emittenten ansieht, ergeben sich viele Fragen. Wie weiß man, ob der Berater qualifiziert ist? Wie geht man mit Zehntausenden von Anti-Geldwäsche- und Kundenidentifikationsvorgängen (AML/KYC) um? Wie weiß man, ob die Person, die Token ausgibt, dazu berechtigt ist? Wohin schickt man sein Geld, um Token zu erwerben? “Als Börsenbetreiber mit Kapitalmarkthintergrund können wir dazu einige Dinge beitragen”, sagt Cowan. Die GBX habe ein Sponsorenregime eingeführt, unter dem sich ICO-Berater bewerben können. Wenn sie den Kriterien entsprechen, können sie ihre Emittenten an die GBX bringen. Emittenten müssen sich an die Regeln für Token-Emissionen halten, an die vorgeschriebene Due Diligence und an die Veröffentlichungspflichten für das Weißbuch. “Wir machen AML und KYC für alle Käufer”, sagt Cowan. “Sie müssen ein Konto bei der GBX haben. Wir sammeln das Geld ein und legen die Token in das Konto des Käufers.” Man habe sich bemüht, Transparenz in das Geschäft zu bringen und das Risiko solcher Transaktionen zu mindern. Es gebe am Sekundärmarkt eine Menge Börsen, viele seien obskur und unterlägen keiner Aufsicht. “Wie soll man wissen, ob Assets dort sicher sind und ob AML/KYC-Prozeduren befolgt werden?”, fragt Cowan. “Wir wollen reguliert werden. Wir wollen wirklich starke Governance.” Es gebe Orte, an denen es einfacher sei, eine Kryptowährungsbörse zu betreiben. Aber für die GBX sei das keine Option. Regeln “dringend nötig”Cowan erwartet, dass 2018 das Jahr der Regulierer sein wird. “In den kommenden 18 Monaten wird man sehen, wie Jurisdiktionen versuchen, das Thema Anlegerschutz in den Griff zu bekommen. Auch hier wird eine Reihe neuer Regeln kommen, für Token-Emissionen, für den Sekundärmarkt. Das wird mehr Vertrauen in den Markt bringen. Diese Maßnahmen sind überfällig und dringend nötig.” Bei der GBX glaubt man, dass Institutionen Regulierung wollen. Sie wollen auch einen starken Verwahrer. Außerhalb Japans gebe es keine Kryptowährungsbörsen, die unter einem wirklich starken aufsichtsrechtlichen Rahmen arbeiten. “Ich glaube, dass mehr Institutionen in diesen Markt kommen, wenn mehr Börsen reguliert werden. Deshalb dringen wir so sehr darauf, selbst eine Genehmigung zu erhalten.” Wer vor dem 31.12.2017 bereits mit DLT bei der Aufbewahrung und Übertragung von Vermögenswerten von Kunden gearbeitet hat, kann in Gibraltar eine Übergangsfrist nutzen, d. h. den Betrieb fortsetzen, solange er bis zum 31.3.2018 eine Genehmigung beantragt hat. “Wir haben bereits im November und Dezember mit Tests angefangen, und Kunden hatten damit begonnen, unsere Technologie zu testen”, sagt Cowan. GBX habe von Mai bis Juni einen Soft Launch für den Sekundärmarkt mit 300 Nutzern gemacht. Das habe wertvolle Informationen geliefert, die in die Benutzeroberfläche eingeflossen seien. “Wir haben mit anderen Börsen gesprochen, sowohl mit Aktien- als auch mit Kryptowährungsbörsen”, sagt Cowan. “In den kommenden sechs Monaten werden wir wohl eine Formalisierung dieser Beziehungen sehen. “Die Regierung hier hat sehr deutlich gemacht, dass man keine Börse in Gibraltar betreiben kann, wenn man seinen Sitz in Hongkong hat und nur zwei Leute hierher schickt”, sagt Cowan. “Für manche war das ein Dealbreaker.” Zum Thema Brexit hat Cowan eine Idee: “Man kann nach dem Brexit aus Gibraltar ins Vereinigte Königreich Passporting betreiben. Gibraltar könnte also für europäische Unternehmen zum Tor zu Großbritannien werden.”