Wirecard-Schadenersatz fokussiert auf EY

KPMG-Report stützt Investorenklagen

Wirecard-Schadenersatz fokussiert auf EY

bg Frankfurt – In einer Paneldiskussion zum Thema “Das Wirecard-Debakel und die Folgen für den Finanzplatz Deutschland” sind die Teilnehmer unter anderem der Frage nachgegangen, welche Schadenersatzforderungen sich für Aktionäre und Anleihegläubiger auftun. Rechtsanwalt Marcel Liebscher von Späth & Partner erklärte, es sei sinnvoll, sich gegen den Wirtschaftsprüfer EY zu wenden. Der habe zehn Jahre lang die Bilanzen von Wirecard testiert, und der KPMG-Report vom Frühjahr könne dazu dienen, Vorwürfe gegen EY zu belegen. Dabei geht es insbesondere um die Saldenbestätigungen über angebliche Guthaben bei ausländischen Banken, die zwar gefälscht, aber von EY nie ausreichend hinterfragt wurden. Langes Verfahren absehbarKlagen gegen Organe der Gesellschaft, also ehemalige Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat von Wirecard, hätten kaum Sinn, da deren privates Vermögen kaum zur Deckung aller Ansprüche ausreichen würden. Eine Klage gegen EY auf Schadenersatz für Investoren (Aktien, Anleihen, Derivate) hatte Liebschers Kanzlei im Juni beim Landgericht Stuttgart eingereicht. Er rechnet damit, dass dieses auch noch durch die Folgeinstanz muss, und schätzt die Verfahrensdauer auf zwei bis drei Jahre.Damit sich ein Fall wie Wirecard nicht noch mal wiederholt, wünscht sich Florian Toncar (FDP), dass die forensischen Funktionen der Wirtschaftsprüfer gestärkt werden. Diese Befugnisse müssten dann auch rechtlich abgesichert werden. Außerdem plädiert Toncar dafür, dass es künftig mehr Schnittstellen zwischen Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer geben sollte. Bislang docken die Prüfer primär in der Finanzabteilung an. Diese solle dann künftig die Ressourcen für den Aufsichtsrat bereitstellen, damit dieser eine zentrale Steuerung des Prüfers vornehmen kann. Neutraler LobbykanalMit Blick auf die Lobbytätigkeit von Wirecard im Bundeskanzleramt durch ehemalige Minister wie Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), den ehemaligen Geheimdienstkoordinator Klaus-Dieter Fritsche sowie den ehemaligen Ersten Hamburger Bürgermeister Ole von Beust regte Gerhard Schick (Bürgerbewegung Finanzwende) an, einen neutralen Kanal für Anfragen nach Unterstützung für die Wirtschaft im Ausland zu schaffen. Damit könnte man sich von den bezahlten Lobbyisten befreien, die gezielt bei politischen Entscheidungsträgern antichambrieren, so Schick.Allgemeine Verwunderung herrschte im Panel darüber, dass es in München in Sachen Wirecard recht still sei – insbesondere bei der Staatsanwaltschaft München, die Ende der Nullerjahre schon gegen Wirecard ermittelt hatte, aber diese Verfahren dann ergebnislos einstellte. Außerdem lag das Gros der Geldwäscheaufsicht bei der bayerischen Bezirksregierung. Eingeladen zu dem Panel hatte die Initiative Minderheitsaktionäre, für die Robert Peres an der Diskussion teilnahm. Sein Anliegen ist es, die Konsequenzen des Wirecard-Skandals aus Sicht der Aktionäre und des Finanzplatzes Deutschland zu beleuchten. Außerdem nahmen noch Heribert Hirte (CDU), der wie Toncar Mitglied des Finanzausschusses ist, und Olaf Storbeck von der “Financial Times” teil.