Wirecard vor Entlastung

Sonderprüfer KPMG findet bis kurz vor Abschluss seiner Untersuchung keine Hinweise auf Manipulationen

Wirecard vor Entlastung

Nach den Berichten der “Financial Times” über mögliche Bilanzierungsvergehen von Wirecard zeichnet sich nun eine Entlastung ab. Kurz vor dem Ende einer Sonderprüfung durch KPMG teilte der Konzern mit, dass es keine Belege für Manipulationen gebe.sck München – Kurz vor dem endgültigen Abschluss einer Sonderprüfung winkt für den Zahlungsabwickler Wirecard mit Vorstandschef Markus Braun ein Gütesiegel von KPMG. Dem Dax-Konzern zufolge wird die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihr Schlussergebnis am kommenden Montag vorlegen.Am Mittwoch beendete KPMG ihre Untersuchungen nach sechs Monaten. “In den verbleibenden Tagen sollen noch eingegangene Datenbestände verarbeitet und berücksichtigt werden”, teilte Wirecard am Mittwochabend nach Xetra-Handelsschluss ad hoc mit. Aktie springt”Bislang haben sich entsprechend dem Prüfauftrag in allen vier Prüfbereichen (. . .) keine substanziellen Feststellungen ergeben, die für die Jahresabschlüsse im Untersuchungszeitraum 2016, 2017 und 2018 zu Korrekturbedarf geführt hätten”, so das Unternehmen. “Belege für die öffentlich erhobenen Vorwürfe der Bilanzmanipulation wurden nicht gefunden.” Im Oktober hatte der Wirecard-Aufsichtsrat KPMG mit der Sonderprüfung nach einer Berichtsserie der “Financial Times” über mutmaßliche Unregelmäßigkeiten beauftragt.Auf die jüngste Nachricht reagierten die Anleger erleichtert. Am Donnerstag gewann das Papier von Wirecard deutlich an Wert. Der Titel beendete den Xetra-Handel bei 140,90 Euro (+11,4 %). Damit setzte der Anteilschein seinen Erholungskurs fort. Zuvor bauten Hedgefonds aus London und den USA ihre Netto-Leerverkaufspositionen auf Wirecard-Aktien ab. Dazu gehörten altbekannte Adressen wie Slate Path Capital, Greenvale, Coatue Management und TCI Fund. Diese Häuser wetteten zuletzt gegen das Unternehmen auf fallende Kurse.Wie zuvor bereits angekündigt, bestätigte der Konzern abermals, den Abschlussbericht von KPMG auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Das Ergebnis der Sonderprüfung will Wirecard im Geschäftsbericht 2019 mit einarbeiten. Drei Tage danach legt das Unternehmen am Donnerstag nächster Woche seine Bilanz vor. Mitte März hatte KPMG mit einer Information über den Zwischenstand Wirecard von den Vorwürfen der britischen Tageszeitung bereits weitgehend entlastet.Ursprünglich plante Wirecard, dass KPMG bis spätestens Ende März ihre Untersuchungen abschließt und ein Resultat präsentiert. Aufgrund der Coronakrise und der Komplexität des Sachverhalts verzögerte sich die Sonderprüfung auf einigen Feldern, vor allem im strittigen, komplexen Bereich des Geschäfts mit Drittlizenzen in Asien. Wirecard bezog sich seinerzeit mit der Vorab-Entlastung durch KPMG auf einen Zwischenstand der Untersuchungen über Konzernaktivitäten in Indien, Singapur und im Geschäftsbereich Merchant Cash Advance, wo es um Forderungsvorfinanzierungen ging. Für die Verwaltung des Unternehmens mit Sitz in Aschheim bei München ging es ums Ganze, wollte sie doch mit ihrer Initiative vom Oktober die Berichte der “Financial Times” (FT) endgültig widerlegen, mit Luftbuchungen die eigene Bilanz geschönt zu haben, um Investoren vorsätzlich zu täuschen. Mandat neu ausgeschriebenRegulärer Abschlussprüfer des Konzerns ist bisher Ernst & Young (E&Y). Ein Wechsel des Abschlussprüfers steht aber möglicherweise bevor. Aus dem elektronischen Bundesanzeiger geht hervor, dass das Unternehmen vor kurzem das Mandat zur Prüfung des Jahres- und Konzernabschlusses für 2020 ausgeschrieben hat. Eine Meldefrist für Interessenten lief den Angaben zufolge am 20. April ab.Im Herbst vergangenen Jahres hatte Wirecard KPMG mit der Sonderprüfung beauftragt (vgl. BZ vom 22.10.2019). Auslöser dafür waren abermalige Vorwürfe der britischen Tageszeitung. E&Y versah die Abschlüsse des Konzerns bisher mit einem uneingeschränkten Testat.Die wiederholten Berichte der FT über mögliche Ungereimtheiten in den Bilanzen von Wirecard lösten im vergangenen Jahr wiederholt Kursturbulenzen aus. Dies rief sogar die Finanzaufsicht BaFin auf den Plan. Die Behörde verhängte ein zeitweiliges Leerverkaufsverbot – den Aufbau neuer Positionen – auf Papiere des Unternehmens. Das war ein Novum in der deutschen Börsenlandschaft. Nach einer Anzeige der BaFin wegen des Verdachts auf Marktmanipulationen leitete die Münchner Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein. Das Strafverfahren dauert an.