Wirtschaftsprüfer für Energieversorger
Die Energiewirtschaft und deren Abschlussprüfer stehen vor neuen Herausforderungen: Die regulatorischen Anforderungen wachsen stetig, die Komplexität in den Geschäftsprozessen nimmt durch erneuerbare Stromerzeugungsalternativen zu, und neue Geschäftsfelder ergeben sich durch die Digitalisierung. Gerade die fortschreitende Digitalisierung ermöglicht aber auch, effizientere und effektivere Wege in der Prüfung von Energieversorgungsunternehmen zu beschreiten. Insbesondere in der Prüfung von Massentransaktionen im Bereich der Abrechnung von Strom- und Gaslieferungen zeigt sich dieses Potenzial. Tropfen auf den heißen SteinEine manuelle Prüfung von Massentransaktionen und Kontrollen in den Geschäftsprozessen mittels Stichproben ist zeitaufwendig und aus qualitativer Sicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Prüfung der IT-Systeme mit den implementierten IT-Kontrollen lassen Ergebnisse über deren Funktionsfähigkeit zu, nicht aber über die tatsächlich sachgemäße Ausführung und Erfassung einzelner Transaktionen. Bei beiden Vorgehensweisen sind die gewonnenen Erkenntnisse über ein Unternehmen begrenzt – in einer Zeit, in der alle Welt über Big Data und deren Werte spricht.Daher setzt KPMG seit einigen Jahren auf einen modernen und innovativen Prüfungsansatz “KPMG Value Audit”. Das ist eine transparente, automatisierte Prüfung mit tiefgehenden, branchenspezifischen Datenanalysen auf einer modernen Prüfungs- und Kommunikationsplattform. Datenanalysen werden immer dann eingesetzt, wenn es für die zu prüfenden Unternehmen zu einer effizienteren Prüfung mit mehr Sicherheit und konkret relevanten Erkenntnissen führt. Dabei werden die Datenanalysen auf der Basis der integrierten Prüfungsplattform unter Einbeziehung des kompletten KPMG-Ökosystems kontinuierlich weiterentwickelt. Das bedeutet eine stetige (Fort-)Entwicklung basierend auf den Erfahrungen von Jahresabschlussprüfungen, von Beratungsprojekten, aber auch unter Einbeziehung unserer strategischen Allianzpartner im Software- beziehungsweise Technologie-Bereich.Die Einbeziehung des Ökosystems ist trotz des Standardisierungstrends bei den Energieversorgungsunternehmen wichtig. Sie bietet den Vorteil, standardisierte Datenanalysen/Prüfungsroutinen aufgrund der Kenntnisse von unterschiedlichen Datenarchitekturen und Datenflüssen schnell und unkompliziert auf unternehmensindividuelle Gegebenheiten anzupassen. Datenanalysen werden zur Unterstützung bei Prozessaufnahmen sowie zur Bestimmung von Risiken im Jahresabschluss eingesetzt und ersetzen sukzessive die manuelle Prüfung von Kontrollen und Geschäftsvorfällen. Damit verschwimmt die Abgrenzung der einzelnen Phasen der Jahresabschlussprüfung wie Risk Assessment, Vor-, Hauptprüfung sowie Berichterstattung und entwickelt sich in Richtung einer kontinuierlichen Prüfung weiter.Doch was sind nun konkrete beispielhafte Anwendungsfälle für Energieunternehmen?Insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Audit-Rotation ist eine Fragestellung besonders wichtig: Wie schnell erfasst der neue Abschlussprüfer die Prozesse des Unternehmens? Dafür helfen speziell für die Energiewirtschaft definierte Prozessmodelle, die auf transaktionalen Daten basieren und visuell dargestellt werden (Process Mining). Der Prozessablauf, implementierte Kontrollen und deren Umgehungsmöglichkeiten werden dort übersichtlich dargestellt. Der Aufwand für das zu prüfende Unternehmen, der mit dem Prüferwechsel verbunden ist, wird verringert, Kontrollschwächen werden transparent und einfach identifiziert sowie effektive Handlungsalternativen auf Basis der Erfahrungen aus anderen Abschlussprüfungen aufgezeigt.Weiterhin ermöglichen die zunehmende Automatisierung der Geschäftsprozesse und der Einsatz von möglichst standardisierten IT-Applikationen in den Energieversorgungsunternehmen eine weitgehend automatisierte Prüfung von Geschäftsvorfällen mit Hilfe von branchenspezifischen Datenanalysen. KPMG hat seit 2008 mehr als 130 unterschiedliche Datenanalysen entwickelt. Im Mittelpunkt stehen die Massentransaktionen des Meter-to-Cash-Prozesses, also von der Ablesung, über Abrechnung und Fakturierung bis hin zum Zahlungseingang und möglichen bilanziellen Abgrenzungsbuchungen. In einer traditionellen Prüfung fallen hier größere, zeitaufwendig zu prüfende Stichproben an – und die Erkenntnisse sind begrenzt. Dagegen werden mit Hilfe der Datenanalysen konkrete Hinweise auf Rechnungskorrekturen aufgezeigt, beispielsweise aus Preis- oder Mengenabweichungen.Für eine moderne Prüfung werden 100 % der für die Rechnungslegung relevanten Daten eines Geschäftsjahres aus den Systemen extrahiert und damit die Qualität auf ein Maximum erhöht. Auf dieser Grundlage wird beispielsweise geprüft, ob für alle bestehenden Verträge die Umsatzerlöse vollständig und richtig erfasst sind, angefangen mit einfachen regelbasierten Datenanalysen zur Abstimmung von Haupt- und Nebenbüchern, zur Stammdatenqualität, zur korrekten Pflege von Stromtarifen oder zu den Gründen für von der Faktura gesperrten Verträge.Darüber hinaus erfolgen Prüfungen in Form eigener Kalkulationsmodelle zur Hochrechnung von Vertragsabrechnungen oder Mengen- und Preisabweichungen sowie ihre finanziellen Auswirkungen auf den Jahresabschluss. Auffälligkeiten, wie nicht übereinstimmende kWh zwischen Netz und Vertrieb oder nicht korrekte Rechnungsbestandteile, wie Abgaben, Umlagen oder Netzentgelte, werden über alle Transaktionen transparent und können bis auf Einzeltransaktionsebene schnell sowie einfach analysiert und gegebenenfalls korrigiert werden.Ein weiterer Anwendungsfall ist die Prüfung der Werthaltigkeit von Forderungen aus Lieferung und Leistung. Hier sieht der internationale Rechnungslegungsstandard (IFRS 9) vor, dass ein erwarteter Verlust bereits bei Erfassung der Forderung zu erfolgen hat und demzufolge zu einem erheblichen Teil auf Ermessen beruht. Mit Hilfe der transaktionalen Daten werden Ergebnisse des zu prüfenden Unternehmens mit dem Datenmodell des Wirtschaftsprüfers abgeglichen. Dank der Erfahrung aus vielen verschiedenen Abschlussprüfungen und Beratungsprojekten zu IFRS 9 werden das Datenmodell und damit die Vorhersagegenauigkeit stetig verfeinert.Auch im Rahmen der Prüfung von Impairment-Tests im Hinblick auf zum Beispiel Kundenbeziehungen, Goodwill oder Beteiligungen kommt dieses Verfahren zum Einsatz. Hier werden mit Hilfe von Monte-Carlo-Simulationen akzeptable Bandbreiten ermittelt. Die unkomplizierte Identifikation von Wert- beziehungsweise Verlusttreibern oder der Vergleich der Annahmen zur Peergroup mit Hilfe dieser Datenmodelle führen erfahrungsgemäß ebenso zu wertvollen Erkenntnissen bei den geprüften Unternehmen wie bei Liquiditäts-, Preis- und Kontrahentenrisiken in der Energiebeschaffung.Die Ergebnisse der Datenanalysen zeigen mittels anwenderfreundlicher Dashboards mit Memory-Technologie, wie Qliqview, die Ergebnisse bis auf den einzelnen Buchungsbeleg eingrenzbar, grafisch, intuitiv aufbereitet und in kürzester Zeit für das individuelle Unternehmen anpassbar. Sie sind in den Prüfungsablauf integriert und finden somit in der breiten Masse bei der Prüfung von Energieversorgungsunternehmen Anwendung.Erstaunlich ist immer wieder zu sehen, dass die teilweise verwendeten Standard-IT-Applikationen nur sehr rudimentäre Ad-hoc-Reportingmöglichkeiten zur Verfügung stellen, sodass Erkenntnisse aus eigenen Datenanalysen des Wirtschaftsprüfers KPMG zusätzliche Transparenz bezüglich der Unternehmensdaten schaffen und regelmäßig Mehrwert generieren können – insbesondere auch für das Controlling auf Konzernebene.Die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft arbeitet stetig an der Verbesserung des KPMG-Value-Audit-Ansatzes, im Hinblick auf Effizienz, Qualität und Erkenntnisse aus der Jahresabschlussprüfung. Die neuesten Ansätze beziehen die Prüfung von Robotics Process Automation, sogenannten Bots, als auch mögliche Anwendungen von künstlicher Intelligenz (KI) bei den Energieversorgungsunternehmen mit ein. KPMG ist mit ihrem umfangreichen Branchen-Know-how ein innovativer Wirtschaftsprüfer für Energieversorger. Power on! Bianca Höffer, Partner, Audit bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Carsten Müller, Partner, Advisory, Head of Digital Compliance bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft