Wirtschaftsweise gegen EU-Einlagensicherung

Ökonomin Schnabel warnt vor Fehlanreizen - Kritik an unangemessener Regulierung von Zinsänderungsrisiken

Wirtschaftsweise gegen EU-Einlagensicherung

Auf EU-Ebene werden Forderungen nach einer gemeinschaftlichen Einlagensicherung immer lauter. Die Bundesregierung sträubt sich, und die hiesigen Banken sind alarmiert. Sie erhalten nun Rückendeckung von der Wirtschaftsweisen und Finanzmarktexpertin Isabel Schnabel.ms Frankfurt – Inmitten der sich zuspitzenden Debatte über eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung im Euroraum hat sich die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel entschieden gegen diese Idee gestellt. Eine gemeinschaftliche Sicherung der Bankeinlagen sei “unter Anreizgesichtspunkten sehr problematisch”, sagte die Mainzer Ökonomin, die seit Juni 2014 dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (“Wirtschaftsweisen”) angehört, am Montagabend im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. EU-Spitzen machen DruckSchnabel betonte, dass die nationale Wirtschafts- und Fiskalpolitik immer noch erheblichen Einfluss auf die Risiken im Bankensektor habe. Mit einer gemeinschaftlichen Einlagensicherung würden somit “Risiken der nationalen Politik auf die europäische Ebene verschoben und damit vergemeinschaftet”, sagte Schnabel. Das sehe sie “klar skeptisch”.Auf europäischer Ebene wird aktuell reichlich Druck gemacht, um zu einer gemeinschaftlichen Absicherung der Einlagen der Sparer zu gelangen. Die EU-Kommission hat angekündigt, vor Jahresende erste Schritte hin zu einem gemeinsamen System zur Sicherung der Bankeinlagen im Euroraum vorzuschlagen – denkbar scheint sogar ein konkreter Gesetzesvorschlag. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk und EZB-Präsident Mario Draghi drängen. Die Bundesregierung lehnt das dagegen ab, und auch die deutsche Kreditwirtschaft hält davon nichts und ist alarmiert.Schnabel betonte nun, dass es bei der Einlagensicherung besser sei, ein System ähnlich wie bei der Bankenabwicklung zu haben. Zunächst müsse die nationale Politik in die Pflicht genommen werden, und nur im Notfall sollten europäische Gelder herangezogen werden. Bei der Abwicklung fungiert der Euro-Rettungsfonds ESM als eine Art “Backstop”, also als Rückfalloption, für Länder. Bereits im Juli hatte sich der Sachverständigenrat in einem Sondergutachten zur Währungsunion kritisch zu einer EU-Einlagensicherung geäußert, aber knapp. Schnabel untermauert diese Bedenken nun eindringlich.Die Finanzmarktexpertin widersprach auch der Argumentation, dass nach der gemeinsamen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und der gemeinsamen Abwicklungsbehörde SRM (Single Resolution Mechanism) nun eine gemeinschaftliche Einlagensicherung der dritte notwendige Schritt sei, um die Bankenunion zu vervollständigen. Dass es keine EU-Einlagensicherung gebe, sei “nicht der Grund für die Fragmentierung der Finanzmärkte” in Europa. Sie sei deshalb auch nicht erforderlich, um die Integration abzusichern. Viele Befürworter argumentieren aber so.Harsche Kritik äußerte Schnabel derweil daran, dass in der Bankenregulierung der Umgang mit Zinsänderungsrisiken nicht einheitlich geregelt sei. Das sei nur Teil der Säule II in Basel III, bei der die nationalen Aufseher großen Ermessensspielraum hätten. Tatsächlich sei das Risiko eines raschen Zinsanstiegs in der Zukunft “das wirkliche Krisenszenario”, so Schnabel: “Es ist verblüffend, dass dieses wichtige Risiko nicht einheitlich reguliert ist.” Eine ausreichende Eigenkapitalunterlegung sei dringend erforderlich. Mehr Eigenkapital nötigMit Blick auf Zinsänderungsrisiken äußerte Schnabel auch Zweifel an der Sicherheit der Haftungsverbünde in Deutschland, wie sie Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben. Dieses gegenseitige Stützen sei “nicht sicher”, wenn alle gleichzeitig die gleichen Risiken hätten. Deswegen sei es richtig, dass die Aufsicht nun Druck mache. Sie müsse mehr Eigenkapital einfordern.Schnabel warnte vor einer Überregulierung kleiner Banken. “Da gibt es tatsächlich ein Problem”, sagte sie, wobei sie vor allem unabhängige kleine Banken im Blick hat. Eine Lösung könne ein Umgang wie in den USA mit den dortigen Community Banks sein. Die unterlägen einer anderen Aufsicht als die großen Institute, müssten dafür aber mehr Eigenkapital vorhalten. Eine solche Lösung würde den Anreiz zur Konsolidierung verringern, sagte Schnabel.