Wirtschaftsweise sehen Schwächen bei Bankenunion

Unabhängige Aufsichtsbehörde als mittelfristiges Ziel - Glaubwürdigkeitsproblem beim Bail-in

Wirtschaftsweise sehen Schwächen bei Bankenunion

wf Berlin – Nach dem Start der europäischen Bankenunion machen die fünf Wirtschaftsweisen des Sachverständigenrates noch Schwächen im System aus. “Die Politik ist weiterhin gefordert, den institutionellen Rahmen für Bankabwicklungen in Europa fortzuentwickeln”, schreiben die Wirtschaftsprofessoren in ihrem Jahresgutachten. Der Bundesregierung empfehlen sie, auf Änderung der EU-Verträge hinzuwirken. Denn die Forderungen des Sachverständigenrates ließen sich nicht alle im bestehenden Rechtsrahmen erfüllen. Zudem fehle ein Regelwerk zur Abwicklung global tätiger Banken.Kritisch sehe der Sachverständigenrat nach wie vor die Ansiedelung der europäischen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB), sagte die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel von der Universität Mainz. Einer der Gründe ist unverändert der mögliche Konflikt von Aufsichtstätigkeit und Geldpolitik. Zudem werde dadurch aber auch die Ausstattung des einheitlichen europäischen Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute (SRM) mit weiter reichenden Kompetenzen verhindert: die gleichwertige Einbindung von EU-Mitgliedsländern außerhalb der Eurozone sei nicht möglich. Die Reichweite des Abwicklungsmechanismus bleibe durch die Aufsicht unter dem Dach der EZB auf die Institute in der Eurozone beschränkt. Länder, die nicht dem Euro angeschlossen seien, könnten zwar beitreten, aber auch jederzeit wieder ausscheiden, halten die Experten fest.Die Wirtschaftsweisen plädieren mittelfristig für eine eigenständige europäische Banken- oder sogar Allfinanzaufsicht. Sie soll institutionell unabhängig sein und die mikroprudenzielle wie die makroprudenzielle Aufsicht integrieren. Die Kompetenzen könnten ausgebaut werden, so dass sie unabhängig Abwicklungen – auch für kleinere Banken – einleiten und umsetzen könne. Erfolg für FinanzlobbySorgenvoll blicken die Sachverständigen auch auf die Vorschläge zu den neuen Risikopuffern aus Bail-in-fähigem Nachrangkapital. Zusammen mit dem harten Kernkapital von mindestens 8 % bildet beides die Kapitalvorgabe zur Verlustabdeckung TLAC (Total Loss Absorbing Capacity). “Das ist ein Erfolg der Bankenlobby”, monierte Schnabel. Durch das Bail-in-fähige Fremdkapital hätten die Banken Eigenkapitalerhöhungen verhindert. Fremdkapital sei billiger, da es steuerlich günstiger als Eigenkapital behandelt werde. Im Gutachten liest sich die Kritik so: “Mindestanforderungen für Bail-in-fähige Verbindlichkeiten sollten kein Ersatz für die Erhöhung von Eigenkapital sein.”Zweifel hegt der Sachverständigenrat an der Glaubwürdigkeit der Ankündigung der Staaten, im Krisenfall einer Bank künftig die Gläubiger mit an der Restrukturierung zu beteiligen. Es gebe “erhebliche Ermessensspielräume”. Die Abwicklungsbehörde – das Single Resolution Board – könne entscheiden, ob die Instrumente zur Durchsetzung der Gläubigerhaftung überhaupt angewendet werden. Zudem könne sie bestimmte Verbindlichkeiten vom Bail-in ausschließen. Auch seien keine substanziellen Vorkehrungen getroffen, um nationale Regierungen von einem Bail-out abzuhalten.—– Bericht Seite 6