Immobilienmarkt

Wohnimmobilien werden in Europa billiger

Die Preisrückgänge bei Wohnimmobilien sind in Deutschland besonders ausgeprägt. Die Transaktionsdaten signalisieren weiteren Abwärtstrend.

Wohnimmobilien werden in Europa billiger

Wohnimmobilien werden in Europa billiger

Preisrückgänge in Deutschland ausgeprägt – Transaktionsdaten signalisieren weiteren Abwärtstrend

Von Peter Parlasca*)

Im Sommer 2022 endete für Wohnimmobilien eine vielfach mehr als ein Jahrzehnt andauernde Aufwärtsentwicklung, die auch während der Corona-Pandemie nicht unterbrochen wurde und nahezu alle europäischen Länder erfasst hatte. Im ersten Halbjahr 2023 lagen die Preise für Wohnimmobilien in der EU knapp unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums (−0,2%) und leicht unter dem Niveau im zweiten Halbjahr 2022 (−1,3%). In Deutschland war der Preisrückgang mit −8,4% gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 und −6,1% gegenüber dem zweiten Halbjahr 2022 am stärksten ausgeprägt.  

Zur Messung der Wohnimmobilienpreise findet der sogenannte Hauspreis-Index HPI Verwendung, der neben Häusern auch Wohnungen unabhängig vom Verwendungszweck – Selbstnutzung oder Vermietung – umfasst und von Eurostat veröffentlicht wird. Während im zweiten Quartal 2022 noch in allen 27 EU-Ländern sowie der Schweiz die Hauspreise höher lagen als ein Jahr zuvor (auf EU-Ebene 10%), lagen sie auf EU-Ebene im zweiten Quartal 2023 bereits 1% unter Vorjahresniveau.

Historischer Einbruch

Der für Deutschland gemeldete Rückgang um 9,9% stellt nicht nur den stärksten Einbruch in der EU dar, sondern ist auch für Deutschland der stärkste Rückgang seit Beginn der HPI-Erhebung im Jahr 2000. Neben Deutschland verzeichneten im zweiten Quartal Dänemark und Luxemburg ebenfalls stark rückläufige Entwicklungen, während Polen, Belgien und Frankreich steigende Hauspreise gegenüber dem Vorjahresquartal verzeichneten.

Betrachtet man Teilsegmente, so lagen bei den Bestandsimmobilien die Preise in Deutschland im zweiten Quartal 2023 um 11% unter dem Niveau des Vorjahresquartals. Bei Neubauobjekten lagen die Preise in Polen, Österreich, Dänemark, Belgien und Frankreich über dem Vorjahresniveau, während Neubauimmobilien in Tschechien, der Slowakei und Deutschland günstiger zu haben waren.

Weniger Käufe und Verkäufe

Für eine weiterhin eher abwärts gerichtete Preisentwicklung spricht die Analyse der Transaktionsdaten. Diese liegen auf EU-Ebene zwar für viele Staaten, nicht jedoch für Deutschland vor. Im ersten Halbjahr 2023 schwankte die Anzahl der Transaktionen gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum zwischen −47% in Luxemburg am unteren Ende und −5% in Irland.

Das wertmäßige Volumen der Transaktionen war im ersten Halbjahr 2023 unter den Nachbarstaaten Deutschlands ebenfalls ausnahmslos rückläufig.

Eurostat, Parlasca

In Deutschland hat sich der zuvor starke Anstieg der Baupreise für Wohngebäude abgeschwächt. War im Zeitraum April bis Dezember 2022 noch ein Anstieg um 17% gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu verzeichnen, lag die Zunahme im August 2023 nur noch 6,4% höher als im August 2022, was dem Anstieg der Verbraucherpreise im gleichen Monat entspricht.

Daten für das dritte Quartal des laufenden Jahres werden für den HPI-Index erst im Januar 2024 vorliegen. Das gesamtwirtschaftliche Umfeld ist derzeit aufgrund mehrerer Faktoren eingetrübt: Deutschlands wirtschaftliche Aktivität gemessen am BIP stagnierte im ersten Halbjahr 2023. Und obwohl die Inflationsrate zuletzt gesunken ist, dürfte sie auf absehbare Zeit weiterhin deutlich über dem EZB-Ziel von 2% liegen.

Weiterhin hoher Wohnungsbedarf

Da die beschriebenen Entwicklungen sowohl das Angebot als auch die Nachfrage nach Immobilien dämpfen, ist nicht damit zu rechnen, dass es zu einer Trendumkehr bei der Hauspreisentwicklung kommt. Positiv ist festzustellen, dass die Verunsicherungseffekte durch schärfere energetische Anforderungen an Neubauten und den Wohnungsbestand etwas geringer geworden sein dürften.

Der Bedarf an Wohnungen ist und bleibt angesichts von Zuwanderung und geringer Neubautätigkeit hoch. Allerdings wird nur der kaufkräftige Bedarf als Nachfrage am Markt wirksam. Vor dem Hintergrund der Konkurrenz der Wohnwünsche mit anderen Gütern wie Lebensmittel und Energie dürften Preiserhöhungsspielräumen auch im Neubausektor trotz gestiegener Baukosten enge Grenzen gesetzt sein.

Peter Parlasca ist Fellow of the Royal Institution of Chartered Surveyors. Er war früher Senior Expert Real Estate Statistics bei Eurostat.

*) Peter Parlasca ist Fellow of the Royal Institution of Chartered Surveyors. Er war früher Senior Expert Real Estate Statistics bei Eurostat.