ski – Auch ein Wolf-Dieter Baumgartl, der “Rebell einer biederen Branche”, wie der Newsletter “karriere.de” ihn nannte, wird einmal ruhiger. Die Harley, mit der er seit seinem 60. Geburtstag durch die Toskana tourte – dort hat er ein Ferienhaus -, ist ihm dem Vernehmen nach mittlerweile ein bisschen zu schwer geworden. Sportlich ist er aber immer noch unterwegs, in gesetzterem Alter darf es heute jedoch ein amerikanisches Cabrio sein. Das Rauchen lässt er sich wohl weiterhin nicht nehmen, ob es aber nach wie vor die filterlosen französischen Fluppen sind, ist nicht überliefert. Das allergesündeste Leben hat Baumgartl, der auch einen guten Rotwein nicht verachtet, offenbar nicht geführt. Doch er verfügt allem Anschein nach über gute Gene. Anders hält man es kaum durch, bis fast zum 75. Lebensjahr, das er am heutigen Freitag vollendet, den Aufsichtsratsvorsitz bei einem der größten deutschen Versicherungskonzerne auszuüben. Erst im Mai dieses Jahres, nach zwölf Jahren an der Spitze des Kontrollorgans von Talanx, stellte er sein Amt zur Verfügung – ihm folgte Herbert K. Haas, der 2006 schon den Vorstandsvorsitz von Baumgartl geerbt hatte. Im Juni wurde der gleiche Wechsel dann auch beim Talanx-Großaktionär HDI Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit vollzogen. “Mit seiner Erfahrung und Kompetenz im Versicherungsgeschäft konnte Wolf-Dieter Baumgartl stets überzeugen und den Vorstand der Talanx AG strategisch beraten. In seiner Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender wurde der Weg der Globalisierung und Internationalisierung des Industrie- sowie des Privatkundengeschäfts konsequent, zielgerichtet und profitabel vorangetrieben sowie die Talanx AG 2012 an der Börse platziert”, würdigte Aufsichtsratsmitglied Thomas Lindner auf der Hauptversammlung des MDax-Wertes im Mai die Verdienste Baumgartls. Während dieser den ursprünglich schon unter seiner Ägide als Vorstandschef geplanten Börsengang letztlich erst vom Aufsichtsrat aus begleiten konnte, gelang ihm noch auf den letzten Metern seiner operativen Führung die Übernahme der traditionsreichen Gerling-Gesellschaften.Baumgartl, der auf sehr angenehme Weise brillantes analytisches Denken, strategischen Weitblick, Überzeugungskraft und Entschlossenheit in der Umsetzung mit Unangepasstheit, Hemdsärmeligkeit, der Freude am offenen Wort und zuweilen auch an der Streitbarkeit verbindet, ist ein Stück Urgestein der deutschen Versicherungswirtschaft. Der Berufsweg des Juristen begann vor 45 Jahren bei der Aachener und Münchener Versicherung. Nach einer steilen Karriere durch diverse Gruppengesellschaften stieg er 1991 zum Vorstandsvorsitzenden der Konzernholding AMB auf. Er hat manche Schlacht geschlagen und mindestens eine verloren: jene gegen den französischen Versicherer AGF, der als unwillkommener Großaktionär bei der AMB einstieg. Im Sommer 1992 nahm Baumgartl dort seinen Hut. Noch im selben Jahr wurde er zum Vorstandsvorsitzenden des Talanx-Vorgängers HDI Haftpflichtverband der Deutschen Industrie berufen.