Wüstenrot hält an Alttarifen fest
Wüstenrot hält an Alttarifen fest
Anhebung der Zinsen beschert Bausparkassen Schlussverkaufseffekt
Von Thomas Spengler, Stuttgart
Nach einem Zwischenhoch von mehr als 4% ist der zehnjährige Bauzins auf ein Niveau von um die 3,4% zurückgekommen. Im Kielwasser dieser Entwicklung hat sich die starke Nachfrage nach Bausparverträgen wieder abgekühlt.
Der Boom im Bauspargeschäft hat sich wieder abgeschwächt. Das Geschäft folgt den Hypothekenzinsen phasenweise wie ein Fixstern. In der Folge vermeldet der Verband der Privaten Bausparkassen zum dritten Quartal 2024 ein Minus beim Neugeschäft von 26% auf 38 Mrd. Euro. „Die Euphorie ist verflogen, obwohl die Attraktivität des Produkts kaum geringer geworden ist als im vergangenen Jahr“, konstatiert Bernd Hertweck, sowohl Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Wüstenrot als auch des Branchenverbandes.
Vertrieb in Filialen
Die Ursache dafür sieht er im Falle seines eigenen Instituts nicht beim hauseigenen Vertrieb, aber vor allem bei den Bankenpartnern der Wüstenrot. Diese hätten das Bausparen aus dem Fokus verloren. Wettbewerber wie die Bausparkasse Schwäbisch Hall und die LBS Süd weisen eine bessere Entwicklung beim Neugeschäft auf. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass der Vertrieb dieser Institute in das Filialnetz von Sparkassen und Genossenschaftsbanken eingebunden ist – aber eben nicht nur.
Ohne viel Potenzial nach oben
So sieht sich Schwäbisch Hall mit knapp 20 Mrd. Euro Neugeschäft eher wieder auf einem normalen Niveau, wie es in der Zeit vor dem Boom geherrscht hat – „allerdings ohne viel Potenzial nach oben“, wie Vorstandschef Mike Kammann sagt. Parallel dazu meldet die LBS Süd mit 13 Mrd. Euro etwas weniger Neugeschäft als im Vorjahr. Die 2023 aus der LBS Südwest und LBS Bayern entstandene Kasse dürfte damit „einige Prozentpunkte an Marktanteilen hinzugewinnen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Stefan Siebert.
Wie die LBS Süd in ihrem Marktgebiet, so kommen nach eigener Aussage alle fünf Landesbausparkassen im Bund zusammen auf 35% Marktanteil. Damit liegen sie inzwischen knapp vor der Schwäbisch Hall. Der langjährige Branchenprimus hat gemessen am eingelösten Neugeschäft zum September einen Marktanteil von 34,4%.
Indessen vertraut die Bausparkasse Wüstenrot, deren Neugeschäft per September um 42% eingebrochen ist, nach wie vor auf ihre alten Tarife und hat diese als einer von wenigen Anbietern trotz der veränderten Zinslandschaft nicht angepasst. Dagegen haben die Schwäbisch Hall oder die Landesbausparkasse Süd zum Oktober die Bausparzinsen sowohl auf der Spar- als auch auf der Darlehensseite erhöht.
Weil sich die Bausparer zuvor noch die alten, niedrigeren Konditionen sichern wollten, hat dies zu einem Schlussverkaufseffekt bei den Neuabschlüssen im dritten Quartal geführt. „Die Attraktivität der alten Tarife ist aber nach wie vor sehr hoch“, begründet Hertweck sein Festhalten an der bisherigen Tarifstruktur. Für die weitere Entwicklung kommt es ihm zufolge nun darauf an, wie die unveränderten und die neuen Tarife im Wettbewerb bestehen. Die Ergebnisse des vierten Quartals dürften hierzu erste Erkenntnisse liefern.
Unterschiedliche Zinsen
Tatsächlich haben diejenigen Bausparkassen, die ihre Tarife geändert haben, die Zinsen mit Einführung der neuen Konditionen erhöht. Auf der Darlehensseite fiel der Anstieg allerdings tendenziell stärker aus als auf der Ansparseite – und das in einem Umfeld, wo das Zinsniveau bereits wieder sinkt.
So bietet beispielsweise ein neuer, typischer Finanzierungstarif von der Bausparkasse Schwäbisch Hall beim Sparzins nicht wie früher 0,01%, sondern seit Oktober 0,2%. Das entspricht einem Anstieg um 0,19 Prozentpunkten. Im Gegenzug erhöhte sich der Darlehenszins von zuvor 1,44% um rund einen halben Prozentpunkt auf jetzt 1,95%.
Schwäbisch Hall mit höchstem Zins
Je nach Tarif kann die Differenz zwischen dem Guthaben- und Ansparzins noch größer sein als bei diesem Rechenbeispiel. Finanzierungstarife mit einem höheren Zinsniveau erlauben den Bausparern dagegen eine längere Tilgungszeit in kleineren Ratenzahlungen. Den neuen, höchsten Guthabenzins von 1,05% (bisher 0,25%) gibt es bei Schwäbisch Hall – zu einem Darlehenszins, der verglichen mit dem Alttarif von 1,82% auf 2,72% gestiegen ist.