Zahl der Millionäre schrumpft erstmals seit Finanzkrise
Seit der Finanzkrise haben sich Zahl und Vermögen der Millionäre weltweit mehr als verdoppelt, nun aber stockt die Entwicklung. Der Kursrutsch im Herbst schlägt vor allem wohlhabenden Chinesen sowie der obersten Spitze der Vermögenden ins Kontor. Laut Capgemini handelt es sich aber nur um einen kleinen Knick.jsc Frankfurt – Die Zahl der Millionäre weltweit ist erstmals seit dem Höhepunkt der Finanzkrise vor rund einem Jahrzehnt gesunken: Insgesamt gab die geschätzte Zahl der Personen mit einem verfügbaren Finanzvermögen von umgerechnet mindestens 1 Mill. Dollar im vergangenen Jahr auf 18,0 Millionen nach, berichtet die Beratungsgesellschaft Capgemini im diesjährigen World Wealth Report. Vor allem der Kursrutsch an den Aktienmärkten hat die Wohlhabenden belastet, so dass die verfügbaren Vermögen um geschätzt mehr als 2 Bill. Dollar auf 68,1 Bill. Dollar nachgaben.Der Rückgang ist nach Einschätzung von Klaus-Georg Meyer, Leiter der Finanzberatungssparte, gemessen am Wachstum der Vorjahre nur “ein kleiner Dip”. Seit 2008, als die Finanzkrise starke Kursverluste nach sich zog und die Zahl der Millionäre von 10,1 Millionen auf 8,6 Millionen sank, hat sich sowohl die Zahl der Millionäre als auch das Vermögen mehr als verdoppelt, wie die Autoren schätzen. Das oberste Prozent verliert Vor allem die Menschen jenseits der Schwelle von 30 Mill. Dollar, sogenannte Ultra High Net Worth Individuals (UHNWI), haben im vergangenen Jahr Vermögen verloren. Das verändert aber wenig an der Dominanz dieser Personengruppe: 168 100 Menschen, das sind 0,9 % aller Millionäre weltweit, besitzen etwa 33,7 % der globalen Millionärsvermögen, umgerechnet 22,9 Bill. Dollar oder 137 Mill. Dollar pro Kopf. Sowohl Lateinamerika als auch die Region Asien-Pazifik prägen den Rückgang dieser Bestände. In Lateinamerika sind die Vermögen besonders ungleich verteilt, so dass mehr als ein Viertel der “Ultra”-Millionäre auf diesem Kontinent lebt, obwohl nur ein Bruchteil der weltweiten Millionärsvermögen auf Lateinamerika entfällt. Im aufstrebenden China wiederum waren fallende Börsenkurse 2018 besonders stark zu spüren, so dass die Verluste der Millionäre hier besonders stark ausfielen und auch der Umfang asiatischer Ultra-Vermögen erheblich schrumpfte. Um 6,3 % gab das Vermögen der Ultra-Wohlhabenden 2018 weltweit nach. Vermögende von nebenanVergleichsweise gut schlagen sich die Wohlhabenden mit niedrigem einstelligen Millionenvermögen – die “Millionäre von nebenan”, wie Capgemini schreibt. Mit 16,2 Millionen Menschen, die zwischen 1 Mill. und 5 Mill. Dollar zur Verfügung haben, blieb die Gruppe in etwa konstant, die Verluste fielen mit 0,4 % gering aus. Die gewöhnlichen Millionäre prägen auch das Bild in Deutschland: Annähernd 1,4 Millionen Menschen besitzen hierzulande ein verfügbares Vermögen jenseits der Millionen-Dollar-Marke. Während bekannte Unternehmerfamilien häufig zur Ultra-Gruppe zählen, gehören zu den “Millionären von nebenan” auch Leute, die nicht allein durch ein hohes Einkommen, sondern vor allem durch Sparsamkeit zu Reichtum gekommen sind, wie Meyer zugespitzt formuliert. “Man wird nicht reich durch das, was man verdient, sondern durch das, was man nicht ausgibt.” Ohne AfrikaIn der globalen Rangliste steht Deutschland, gemessen an der Zahl der Millionäre, auf dem dritten Platz: hinter den USA mit 5,3 Millionen und Japan mit 3,2 Millionen Menschen, aber vor China mit knapp 1,2 Millionen. Die Schweiz bringt es als kleines Land auf beachtliche 384 000 Millionäre und damit auf Rang 7. Die Eidgenossen liegen damit hinter Frankreich und Großbritannien, aber etwa weit vor Italien und Spanien. Russland und Saudi-Arabien haben – anders als das Klischee von Oligarchen und Scheichs suggeriert – mit jeweils ungefähr 200 000 Millionären in der globalen Statistik ebenfalls wenig Gewicht, und auch in Brasilien und Mexiko leben, trotz der vergleichsweise vielen Ultra-Reichen in Lateinamerika, nur wenige Millionäre insgesamt. Die Liste der 25 Länder umfasst keinen einzigen Staat aus Afrika, obwohl der Kontinent insgesamt rund 200 000 Millionäre zählt.Das Ausmaß des Wohlstands gibt der Bericht allerdings nicht vollständig wieder: Selbstgenutzte Immobilien sowie Vermögen wie Fahrzeuge und Sammlungen zählen nicht zu den erfassten Werten. Die Autoren zählen diverse Formen an Geldvermögen, als Kapitalanlage genutzte Immobilien und Unternehmensbeteiligungen. Die Zahl der Millionäre wird dabei anhand öffentlich verfügbarer Daten sowie Angaben zur Verteilung geschätzt. Deutsche Millionäre besitzen per Ende 2018 demnach 5,0 Bill. Dollar, umgerechnet 4,4 Bill. Euro. Zum Vergleich: Die reinen Geldvermögen aller deutschen Haushalte erreichen laut Bundesbank brutto 6,0 Bill. Euro. Immobilienvermögen kommen noch hinzu.Trotz des jüngsten Knicks dürfte der Aufschwung der Millionäre weitergehen: Die frühere Prognose, dass Millionäre weltweit Mitte des kommenden Jahrzehnts bereits ein dreistelliges Billionenvermögen besitzen, führt Capgemini diesmal nicht an, doch haben steigende Aktienkurse seit Jahresbeginn einen großen Teil des Rückgangs vermutlich ausgeglichen. Der langfristige Trend deutet auf Wachstum: Sowohl die Zahl der Millionäre als auch das Vermögen haben seit 2011 jährlich um durchschnittlich knapp 9 % zugelegt.