Zahlungen per Whatsapp boomen in der Krise
Von Tobias Fischer, Frankfurt Der französische Zahlungsdienstleister Lyra Network profitiert in der Coronakrise von einer zunehmenden Nutzung von Zahlungen via Whatsapp. Die 2001 in Toulouse gegründete, global tätige Gesellschaft stellt Bezahllösungen im stationären Handel (POS) und im E-Commerce bereit. Sei Ersterer im Lockdown weitgehend zusammengebrochen, so boome der elektronische Handel, was auch die Nachfrage nach Whatsapp-Zahlungen beflügelt habe, berichtet Deutschlandchef Rainer Zettl.Vor einem Jahr sei die inhabergeführte Lyra-Gruppe mit dieser Zahlungsform über den zu Facebook gehörenden Messenger-Dienst weltweit an den Start gegangen und verfüge damit zumindest in Europa über ein Alleinstellungsmerkmal. Die Integration auf der Facebook-Plattform sei sehr aufwendig gewesen und habe fast ein Jahr an Implementierungszeit gekostet.Der geschäftsführende Gesellschafter der Lyra Network GmbH mit Sitz in Frankfurt verantwortet seit zehn Jahren das Geschäft des von der BaFin regulierten Payment-Dienstleisters in der DACH-Region, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz. “Im stationären Handel haben wir im Lockdown einen Einbruch von 90 % verzeichnet. Im E-Commerce wächst der Umsatz hingegen stark und mit Bezahlen via Whatsapp exorbitant”, berichtet Zettl. “Die Zahlen stehen noch nicht ganz fest, aber es wird schon deutlich, dass steigende Whatsapp-Zahlungen den Einbruch bei POS weit mehr als kompensieren.” Unterm Strich soll der Umsatz, der Zettl zufolge 2019 rund 70 Mill. Euro betrug, deutlich ausgeweitet werden. “In diesem Jahr wollen wir dann die 100-Mill.-Euro-Grenze überschritten haben”, gibt der Deutschlandchef als Devise aus. Verlagerung auf Callcenter Momentan seien viele, vor allem größere Unternehmen im Begriff, ihre weggebrochenen Geschäfte am Point of Sale (POS) auszubügeln, indem sie verstärkt Produkte und Dienstleistungen per Callcenter an den Mann bringen, sagt er. Auch freischaffende Vertreter, die auf die Lyra-Lösung zurückgriffen, hätten – soweit möglich – auf Verkäufe via Telefon oder etwa Skype umgestellt. “Wir erleben einen sehr großen Anwendungsbereich, der durch den Lockdown offenbar wird und welcher in der Masse und dem Umfang vor einem Jahr zum Launch noch nicht absehbar war”, erzählt Zettl. “Beispielsweise, dass Lieferservices zusätzliche Callcenter aufbauen oder Unternehmen Video-Verkaufsgespräche durchführen.” Der stationäre Verkauf werde in dem Maße wieder zunehmen, wie der Lockdown zurückgenommen werde, glaubt er. Bezahlt werde vor allem mit Karte. Denn kontaktloses Bezahlen erhält in der Krise einen zusätzlichen Schub.Wer sich die Lyra-Angebote zunutze machen will, muss einen Servicevertrag mit dem Zahlungsdienstleister eingehen, der dann die entsprechenden Payment-Lösungen freischaltet. Es könnten an die 200 Bezahlmethoden ausgewählt werden, seien es so bekannte wie Apple Pay oder Google Pay oder spezifische, die nur in einem bestimmten Land Verwendung finden. Per Whatsapp Payment erhalten Dienstleister wie etwa Vertriebsmitarbeiter, Catering-Dienstleister, Taxifahrer oder Pizzabäcker kontaktlos und in Echtzeit garantierte Zahlungen.Der Anbieter benötigt dazu die Mobiltelefonnummer des Kunden, um ihm einen Zahlungsauftrag per Whatsapp zu schicken. Betätigt der den zugesandten Link, kann er die Bezahllösung wählen und erhält danach einen Zahlungsbeleg. Lyra streicht für den Prozess Gebühren ein. “Wir behalten die marktüblichen Disagio-Gebühren für Kreditkarten ein”, sagt Zettl. Von den weltweit 400 Mitarbeitern der Gruppe ist ihm zufolge rund die Hälfte in der Entwicklung von Zahlungslösungen tätig. Die jüngste Innovation, die nun voll zum Tragen komme, sei das Bezahlen via Whatsapp gewesen. – Im Blickfeld Seite 8